Название: Blaues Feuer
Автор: Thomas Hoffmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783748598398
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„Deine und unsere Familie sind die ersten und ältesten in Wildenbruch, Norbert,“ sagte Björn Feldnersohn dem Jungen, während sie gemeinsam den Weidenzaun hinter dem Haus ausbesserten.
„Es ist schön, dass du zu uns kommst.“
Der Familienvater warf einen wohlwollenden Blick auf Maja, die mit einem Eimer Wasser vorbeikam und so tat, als würde sie ihren Vater und Norbert nicht sehen.
Lene verspottete Norbert.
„Was willst du da bei den Feldnersohns, du bist doch viel zu jung dafür, um die Maja zu freien!“
Norbert stellte seine Holzkiepe ab, richtete sich auf und blickte seiner eineinhalb Jahre älteren Schwester in die Augen.
„Weißt du, was Petra dazu sagen würde?“
„Petra?“
„Das Holzpüppchen, das du mir vor vier Jahren geschenkt hast.“
Er holte die kleine Figur aus der Hosentasche und zeigte sie Lene.
„Ach,“ spottete Lene, „damit spielst du noch?“
„Nein, aber weggeworfen habe ich sie auch nicht. Weißt du, was Petra dazu sagen würde, dass ich wegen der Maja bei Björn Feldnersohn arbeite?“
„Nämlich was?“
„Gar nichts sagt sie dazu. Sie findet es völlig richtig, findet es sogar gut!“
„Ach du Schafskopf! Lass mich in Ruhe!“
Wütend lief das Mädchen ins Haus.
Immer seltener fanden Norbert und seine Altersgenossen sich bei den nachmittäglichen Treffen der Kinder ein. Alle hatten sie jetzt mehr auf den Höfen zu tun und die Geschichten und Beschäftigungen der jüngeren Kinder begannen uninteressant zu werden. Roderig kam schon lange nicht mehr.
Zusammen mit Ulrich durchstreifte Norbert den Wald nahe der Siedlung. Sie dachten sich Helden- und Kriegergeschichten aus, spielten Beowulfs Kampf mit Grendel oder seinen Schlachtzug gegen den Feuerdrachen. Doch am häufigsten traf sich Norbert nach der Tagesarbeit mit Maja. Sie setzten sich auf den Holzstapel neben dem Eingang zu Björn Feldnersohns Haus, tauschten Neuigkeiten aus oder saßen einfach nur beieinander, bis es Zeit wurde für Norbert, zum Hof seines Vaters zurückzugehen.
***
Den einen Abend hielt Roderig Norbert nahe beim väterlichen Hof an.
„Hör mal, Bert, sag doch deiner Schwester Lene, dass ich heute noch beim Schafgatter zu tun hab, also, ich meine da, wo euer Heuschober steht.“
„Sag ihr das lieber selber, mich verspottet sie bloß.“
Roderig sah nicht überzeugt aus. „Ich weiß nicht...“
„Komm einfach mit.“
Lene kam mit dem leeren Abfalleimer vom Schweinestall her. Norbert ging zu ihr.
„Der Roderig will dir was sagen.“
Lene machte ein wütendes Gesicht. Roderig trat von einem Bein aufs andere.
Norbert rief ihm zu: „Stimmt doch, Roderig, oder?“
Roderig holte Luft. „Ich wollte dich was fragen, Lene.“
„Was willst du von mir?“ schrie sie zornig.
„Also, nicht hier, unter vier Augen - hinten beim Heuschober.“
„Du hast wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank!“ kreischte sie.
„Nur zwei Sätze, Lene!“
Lenes Gesicht war puterrot. „Aber nur einen Augenblick. Ich muss Mutter beim Gemüseputzen helfen.“
Sie stellte den Eimer ab und ging ums Haus. Im Vorbeigehen knuffte Roderig Norbert gegen den Arm.
„Danke, Bert!“
Lene kam erst am nächsten Morgen vom Heuschober zurück. Am folgenden Tag fragte Roderig Norberts Vater, ob er auf seinem Hof arbeiten dürfe. Lene, die beim Herd hantierte, fiel beinahe der Krug mit der Sauermilch aus den Händen. Sie fing ihn gerade noch auf, aber ein Schwall saurer Milch schwappte auf den Boden. Hans Lederer blickte erst Roderig, dann seine Tochter an.
Nach einigen Augenblicken des Schweigens knurrte er: „Lene wird dieses Jahr fünfzehn. Wenn du drei Jahre auf meinem Hof arbeitest, gebe ich sie dir nach Ablauf der drei Jahre zur Frau.“
„He, werde ich vielleicht auch noch gefragt?“ kreischte Lene.
„Halt die Gusche!“ fuhr Hans Lederer seine Tochter an. „Oder ich frag euch, was ihr gestern Nacht in meiner Scheune getrieben habt!“
Seit diesem Tag spottete Lene nicht mehr über Norbert und Maja.
***
Im Spätsommer gebar Margit ihr erstes Kind, ein Mädchen. Als das Neugeborene drei Tage alt war und Leika meinte, es sei kräftig genug, um zu überleben, bekam es den Namen Hanna. Margit zog ins Haus ihrer Eltern zurück und die Mutter und Leika halfen ihr, den Säugling zu pflegen. Ulf kam jeden Abend nach der Tagesarbeit, seine Frau und sein Kind zu besuchen. Er brachte Milch, Käse und Brot, manchmal auch einen kleinen Topf Honig für Margit mit.
Den einen Abend kam Oliver erst spät von der Arbeit an Sven Hüttners Hof herein, als die Familie bereits um den Esstisch saß. Der Mutter entfuhr ein Entsetzensschrei. Alle starrten Oliver an. In der betroffenen Stille war nur Hannas Quengeln zu hören.
Olivers Haar war blutig, sein rechtes Auge zugeschwollen. Er spuckte Blut aus und ließ sich stumm auf die Bank fallen. Mutter betete zur heiligen Dame der Grotte.
Leika betastete Olivers Schädel und Gesicht. „Warte, ich koche einen Kräutersud und mache dir einen Verband.“
Hans Lederer stand auf und trat auf seinen Sohn zu.
„Mit wem hast du dich geprügelt?“
Es fiel Oliver schwer, zu sprechen. Immer wieder musste er Blut ausspucken.
„Lars Weidner,“ brachte er hervor.
„Wer von euch hat angefangen?“
Es klang drohend. Oliver richtete sich auf.
„Er. Fing mich vor Kurts Hof ab. Sagte, ich soll mich zum Teufel scheren. Wegen Grete. Will sie selber heiraten. Aber ich hab‘s ihm gegeben.“
Hans Lederer schwieg. Stumm ging er zu seinem Platz am Kopfende des Tischs zurück.
Während Leika eine Kräuterpaste auf Olivers Kopfwunden auftrug und ihm ein Leinentuch umband, grollte Hans Lederer vom Tisch her: СКАЧАТЬ