Die Spur führt nach Altötting.... Irene Dorfner
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Название: Die Spur führt nach Altötting...

Автор: Irene Dorfner

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Leo Schwartz

isbn: 9783847654636

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СКАЧАТЬ man hatte fast nichts. Nach der Flucht aus Ostpreußen landeten wir nach einigen Zwischenstationen schließlich in einem Flüchtlingslager auf der Schwäbischen Alb. Da bin ich praktisch aufgewachsen. Damals galt: Fressen oder gefressen werden. Ich habe mich für ersteres entschieden. Mein Vater war nach dem Krieg lange in russischer Gefangenschaft, er wurde erst mit der letzten Welle 1955 entlassen. Seine Hilfe konnten wir vergessen. Meine Mutter konnte leider mit den Essensrationen und dem Geld nicht umgehen, da musste ich einspringen und habe alles organisiert, was wir zum Leben brauchten. Ich war Anfang der fünfziger Jahre zwar noch ziemlich jung, acht oder neun Jahre alt. Trotzdem brachte ich es fertig, Essen, Kleidung, Medikamente und Brennholz zu organisieren und ich kann behaupten, dass ich gar nicht mal so schlecht darin war.“

      „Unvorstellbar, was du früher als Kind leisten musstest. Das kann man sich heute überhaupt nicht mehr vorstellen.“

      „Wenn ich damals so gezögert hätte wie du, wären wir jämmerlich untergegangen. Du musst unbedingt an deinem Selbstbewusstsein arbeiten und dir mehr zutrauen, mit dieser unterwürfigen und vorsichtigen Einstellung wirst du nicht weit kommen. Bitte reiß dich künftig zusammen. Hier geht es zum Bahnhof. Es ist besser, wir beeilen uns. Ich befürchte, dass in dem Kaff so spät keine Bahn mehr fährt. Ich könnte Gift darauf nehmen, dass der Linienbusverkehr für heute bereits eingestellt wurde.“ Mit dieser Annahme lag sie absolut richtig, Busse fuhren heute keine mehr.

      Mario konnte mit ihrem energischen Schritt kaum mithalten. Sie sprachen nicht miteinander. Er musste daran denken, was Frieda zu ihm gesagt hatte. Sie hatte ja Recht, er war tatsächlich ängstlich und sehr auf Sicherheit bedacht, was ihn bisher aber nicht gestört hatte. Seit gestern spürte er deutlich, dass er in manchen Situationen viel zu viele Defizite im Umgang mit Menschen und mit Spontanität und Selbstvertrauen hatte und nahm sich fest vor, daran zu arbeiten und sich zu ändern.

      Am Bahnhof standen drei Personen, auch sie warteten auf den Zug. Mario studierte den Fahrplan.

      „Mühldorf oder Burghausen?“

      „Das ist mir völlig wurscht. Wir nehmen den Zug, der zuerst fährt. Entschuldige meinen barschen Ton, aber ich bin sauer und enttäuscht. Eigentlich wolltest du heute Abend zum Haus von diesem Peter Friedrich und nach deiner Familie suchen. Das kannst du jetzt vergessen. Ich habe so große Hoffnungen darauf gesetzt, Informationen über die Pinis zu bekommen. Stattdessen müssen wir flüchten und uns verkriechen wie feige Hasen.“

      „Du weißt doch, was der Detektiv gesagt hat: Wir sollen aus Altötting raus. Das mit Peter Friedrich holen wir nach, versprochen.“

      Frieda erwiderte nichts darauf, sie war ja der gleichen Meinung. Trotzdem war sie enttäuscht. Es interessierte sie nicht, warum die Kriminalpolizei aufgetaucht war und sie bat, wieder abzureisen. Was hatten sie mit der Polizei zu schaffen? Sie war sich sicher, dass dieser Friedrich einen wichtigen Hinweis auf die Familie Pini geben konnte. Er musste einen Bezug zu der Familie haben. Warum sonst stand sein Name in den Unterlagen des Reutlinger Immobilienmaklers? In ihren Augen vergeudeten sie wertvolle Zeit, indem sie vor etwas davonliefen, das sie nicht verstand. Aber sie musste sich fügen.

      Schweigend warteten sie an dem kalten, unfreundlichen Bahnhof auf den nächsten Zug. Mario verstand Friedas Enttäuschung, auch er wäre am liebsten zu Friedrich gefahren und hätte ihn zur Rede gestellt. Sollte er sich über die Ratschläge des Detektives hinwegsetzen? Noch war Zeit dazu. Er war hin- und hergerissen. Dann fuhr der Zug ein und die Entscheidung war gefallen. Ihr Ziel stand fest: Burghausen.

      Der Zug war fast leer und fuhr sehr, sehr langsam und ähnelte dem von gestern. Er hatte wieder das Gefühl, dass sie zu Fuß viel schneller gewesen wären. Nach einer knappen halben Stunde erreichten sie endlich ihr Ziel. Frieda hatte noch kein Wort gesagt und Mario ließ sie in Ruhe. Was hätte er auch sagen sollen?

      Am Burghauser Bahnhof studierte Mario den Fahrplan und auch die Streckenkarte genauer. Er begriff, dass sie sich nahe der österreichischen Grenze befanden. Das war sehr interessant, denn bis jetzt war es ihm völlig egal, in welcher Ecke Deutschlands sie waren und in Erdkunde war er nie ein Genie gewesen. Er sah auf die Uhr; nur noch zwei Minuten bis einundzwanzig Uhr. Perfekt. Der Detektiv sagte, sie sollten nach dieser Uhrzeit einchecken, sie waren genau im Zeitplan.

      Mario ging zu einem der Taxis. Die genervte Frieda trottete ihm hinterher. Mario sah ihr an, dass sie müde war. Sie brauchte dringend Ruhe. Hätte er sie nicht doch lieber zuhause lassen sollen?

      „Kennen Sie eine gemütliche Pension? Wir sind keine Freunde von großen Hotels.“

      „Kenn ich, steigen Sie ein. Kein Gepäck?“

      „Kein Gepäck.“

      Mario überlegte sich eine passable Ausrede für das fehlende Gepäck. Aber da der Taxifahrer nicht nachfragte und sich offensichtlich nur für seine Musik interessierte, schwiegen sie bis zu ihrem Ziel, das sie nach knapp zehn Minuten erreichten. Da die Fahrt für den Taxifahrer nicht lukrativ war, legte Mario ein ordentliches Trinkgeld auf den geringen Fahrpreis und entlockte ihm dadurch ein Lächeln. Die Pension war auf den ersten Blick sehr ansprechend, was beide aber wenig interessierte. Trotz der späten Gäste war die Dame am Empfang sehr liebenswürdig und begleitete sie zu den gemütlichen, sauberen Zimmern. Sie schien nicht zu bemerken, dass sie kein Gepäck hatten, oder sie interessierte sich nicht dafür. Sie hatten beide bei der Anmeldung gültige Pässe vorgelegt und machten nicht den Anschein, dass sie ihre Zimmer nicht bezahlen könnten. Alles andere war für sie nicht von Interesse. Mario fragte nach der Möglichkeit eines Abendessens.

      „Natürlich können Sie bei uns essen. Unser Haus wird auch wegen der guten Küche geschätzt. Ich reserviere einen Tisch für Sie.“

      Mario hatte an der Rezeption einen Prospekt der Pension eingesteckt. Er rief den Detektiv an und nannte ihm die neue Handynummer und die Adresse der Pension.

      „Für die nächsten beiden Tage sind Sie in Sicherheit. Besorgen Sie sich morgen früh Kleidung und alles, was Sie sonst noch brauchen. Unternehmen Sie bitte nichts, bis ich bei Ihnen bin.“

      „Wann sind Sie hier?“

      „Ich habe noch einiges zu recherchieren und werde mich beeilen. Ich bin so schnell wie möglich bei Ihnen. Bleiben Sie bitte ruhig. Wie geht es Ihrer Begleitung? Wäre es nicht besser, sie fährt wieder nach Hause?“

      „Das wäre mir auch lieber. Allerdings befürchte ich, dass sie sich weigert. Machen Sie sich keine Sorgen, Frau Votteler ist hart im Nehmen.“

      Leo wusste längst, wo die beiden untergekommen waren. Er war ihnen gefolgt. Noch hatte er keine Informationen darüber, warum sich die Kriminalpolizei für Peter Friedrich interessierte. Und vor allem nicht, warum die Kriminalpolizei Mario Pini bat, wieder abzureisen. Die beiden Kollegen waren echt. Das herauszufinden, war für seinen Vorgesetzten Zeitler eine Kleinigkeit gewesen.

      „Die beiden sind in der Pension Enzian in Burghausen untergekommen,“ sagte Leo zu Zeitler.

      „Gut. Ich kümmere mich darum, dass die Meldungen nicht rausgehen. Wäre es nicht besser, die beiden aus der Schusslinie zu nehmen? Ein Öko-Fuzzi und eine alte Frau sind nicht gerade das ideale Gespann.“ Zeitler sagte das zwar salopp, aber er machte sich ernsthaft Sorgen.

      „Wir brauchen die beiden. Ohne sie wären wir nie auf die Spur von Peter Friedrich gekommen. Er muss etwas mit der Familie Pini zu tun haben. Vielleicht kommen wir so an Jürgen Knoblich.“

      „Ich finde das weit hergeholt. Es gibt nichts, was darauf hindeutet.“

      „Wir haben keine andere Spur.“

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