Blaues Feuer. Thomas Hoffmann
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Название: Blaues Feuer

Автор: Thomas Hoffmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783748598398

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СКАЧАТЬ Ohr. Sie versuchte ein schüchternes Lächeln. Norbert nahm sie in die Arme.

      „Ich liebe dich, Maja.“

      Sie küssten sich. Norbert war schwindlig.

       Und jetzt? Was kommt jetzt?

      Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Und er konnte überhaupt nicht denken. Er nahm nichts wahr, als Majas warme, aufregende Nähe. Sanft schob sie ihn weg und begann, an ihrem Kleid zu nesteln.

      „Ich muss mich ausziehen,“ erklärte sie leise. „Mädchen bluten beim ersten Mal, wusstest du das?“

      Norbert schüttelte stumm den Kopf. Er wusste nicht, warum er sich plötzlich schämte.

      „Jedenfalls behauptet Liese das. Sie sagt, ihre Mutter hätte es ihr erklärt.“

      Sie trauten sich kaum, einander anzuschauen, während sie ihre Kleider abstreiften und sich zueinander ins trockene Gras legten. Und obwohl sie beide von Kindheit an mitbekommen hatten, was nachts auf den Lagern in den Wohnküchen passierte, mussten sie feststellten, dass sie es so ganz genau doch nicht mitgekriegt hatten.

      „Nicht so,“ flüsterte Maja. „Ich glaube, du musst... Ja, da – Au!“

      Ein jagendes, unendlich süßes Gefühl durchfuhr Norbert und ein paar Atemzüge lang wusste er nicht mehr, was er tat.

      Als er sich außer Atem neben Maja legte, murmelte sie: „Es hat nur ganz wenig geblutet.“

      Es klang enttäuscht.

      Doch Majas fester Entschluss, in ihrer Liebe zu Norbert Erfüllung zu finden, bewahrte die Jugendlichen vor einer ersten großen Ernüchterung. Noch scheu und vorsichtig ertasteten sie einander, ließen ihre Körper einander kennenlernen.

      Als die beiden am Nachmittag zum Hof von Majas Vater zurückkehrten, lag ein heimliches Glück auf ihren Gesichtern.

      In der Wohnküche empfing sie Majas Mutter. „Heut ist wohl kein Arbeitstag für euch beide? Deine ganze Küchenarbeit ist liegengeblieben, Maja – und Vater ist allein zur Jagd gegangen!“

      Als sie in die Gesichter der beiden sah, wurde sie milder. „Na, setzt euch noch ein bisschen auf die Bank. Ich koche euch einen Tee.“

      Sie fuhr Maja durch die zerrauften Locken. „Alles in Ordnung, Töchterchen?“

      Majas Augen glänzten vor Glück. „Ja, Mama.“

      ***

      Wenn Norbert später an diesen Sommer zurückdachte – seinen letzten in Wildenbruch – dann konnte er sich einzig an Maja erinnern, an ihre Liebe, ihren Körpergeruch, den Sommerduft ihres einfachen Kleids. Das Vertrocknen der Ernte, der Streit zwischen Verena Methorsts Söhnen Ulf und Boris um den Anteil an den kargen Erträgen des Hofs, die Schlichtung durch Björn Feldnersohn und Hans Lederer, all das zog an ihm vorüber, als ginge es ihn nichts an. Er lebte und arbeitete nur für die ein, zwei Stunden, die er nach der Hofarbeit mit Maja verbrachte. Sie gingen Hand in Hand hinunter zur Flussaue oder saßen nebeneinander auf der Bank vor dem Haus und plauderten. Oder sie zogen sich vor den anderen zurück in den Wald, auf die kleine Grasnarbe zwischen den Haselsträuchern, die sie „ihre Lichtung“ nannten. Maja holte sich Rat bei Leika, die ihr erklärte, wie sie sich verhalten musste, um nicht schwanger zu werden. Norbert und Maja schworen sich bei allen Sternen am Himmel, zueinander zu stehen bis an ihr Lebensende.

      ***

      Von seiner Herbstreise brachte Hans Lederer Säcke voller Getreidemehl mit, so viele der Esel tragen konnte. Was die Familie auf den eigenen Feldern geerntet hatte, reichte nicht, um durch den Winter zu kommen. Für Norbert brachte der Vater zwei Fußleder mit. Sie waren an den Seiten gelocht, damit man sie unter die Fußlappen schnüren konnte.

      „Wirst schließlich erwachsen,“ knurrte Hans Lederer.

      „Ich kann auch für unsere eigene Familie jagen gehen, damit wir besser durch den Winter kommen“ erklärte Norbert.

      „Red keinen Unsinn,“ fuhr der Vater ihn an. „Du arbeitest für Björn Feldnersohn um der Maja willen. Lass dir ja nicht einfallen, nachlässig zu werden. Bei uns arbeitet Roderig mit. Wir kommen zurecht.“

      Der Winter nahm die Siedlung in seinen eisigen Griff. Im

      Heulen des Sturms und im Krachen der Bäume in der Kälte glaubten die Wildenbrucher die Dämonen heranschleichen zu hören. Björn Feldnersohns alter Vater erkrankte am Schüttelfieber. Die Feldnersohns hüllten ihn in Decken, rückten seinen Lehnstuhl nahe ans Herdfeuer und Majas Mutter flößte ihm Tag und Nacht schluckweise Brühe und heißen Tee ein. Er starb in den ersten Januartagen. Norbert half, das Grab im gefrorenen Boden auszuheben.

      Grete war schwanger. Oliver und sie zogen hinüber ins Haus ihres Vaters, wo das große Herdfeuer mehr Wärme spendete und die Familie sich um die Schwangere kümmern konnte.

      Anfang März änderte sich das Wetter. Mit heftigen Frühjahrsstürmen setzte die Schneeschmelze ein. Regengüsse verwandelten den Boden in der Auenniederung und den Talwiesen in Morast. Die Gorn stieg über die Ufer. Schmelzwasser und Regenfälle in den Bergen verwandelten den Fluss in eine strudelnde schlammige Flut, die binnen einer Nacht die Siedlung, die Tiergatter und die Felder mit dem im Herbst gesäten Winterweizen überschwemmte, Gatter zerstörte, Ziegen und Schafe mit sich fortriss, die Hütten knietief überflutete und die Herdfeuer löschte. Die Wildenbrucher knüpften, was sie an Vorräten retten konnten, an die Dachbalken und übernachteten in klammer Kälte im Gebälk. Erst Tage später nahm die Flut ab. Viele der Frauen weinten vor Verzweiflung über die Zerstörungen. Die Männer sichteten stumm den Schaden, pferchten die überlebenden Tiere ein, pflügten die verwüsteten Felder um und bereiteten das wenige, was sie an Saatgut gerettet hatten, zur Aussaat vor.

      Die Flutschäden waren noch nicht repariert und die Böden der Hütten bedeckte noch immer eine knöcheltiefe Schlammschicht, als Gretes Wehen einsetzten. Die Frauen hatten die Geburt erst in einem halben Monat erwartet. Aber die Strapazen der vergangenen Wochen hatten Grete zugesetzt. Beim Herdfeuer errichteten die Morgners ein Deckenlager. Leika kam, um bei der Geburt zu helfen. Die Männer, auch Oliver, wurden aus dem Haus verwiesen. Es wurde eine lange, schwere Geburt und als die Frauen das Blut von dem schreienden Neugeborenen abwuschen, war seine Haut von einem ungesunden Rot und seine Oberlippe war gespalten. Die Geburtshelferinnen beschlossen, es sei ein Mädchen, obwohl das Neugeborene sowohl ein weibliches als auch ein männliches Geschlechtsorgan zu haben schien.

      Der Säugling schrie pausenlos mit einer heiseren, röchelnden Stimme, die anders klang als die anderer Neugeborener. Die verzweifelte Grete ließ ihn nicht von ihrer Brust und Leika zeigte ihr, wie sie ihn an die Brustwarze anlegen musste. Oliver und die Männer wurden auf Abstand von der Mutter und dem Neugeborenen gehalten, aber es merkten doch alle, dass etwas nicht stimmte. Schnell sprach sich in der Siedlung herum, die Grete habe ein krankes, verkrüppeltes Kind zur Welt gebracht.

      Als der Säugling nach drei Tagen wider Erwarten nicht gestorben war und trotz dem unverminderten heiseren Röcheln ein wenig kräftiger wurde, bekam er den Mädchennamen Wanda. Oliver nahm das schreiende Bündel in die Arme.

      „Sei vorsichtig!“ schrie Grete, die ihr Kind noch immer kaum zum Wickeln und Waschen aus den Händen geben wollte.

      Oliver brachte das Neugeborene, von dem nur das rötliche, vom Schreien verzerrte Gesicht mit der Hasenscharte СКАЧАТЬ