Название: Kadett – Offizier der Kaiserlichen Marine – Briefe von Bord – 1895 – 1901
Автор: Willi Franck
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: maritime gelbe Buchreihe
isbn: 9783742777119
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Die Marokkaner sollen vor unseren Schiffen einen Heidenrespekt haben, hauptsächlich vor der „KAISERIN AUGUSTA“, und so sollen sie denn auch bereit sein, das verlangte Geld (Das Sühnegeld von 250.000 Mark wurde vom Deutschen Reich an die Hinterbliebenen der beiden ermordeten Kaufleute weitergereicht.) zu zahlen. Man spricht hier schon davon, daß wir zu den Manövern schon zurückkommen würden.
Großer Kreuzer „KAISERIN AUGUSTA“
Wir erhalten dann sehr viele neue Offiziere, der Kommandant geht weg, so heißt es (Auf Kpt z.S. Hugo v. Schuckmann folgte im September der neue Kommandant Kpt z.S. August Thiele), der erste Offizier und einige andere ebenso. Also ist es wohl ganz sicher daß wir zurückkommen, und nicht gleich nach Westindien gehen, das weiß ich auch aus den Gesprächen der Offiziere.
Lieutenant von Reuter hoffte schon am 2. oder 3. August wieder in Kiel zu sein und Urlaub zu erhalten, was aber wohl nicht möglich sei. Wenn wir nun mehr als drei Tage Urlaub bekommen, werde ich nach Köln reisen, sonst nicht; oder wünscht Ihr es?
Nun etwas über Tanger. Es ist eine Komposition aus einigen 100 Spitzengassen, womöglich ist‘s noch schlimmer, dabei aber im höchsten Grade interessant (Tanger: ca. 20.000 Einwohner, bedeutendster Hafen Marokkos, im Zustand vernachlässigt). Jedes Haus besteht aus zahlreichen Wohnungen, die wieder aus einem Schaufenster und einem Laden, wenn man es so nennen will, besteht. Aus jedem Fenster wird man von dem Verkäufer belästigt.
Gleich am Thore der Stadt drängt sich ein Führer an den Fremden, der weder durch Güte noch durch Gewalt wieder zu vertreiben ist. Es ist aber gar nicht unvorteilhaft solch einen Menschen mit sich zu nehmen, denn er zeigt alles und macht sich als Dolmetscher nützlich (allerdings sprechen fast alle Menschen hier Englisch).
Ich war in einem recht angenehmen französischen Hotel wo es verhältnismäßig billig war. Leider goß ich ein Glas Rotwein über meine weiße Tropenhose. Auf den Rat einer Frau dort im Hotel habe ich die Hose in kaltes Wasser gelegt, und beinahe ist es dadurch wieder herausgegangen, hoffentlich der Rest bei der nächsten Wäsche.
Ferner war ich in einem maurischen Kaffe, wo es furchtbar teuer war, eine Tasse Kaffee kostet einen Peseten (= 80 Pfg). Es war aber sehr interessant die Musik und das ganze Treiben dort kennen zu lernen.
Die ganze Stadt ist mit einer zum Teil verfallenen, zum Teil aber ganz hübschen Mauer umgeben mit zahlreichen alten Geschützen; zwei gute sollen dabei sein. Die Konsulate stellen gewissermaßenr kleine Festungen in der Stadt dar, es sind übrigens die einzigen hübschen Gebäude der Stadt.
Gestern hatten wir Besuch vom deutschen Gesandten und anderen Herrschaften hier an Bord.
Herzlichen Gruß
von Eurem Willi.
Tanger den 27. Juli 1895
a. B. S. M. S. „STOSCH“
Liebe Anna!
Gestern erhielt ich aus Köln einen Brief, der mir Deine Abreise nach Pinneberg mitteilte. – Da dieser Brief die Fortsetzung der vorhergehenden bilden soll, bitte ich Dich ihn auch den Eltern zuzuschicken, sobald Du und die Pinneberger ihn gelesen haben.
Am 23ten, vorigen Dienstag fuhren wir von hier nach den Städten Salir und Rabath, die an dem Flusse Rugi Abu Regreg liegen; wir mussten wegen flachen Wassers ziemlich weit in See ankern; da ferner starke Brandung herrschte, und wir nur zwei Tage dort lagen, kamen wir dort leider nicht an Land, und so konnte ich von dort auch kein Andenken mitnehmen, wie ich es sonst thue.
In unserer Freizeit vor Salir- (Heute: Salé) haben wir viel geangelt und eine Menge junger Haifische gefangen und getötet; sie waren nicht größer wie ein Unterarm, aber richtige Menschenhaie. Ich habe bisher nicht geglaubt, daß es eine solche Anzahl davon geben könne – kaum war die Angel unten, so war auch schon einer (ich) gefangen – aber jetzt verstehe ich es. Sie haben auf dem Rücken zwei große Stachel, die sie gegen die Angriffe anderer Fische vollständig schützen, andererseits besitzen sie eine ganz gewaltige Stärke in ihrem Körper und können, wenn sie ausgewachsen sind, mit ihrem Stachel andere Fische aufspießen. Große Haie haben wir wohl gesehen, aber nicht fangen können.
In allernächster Zeit soll die „MARIE“ hierher kommen und, wie manche behaupten, uns ablösen. Im übrigen laufen über unsere Rückkehr noch viele andere Gerüchte um.
Herzliche Grüße an Dich liebe Anna, die Großeltern u. Eltern sowie alle, die diesen Brief lesen werden. Willi.
Auf Papas Brief will ich das Folgende noch schreiben.
Wir sind also schon ziemlich lange in Tanger, und vorläufig weiß noch niemand (vielleicht der Kommandant), wie lange wir noch hier bleiben sollen. Neulich sprach ich mit einem unserer Offiziere über (die) den vermutlichen weiteren Verlauf unserer Reise. Er meinte, nach Kiel müßten wir wohl deshalb zurück, weil wir 80 Matrosen an Bord haben, die im Herbst mit ihrer Dienstzeit fertig sind. Es ließe sich allenfalls so machen, daß wir diese Leute dem „HAGEN“ gäben und von ihm neue Mannschaften übernähmen. Dann könnten wir auch gleich nach Westindien fahren.
Unsere Verpflegung geschieht von Tanger aus; trotzdem werden wir vor unserer Rückreise wohl noch nach Gibraltar gehen um dort Kohlen zu nehmen.
Unser Leben hier ist allerdings ziemlich theuer; dazu kommt, daß wir in See Zuschuß und Löhnung nur einmal im Monat (am 3ten) ausbezahlt bekommen. Ich war also mit meinen Geldverhältnissen sehr in die Klemme gekommen, wie alle anderen Kameraden auch; ich habe dem dadurch möglichst abgeholfen, daß ich eben kein(e) Geld ausgab. Wenn Ihr nun diesen Brief erhaltet, braucht Ihr Euch darüber keine Sorgen zu machen, denn dann werde ich voraussichtlich reichlich haben. Übrigens ist unsere Verpflegung hier an Bord recht gut, nur fehlt manchmal gutes Trinkwasser.
Der Aufenthalt in der Messe ist nur beschränkt, da jeden Augenblick, „Messeräumen“ ist. Will man sich sonst mal längere Zeit hier aufhalten, so muß man, wie ich heute (zum ersten Mal), von Urlaub bleiben. Dann, soll ich es schade oder gut nennen, wird bei uns nicht, wie es sonst üblich ist angeschrieben, sondern alles bar bezahlt.
29. Juli 1895
Tanger, a. B. SMS „STOSCH“
Gestern hatten wir wieder Urlaub (sonntags ja immer), ich brauchte ihn aber nicht. Ich habe mir den Fuß beim „in die Koje“ gehen tüchtig gestoßen und möchte ihn nun gern wieder in Ordnung bringen.
Morgens kam der „HAGEN“ von seiner Küstenreise zurück und brachte uns auch seine Hofpost, die verloren war mit. Ich erhielt von Dir, liebe Schwester, die Karte aus Bonn, für die ich Dir vielmals danke. Die Grüße erwidere ich herzlichst.
Ferner passierte gestern das italienische Geschwader, das auch in Kiel gewesen war.