Ellernklipp. Theodor Fontane
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ellernklipp - Theodor Fontane страница 3

Название: Ellernklipp

Автор: Theodor Fontane

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754179352

isbn:

СКАЧАТЬ »sie kennt nicht Gut und nicht Bös, und darum hab' ich sie zu dem Baltzer Bocholt gegeben. Der hat die Zucht und Strenge, die das Träumen und das Herumfahren austreibt. Und wenn sie Gutes sieht, so wird sie Gutes tun.«

      2 Hilde spielt

      Hilde blieb in der Pfarre bis zum Begräbnis ihrer Mutter, am dritten Tag in aller Frühe. Man läutete nicht, und nur einige Neugierige waren gekommen, darunter auch Dienstleute vom Schloß. Und als nun der alte Sörgel das Gebet gesprochen und der Toten eine Handvoll Erde nachgeworfen hatte, nahm Baltzer Bocholt das Kind an der Hand, um es in seine neue Heimstätte hinüberzuführen. Auf dem Flur, in der Nähe der schmalen Treppe, standen alle Zugehörige des Hauses, und Baltzer, als er sie stehen sah, sagte: »Das ist gut, daß ihr da seid. Sieh, Hilde, dies ist unsere Grissel. Mit der wirst du nun zusammen leben und mußt ihr gehorchen in allen Stücken, als ob ich's selber wär'. Und dies ist Joost, unser Knecht, der meint es gut. Nicht wahr, Joost? Und laß dich nur aufs Pferd von ihm setzen, aber immer nur, wenn er Zeit hat, und darfst ihn nicht stören bei seiner Arbeit. Und dies ist unser Martin; der soll nun dein Bruder sein, und ihr sollt euch lieb haben. Wollt ihr? Willst du, Hilde?«

      Diese nickte, während Martin schwieg und verlegen vor sich niedersah. Baltzer aber hatte dessen nicht acht und fuhr fort: »Und nun gebt euch die Hand. So. Und jetzt einen Kuß. Und nun, Grissel, führ unser neues Kind in seine Stube hinauf und zeig ihm, wo es wohnt. Und zu Mittag sehen wir uns wieder. Punkt zwölf, auf die Minute. Hörst du! Denn ich bin ein alter Soldat und liebe Pünktlichkeit. Und nun Gott befohlen!«

      Danach wandt' er sich und ging aus dem Flur in die Vorlaube, während Martin in den Hof lief und Grissel und Hilde treppauf stiegen. Oben waren zwei Giebelstuben, in deren einer Grissel bis dahin allein gewohnt hatte. Die sollte sie jetzt mit Hilde teilen. Es war ein großer, weißgetünchter Raum, in dem aber so vielerlei stand, daß er wenigstens nicht kahl und kalt wirkte. Die Truhen und Schränke waren bunt gestrichen, und in der Nähe des Fensters hing eine Wanduhr, auf deren Zifferblatt ein goldgelber Hahn krähte. Der Pendel ging, ein paar große Fliegen summten, und Grissel sagte: »Sieh, Hilde, hier müssen wir uns nun vertragen. Werden wir? Ich denke doch. Du siehst mir danach aus, als ob jeder mit dir leben könnt' und wärst ein gutes Kind und hättest keinen Eigenwillen. Und das ist immer das beste, keinen eigenen Willen haben. Ich meine so für gewöhnlich, denn mancher hat einen und muß einen haben... Und dies hier ist deine Seite, dein Bett und dein Stuhl, und dieser Rechen ist für dich. Und es darf nichts umherliegen. Die Fenster aber müssen offen sein, denn es lebt sich besser in frischer Luft, und ich weiß nicht, wer sie wieder zugemacht hat. Gewiß unser Joost; der denkt immer: je stickiger, je besser, und will alles warm haben wie seinen Pferdestall.«

      Und während sie so sprach, hatte sie das Fenster aufgemacht und eingekettet und winkte Hilden, an dem anderen Fenster ein Gleiches zu tun. Und Hilde tat es, und ein Ausdruck von Glück überflog ihre Züge, so sehr gefiel ihr, was sie sah. Unmittelbar unter ihrem Fenster lag der Wirtschaftshof, auf dem die Tauben von einem Dachfirst zum anderen flogen; abwärts am Bach hin, in Entfernung weniger hundert Schritte, stieg der Rauch aus den Dächern des Dorfes, und immer weiter zu Tale dehnte sich das weite, flache Vorland aus und blinkte sonnenbeschienen in allen Herbstesfarben.

      In all' das sah Hilde hinein und sagte, während sie lang und tief aufatmete: »Hier will ich immer stehen... Ah!... Es ist so weit hier.«

      »Ei nun«, lachte Grissel, »das ist gut, daß es dir gefällt. Aber du kannst hier nicht immer stehen. Ein junges Ding wie du, das ist nicht dazu da, bloß in die Welt zu gucken und zu warten, bis das Glück kommt oder der Bräutigam, was eigentlich ein und dasselbe ist. So wenigstens glauben sie. Nein, mein Hildechen, ein junges Ding muß arbeiten; denn bei der Arbeit vergehen einem die dummen Gedanken, und der Böse kann nicht herein, der immer vor der Tür steht... Und nun komm und laß uns in die Küche gehen, daß wir ein Feuer machen und ihm ein Frühstück bringen.«

      »Muß ich es ihm bringen?«

      »Ja. Da wird er sich freuen. Denn er hat dich gern und du gefällst ihm. Oder fürchtest du dich vor ihm?«

      Sie schwieg und sah vor sich hin. Grissel aber fuhr fort: »Er lacht nicht viel und sieht aus, als ob er bloß brummen und beißen könnt'. Aber er ist nicht so schlimm und hat es eigentlich gern, wenn andere lachen. Lache nur und erzähl ihm viel und sei zutulich, und du wirst sehen, er läßt sich um den Finger wickeln. Und so sind alle Mannsleut, und die, die so sauertöpfisch aussehen, just am meisten. Aber das verstehst du noch nicht. Oder verstehst du's? Höre, Hilde, du siehst mir aus, als verständest du's.«

      Und dabei lachte Grissel wieder, nahm sie bei der Hand und führte sie treppab in die Küche.

      Hilde fand sich schnell in allem zurecht, und den dritten Tag, als Grissel eben den Tisch deckte, sagte der Heidereiter, indem er sich auf seinem Stuhle herumdrehte: »Nun, wie geht es: ich meine mit der Hilde?«

      »Wie soll es gehen! Gut geht es. Es ist ein liebes Kind, still und gehorsam.«

      »Das freut mich«, sagte Baltzer, »daß ihr euch vertragt. Aber ich wußt' es. Sie hat so was Feines, und ist alles anders. Meinst du nicht auch?«

      »I freilich, mein' ich. Die Muthe war ja eine feine Person und eigentlich über ihren Stand. Und was ihr Mann war, ich meine den Jörge Rochussen – denn er soll ja doch wirklich ihr Mann gewesen sein, und sie reden ja von zwei Trauringen, die der alte Sörgel oben in einer Schachtel gefunden und mit in die Sakristei genommen hat -, nu, der Jörge, der war ja kohlschwarz und eigentlich noch schwärzer als die Muthe, bloß nicht so kraus. Und davon, denk' ich, hat unser Hildechen das rote Haar und ist so was Feines.«

      »Höre, Grissel«, entgegnete der Heidereiter, »ich kenne dich und weiß, wo das hinaus soll. Aber ich sage dir, ich will davon nicht hören. Was geschehen ist, ist geschehen, und es muß nun tot sein, so tot wie die Muthe. Die hat alles mit ins Grab genommen, ich meine die Geschichte von drüben, und das Kind ist jetzt ehrlicher Leute Kind, unser Kind, und du wirst den Mund halten. Ich weiß auch, du kannst es, wenn du willst. Denn du bist eine kluge Person, eine rechte Schulmeisters- und Küsterstochter, und hörst das Gras wachsen, gerade so wie der alte Melcher Harms oben, den du nicht leiden kannst. Und warum nicht? Danach frag' ich nicht, das ist deine Sach'. Aber meine Sach' ist, daß ich kein Gerede haben will, und soll alles sauber und rein sein in meinem Haus. Und was gewesen ist, ist gewesen. Und dabei bleibt's. Hörst du?«

      Grissel, während Baltzer so sprach, hatte das Tischtuch immer wieder und wieder geglättet, trotzdem es längst glatt lag, und sagte nur: »Es ist gut, sie soll nichts hören davon, und im Dorfe redet sich's tot. Aber ihr eigen Blut wird es ihr sagen. Und ich merke schon so was.«

      »Unsinn.«

      »Ihr müßt ihr bloß nach den Augen sehen, Baltzer, und wie sie so zufallen am hellen lichten Tag. Und ist immer müd und tut nichts; aber mit eins richtet sie sich auf und steht kerzengrad und ist, als ob ihr die Guckerchen aus dem Kopf wollten. Und dann ist es wieder vorbei. Ja, Baltzer, es wird nichts Leichtes sein mit dem Kind.«

      »Und was meinst du, was geschehen soll?«

      »Allerlei, mein' ich. Ich meine, sie muß in die Schul' und an die Arbeit. Es ist ja zum Gotterbarmen mit ihr, und kann nichts und weiß nichts und ist wild aufgewachsen und will immer hinaus. Und wenn sie nicht hinaus will, so will sie schlafen.«

      »Ich habe selber schon an Schule gedacht«, antwortete der Heidereiter. »Aber der alte Sörgel will es nicht und meint, es sei noch zu früh, und hat erst von Ostern gesprochen. Und weil ich ja gesagt habe, so muß es bleiben.«

      Und es blieb so.

      Ein СКАЧАТЬ