Erwin Rosenberger: In indischen Liebesgassen - Prostitution in Bombay - Aus dem Tagebuch eines Schiffsarztes. Erwin Rosenberger
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СКАЧАТЬ geringschätzige Tonfarbe, wie irgendein englischer Passagier erster Klasse in sein „Natives“.

       So haben denn auch die indischen Mädchen, die im Dienste der Liebe aufs Schiff kommen, ihren Anteil an der spezifischen Geringschätzung, die man den „Indiani“, zumal den Indern der unteren Bevölkerungsschichten, widmet.

      Und es ist ein sonderbarer Widerspruch, dass diese Hindu-Mädchen das bisschen Gewogenheit, dessen sie an Bord teilhaftig werden, just einer Eigenschaft verdanken, die in der „Gesellschaft“ unerbittliche Achtung nach sich zieht: ihrem Buhlgewerbe.

      Aus der unverfänglichen Eigenschaft „Indiana“ ersteht ihnen Misswertung, aus einem sonst missgeschätzten Metier ernten sie eine Sympathie.

      * * *

      Bombay, Viktoria-Dock des Hafens, 9¼ abends.

      Ich sitze hier mutterseelenallein beim Licht einer Stehlampe im einsamen Speisezimmer auf dem Hinterdeck unseres Dampfers und lasse den stenographierenden Bleistift über die Seiten meines Tagebuches eilen.

      Vor einer Viertelstunde wurde an Bord das elektrische Licht außer Tätigkeit gesetzt, Petroleumlampen und Kerzen bemühen sich, Ersatz zu sein. Leider ist mit der Quelle des elektrischen Lichtes auch die Kraftquelle versiegt, welche den Ventilatoren unserer Kabinen Bewegung gibt; die wackeren kleinen Maschinen, die uns mit ihren metallenen Windmühl-Flügeln während des Tages Kühlung zugewirbelt und einigermaßen für den Luftwechsel gesorgt haben, sind jetzt still und regungslos, und mit Unbehagen denke ich an die bevorstehende Nacht, an die kleine schwüle Kabine, die durch die kleine runde Fensteröffnung kein Übermaß an frischer Luft erhält.

      – Es wäre keine üble Idee, jetzt abendlicherweile einen Ausflug nach Kamatipura in das Stadtviertel der Freudenmädchen von Bombay zu unternehmen.

       Ich will aber die Exkursion doch lieber auf morgen Abend verschieben. Heute, am Ankunftstag, wird wahrscheinlich die Besatzung unseres Dampfers draußen in Kamatipura reichlich vertreten sein und ich habe immer noch die Schwäche, „mich zu genieren“, wenn ich von Bekannten an derlei „verrufenen“ Orten gesehen werde.

      Eine Schwäche, ein Zugeständnis an die Beschränkten, so da alles, was mit Hetärentum zusammenhängt, für etwas Beschimpfendes erklären, wenngleich sie selber zu Zeiten insgeheim recht gerne nach „verrufenen“ Orten pilgern.

      Immerhin, ich werde erst morgen Abend, wenn der Andrang unserer Schiffsleute schwächer sein wird, mich in die Nativetown, nach Kamatipura, begeben. Und ich hoffe, im Interesse meines „Prestiges“, dass ich morgen weniger der Möglichkeit ausgesetzt bin, von den Matrosen oder sonstigen Mannen unseres Dampfers an so kompromittierenden Örtlichkeiten erblickt zu werden.

      * * *

      In Kamatipura – Japanische Freudenmädchen – Inderinnen und Europäerinnen – Auf dem Stadtplan

       In Kamatipura – Japanische Freudenmädchen – Inderinnen und Europäerinnen – Auf dem Stadtplan

       https://www.projekt-gutenberg.org/rosenerw/liebesga/chap003.html

      Bombay, Viktoria-Dock.

      Ich hab' mich mit meiner Schreibtasche und mit einem Päckchen Tagebücher, die aus früheren Jahren stammen, aufs luftige Achterdeck unseres Dampfers zurückgezogen. Ein Tagebuch, dem ich vor Jahren die Eindrücke meiner ersten Bombay-Reise anvertraut habe, erzählt mir folgenden Bericht über meinen ersten Besuch in Kamatipura, in dem Bezirk von Bombay, der die Freudenmädchen beherbergt:

      Bombay, .. Februar 19..

      Gestern Abend waren wir im Stadtteil der Hetären, in Kamatipura.

Grafik 9

      Herr S. fungierte als Führer.

      Er brachte uns in eine Gasse des Eingeborenen-Quartiers, welche gewissermaßen die Zentrale des Freuden-Distriktes ist.

      Am Anfang der Gasse steigen wir aus dem Wagen und promenieren gemächlichen Schrittes, nach rechts und links mit Interesse auslugend, zwischen den beiden Häuserreihen dahin. Mich mag die Sache stärker interessieren als Herrn S.; er kennt diese Gasse seit Jahr und Tag, ich bin zum ersten Mal hier.

      Es fallen drei Hauptgruppen von Freudenmädchen auf: Inderinnen, Japanerinnen und Europäerinnen.

       Die Inderinnen als solche zu identifizieren war nicht schwierig, da ich ja dieser Tage den Typus der Hindu-Frau oft und oft in den Straßen von Bombay gesehen habe, hingegen hatte ich gestern keinen rechten Anhaltspunkt, um mit Bestimmtheit feststellen zu können: die Mädchen dort sind Japanerinnen!

      Ich bin einstweilen noch nicht in Japan gewesen, die Japanerin kannte ich nur aus bildlichen Darstellungen, die Kleidung und Haartracht der Japanerin überdies aus – europäisch-heimatlichen Fasching-Kostümfesten; und aus sonstigen Gelegenheiten der Maskerade und des Rampenlichtes.

Grafik 12

      Mir war's also gestern Abend ein sensationelles Erlebnis, als Herr S. zu den Fenstern eines Häuschens hinauf deutete und sagte: „Da haben Sie japanische Mädchen.“

      Zum ersten Mal im Leben wirkliche, echte Japanerinnen!

      Sie sitzen an den Fenstern im ersten Stockwerk und warten auf irgendeinen, der willens wäre, ihre Liebesdienste entgegenzunehmen.

      Die Gesichter der Japanerinnen erscheinen, von der Gasse aus gesehen, jugendlich und kindlichen Ausdruckes. Ich frage meinen Geschmack, wie ihm diese japanischen Mädchenköpfe gefallen; er antwortet: Sie sind eher unhübsch als schön. En face nehmen sie sich besser aus, als wenn das Profil sichtbar ist. Einzelne, die sich der europäischen Gesichtsbildung nähern, sind ganz sympathisch. – – – Diese letzte Bemerkung macht mich ein bisschen misstrauisch gegen die Aussagen meines Geschmackes. Im Banne der Gewohnheit hält er offenbar die Europäerin für das feststehende Schönheitsideal, für den ästhetischen Maßstab, an dem alle Töchter der Erde abzuschätzen sind.

      Etliche Japanerinnen sind ausgiebig weiß gepudert, vermutlich um dem Geschmack europäischer Männer ein Zugeständnis zu machen. Koloristische Annäherungsversuche an den hellen Teint der Europäerin.

      Die Japanerinnen winken und locken mit lauten Zurufen: „Come here! – Come inside! – Come here!“

      Da wir hier in Bombay auf englischem Kolonialgebiete sind und da in großen Gebieten Asiens die englische Sprache den Eingeborenen als das wichtigste europäische Idiom gilt, so übermitteln uns die Japanerinnen den Lockruf: „Komm' her! – Komm' herein! – Komm' her!“ in englischen Worten.

       Ein japanisches Mädchen ruft in hohen dringlichen Tönen: “I speak! – I speak!“ – Mit diesem „Ich spreche! – Ich spreche!“ will sie uns offenbar andeuten, dass sie der englischen Sprache kundig ist; also ein anpreisender Hinweis auf eine Tugend, welche die Möglichkeit bietet, dass der Gast durch eine Konversation auch ein bisschen in seelischen Kontakt mit dem Mädchen komme. – – Ich spreche, – ich bin nicht bloß stummes Werkzeug der Liebe, – das soll mich dir begehrenswert machen!

      Eine andere Japanerin hält ein Saiteninstrument in den Händen, ohne zu spielen; das Musikgerät ist wohl nur ein Zierrat, der dem Mädchen СКАЧАТЬ