Siebenkäs. Jean Paul
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Название: Siebenkäs

Автор: Jean Paul

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783754175224

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СКАЧАТЬ woraus man jene wie die Koschenillefarbe aus den Schildläusen zubereitet, aus unnützem Geize mit solchen Farbenmaterialien dazu genommen worden; daher oft der Traktat wieder mit guten Instrumenten, den sogenannten Frieden-Instrumenten, vorn am Schießgewehr in die Länder eingegraben und ausgestochen werden muß. – –

      Beide Freunde verschwiegen der freudigen jungen Frau den ersten Schlag des Gewitters, das über ihre Ehe aufzog. Am Sonntag vormittags unter der Kirche wollten beide den Heimlicher freundschaftlich besuchen – er war leider darin. Nachmittags dachten sie ihm die unterhaltende Visite zu – er machte selber eine in der Waisenhauskirche, nachdem vorher die ganze verwaisete Blütenlese von Knaben und Mädchen eine bei ihm abgelegt, um von ihm als Waisenhausaufseher zum Handkuß gelassen zu werden; denn das Waisenhausinspektorat war, wie er wahr, aber bescheiden sagte, seinen unwürdigen Händen anvertrauet worden. – Nach der Vesperpredigt hielt er seine eigene; kurz, dreifache geistliche Altargeländer schnitten die beiden Advokaten von ihm ab. Schön handelte er, daß er seine Hausgenossen an demselben Tische mit sich zwar nicht essen, aber doch beten ließ. Er verbrachte lieber den Sonntag als einen Werkeltag singend mit ihnen, weil er sie von der Sabbatschänderei, die in Arbeiten für ihre eigne Rechnung, in Nähen, Flicken etc. bestand, am besten durch Andacht abzog; und überhaupt wurde so der Tag am besten in einem Rüst- und Exerziertag der ganzen Woche verlebt, wie auch auf die Sonntage die Komödianten an den Orten, wo sie nicht spielen dürfen, die Komödienproben verlegen.

      Inzwischen rat' ich Kränklichen, nicht an solche schöne himmelblaue Gewächse nahe zu treten oder zu riechen, die der Weinberg der Kirche nur zur Zierde hat, wie ein englischer Garten sich mit dem schönen Napellus (aconitum Nap.) und mit seinem himmel- oder jesuiter-blauenHimmelblau ist die Ordenfarbe der Jesuiten, wie des indischen Krischna und des Zorns. Die Hypothese des Physikers Marat, daß Blau und Rot das Schwarze geben, sollte man untersuchen, indem man dem Jesuiterblau das Kardinalrot zusetzte. Er selber brachte später in der Revolution aus Blau und Rot und Weiß das schönste Elfenbeinschwarz heraus oder den chinesischen Tusch, womit später Napoleon zeichnete. mannshoch und pyramidalisch aufsteigenden giftigen Blumen putzt. Solche Leute wie Blaise besteigen nicht nur den Sinai und die Schädelstätte, um gleich den Ziegen unter dem Steigen zu weiden: sondern sie suchen die heiligen Höhen, um von da Angriffe herab zu tun, wie gute Generale die Höhen, besonders die Galgenstätten besetzen. Der Heimlicher erhebt sich öfter, obwohl aus gleichen Absichten, von der Erde in den Himmel als Blanchard, ja er ist imstande, halbe Tage lang seine Seele in jenem Fluge zu erhalten – worin ers doch dem fliegenden Drachen des Königs von Siam nicht nachtut, welchen Mandarinen zwei Monate lang oben in der Höhe abwechselnd zu erhalten wissen –; aber er steigt nicht wie die Lerche, um droben zu musizieren, sondern wie der edle Falke, um auf etwas zu stoßen. Seh' ich ihn auf einem Ölberg beten, so will er eine Ölmühle droben bauen; oder weinet er am Bache Kidron, so will er drinnen krebsen oder einen hineinwerfen. Er betet, um die Irrwische der Sünden an sich zu locken – er liegt auf dem Kniee, aber wie das erste Glied, um auf den, der gegenübersteht, Feuer zu geben – er streckt freundschaftlich und warm die Arme aus, um jemand, z.B. einen Mündel, in die heißesten zu nehmen, aber nur wie der geheizte Moloch, um die Inlage zu Pulver zu brennen – oder er faltet die betenden Arme andächtig übereinander, wie es auch die sogenannten eisernen Jungfern tun, zum Zerschneiden. – –

      Endlich sahen die unruhigen Freunde, daß man, gleich Dieben, am ersten bei gewissen Leuten vorkomme, wenn man sich nicht melden lässet: noch Sonntags abends um 8 Uhr schritten sie sans façon in das Haus des Herrn v. Blaise (oder deutsch: Blasius) hinein. Alles war still und öde: sie gingen über einen leeren Hausplatz in einen leeren Gesellschaftsaal, dessen halboffne Flügeltüre in die Hauskapelle sehen ließ. Sie erblickten durch die Fuge bloß sechs Stühle, auf deren jedem ein aufgeschlagenes umgestürztes Gesangbuch lag, und einen wachstuchenen Tisch mit Müllers »Himmlischem Seelenkuß« und Schlichthabers »Fünffachen Dispositionen auf alle Sonn- und Festtage«. Sie drückten sich durch die lange Ritze, und siehe, oben an der Tafel saß einsam der Heimlicher und setzte schlafend seine Andacht fort, mit der Federmütze unter dem Arm. Seine Haus- und Kirchendiener hatten ihm nämlich (und das geschah sonntäglich) so lange vorgelesen, bis ihn der Schlaf zu einem Petrefakt oder einer Salzsäule gehärtet hatte, weil ihm sowohl die gegessene als die getrunkene und die geistige Nahrung die Augen so schwer machte als den Kopf – oder auch, weil er wie alle Zuhörer unter dem Anwurf des göttlichen Samens gern die Augen zumachte, wie Leute, die sich pudern lassen – oder weil Hauskapellen und Hauptkirchen noch den alten Tempeln gleichen, worin man die Orakel-Belehrungen schlafend empfing. Alsdann lasen die Bedienten immer leiser, um ihn allmählich an das Verstummen zu gewöhnen. Dann ließ ihn die andächtige Dienerschaft in seiner betenden Richtung bis um 10 Uhr auf dem Stuhlbette angelehnt, und alles wanderte leise davon; um 10 Uhr (wo ohnehin die Frau Heimlicherin von Visiten wiederkam) schrie ihn der Hausküster mit Beistand des Nachtwächters durch ein grelles Amen auf einmal aus dem Schlafe, und er setzte wieder etwas auf den kalten Kopf. – –

      Heute fiels anders aus. Leibgeber klopfte mit dem Zwickel des Zeigefingers einige Male stark auf den Tisch, um den Vater des Marktfleckens aus dem ersten Schlafe zu bringen. Als der bei seinem Lever die beiden hagern Parodien und Kopeien voneinander erblickte: nahm er in der Bier- und Schlaftrunkenheit statt der entfallnen Mütze bloß eine gläserne Perücke herab vom Perücken-Kopf und setzte sie auf den seinigen. Sein Mündel redete ihn freundlich an und sagte, er woll' ihm hier seinen Freund vorstellen, mit dem er Namen troquiert und verstochen habe. Auch benennte er den Heimlicher gnädiger Herr Vetter und Pfleger. Leibgeber, wilder und erzürnter, weil er jünger war und weil die Ungerechtigkeit nicht ihn selber betraf, feuerte um drei unhöfliche Schritte näher vor den Ohren die Frage ab: »Wen von uns beiden haben Ew. Gnaden denn eigentlich pro mortuo erkläret, um ihn als einen Toten besser vorzuladen? – Hier erscheinen zwei Gespenster auf einmal.« – – Blaise wendete sich stolz von Leibgeber zu Siebenkäs und sagte: »Wenn Sie nicht, mein Herr, die Kleidung so umgetauscht haben wie Dero Namen: so sind Sie die werte Person, mit der ich bisher die Ehre hatte, öfters zu sprechen. – Oder sind Sie es vielleicht doch?« sagte er zu Leibgeber, der wie besessen schüttelte. »Nun – fuhr er viel freundlicher fort – muß ich Ihnen gestehen, Hr. Siebenkäs, daß ich wirklich bisher der Meinung lebte, daß Sie dieselbe Person seien, die vor zehn Jahren von hier die Akademie bezogen und deren kleine Erbschaft ich in meine Tutel oder eigentlich Kuratel genommen. Zu meinem Irrtum, wenn es einer war, trug wohl die Ähnlichkeit das meiste bei, die Sie, mein Herr, mit meinem verschollenen Pupill praeter propter zu haben scheinen; denn manche tertia comparationis gehen Ihnen doch ab, z. B. ein Feuermal neben dem Ohr.«

      »Das dumme Mal«, fuhr Leibgeber dazwischen, »hat er bloß meinetwegen mit einer Kröte ausgewischt, weils wie ein Eselohr aussah und weil er nicht dachte, daß er mit dem Ohre zugleich einen Verwandten verscherze.« – »Das kann sein«, sagte kalt der Vormund, »Sie müssen mir bezeugen, Hr. Advokat, daß ich schon gesonnen war, Ihnen heute die Erbschaft auszuzahlen; denn Ihre Versicherung, daß Sie Ihren väterlichen Namen mit einem wildfremden vertauschst, konnt' ich nach Ihrem jokosen Humor recht gut bloß für Scherz nehmen. Ich erfahr' aber in der vorigen Woche, daß Sie sich wirklich als Hr. Siebenkäs proklamieren und kopulieren lassen und mehr dergleichen. Nun sprach ich mit dem Hrn. Großweibel (Präsidenten) der Erbschaftkammer, meinem Schwiegersohn, Hrn. v. Knärnschilder, aus der Sache, der mir sagte, ich würde gegen meine Pflicht und meine eigne Sicherheit verstoßen, wenn ich die Erbschaftmasse wirklich aus den Händen gäbe. ›Was wollten Sie exzipieren – sagt' er ganz recht –, wenn einmal der wahre Inhaber des Namens erschiene und ihnen die zweite Extradierung der Pupillengelder abfoderte?‹ – Und in der Tat wäre es zu hart für einen Mann, der bei so vielen Geschäften sich der beschwerlichen Kuratel, die ihm die Gesetze erlassen, bloß aus Liebe zu seinem Verwandten und aus BruderliebeEr nennt die Menschen, wie viele Herrnhuter und Mönche und Fürsten einander, seine Brüder, aber vielleicht mit Recht, da er sie ebenso gut wie ein morgenländischer Fürst die seinigen behandelt, ja noch viel sanfter dazu, ohne körperliches Köpfen, Blenden und Verschneiden bei einigem geistigen. gegen alle seine Mitbrüder unterzogen, zu hart wär' es, sag' ich, wenn er dafür zum Lohne dieselbe Summe noch einmal aus seinem eignen Beutel zahlen müßte. – Inzwischen, Hr. Advokat Siebenkäs, СКАЧАТЬ