Название: Don Quijote
Автор: Miguel de Cervantes
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754175439
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Und ohne die Antwort des Schäfers abzuwarten, streckte er die Hand aus und nahm einige von den zunächst liegenden Blättern. Wie Ambrosio das gewahrte, sprach er: »Aus schuldiger Höflichkeit will ich zugeben, daß Ihr die Blätter, die Ihr schon genommen, behalten möget; aber zu denken, daß ich darauf verzichte, die übrigen zu verbrennen, wäre ein eitler Gedanke.«
Vivaldo, im lebhaften Wunsch, den Inhalt der Blätter kennenzulernen, faltete sofort eines auseinander und sah, daß die Überschrift lautete: Gesang der Verzweiflung. Das hörte Ambrosio und sprach: »Dies ist das letzte, was der Unglückliche geschrieben; und damit Ihr sehet, wie weit ihn sein Elend gebracht hat, leset es laut, daß man Euch hören kann; die Zeit, die man braucht, das Grab herzustellen, wird Euch dazu völlig ausreichen.«
»Das will ich sehr gerne tun«, sagte Vivaldo; und da die Anwesenden sämtlich den nämlichen Wunsch hegten, stellten sie sich in die Runde, und er las mit vernehmlicher Stimme das Gedicht vor, das folgendes aussagte:
14. Kapitel
Welches Grisóstomos Gesang der Verzweiflung enthält, nebst andern unerwarteten Ereignissen
Grisóstomos Gesang
Da du es willst, daß rings von Mund zu Munde,
Von Volk zu Volk erschallt, grausame Schöne,
Wie hart dein Herz und wie es mir ergrimme,
So leih ich Schmerzenston mir aus dem Grunde
Der Hölle selbst, daß mir die grausen Töne
Entstellen den gewohnten Klang der Stimme.
Und meinem Wunsch gehorchend, der das schlimme
Geschick, so deine Frevel mir verheißen,
Laut künden will, wird wilder Schmerz erbrausen
Und wird mir, um zu steigern Qual und Grausen,
Vom blutgen Herzen Stücke mit sich reißen.
Sollst du Gehör leihn, nein, dem krassen Stöhnen
Des Jammers, der tief aus erkrankten Herzen
Hervor sich ringt mit Wahnsinn, mit Entsetzen,
Um mich zu letzen
und dich doch zu schmerzen.
Des Wolfes fürchterlich Geheul, des Leuen
Gebrüll, das gräßliche Gezisch der schuppigen Schlange,
Aus fremden Untiers Schlund das heisere Bellen;
Und das Gekrächz der Krähen, die da dräuen,
Daß Unheil naht; die Stürm im Donnergange,
Wild kämpfend auf empörten Meereswellen;
Des Stiers Gebrülle, den im Kampf zu fällen
Dem Feind gelang; der Turteltaube Girren
Um ihres Gatten Tod; der düstre Sang der Eule,
Der vielbeneideten; das Angstgeheule
Verdammter Geister, die im Dunkel schwirren;
Mir sollen sich all diese Kläng entringen,
Mit meiner Seele ineinanderklingen
In einem Schrei, daß wirr zusammenbrechen
Die Sinne all; denn was mein Herz bedränge,
Heischt neue Klänge,
um es auszusprechen.
Nicht soll des Vaters Tajo Sandgefilde
Mich hören, nicht der Bätis, der in Düften
Des Ölbaums hinwallt zu des Südens Pforten:
Ausklingen soll mein Schmerz, der grimme, wilde,
Auf hohen Felsen und in tiefen Klüften,
Von toter Zunge, in lebendigen Worten;
Oder in dunklen Tälern und an Orten,
In deren Öde Menschen nie verkehren
Oder die nie den Sonnenstrahl gewahren,
Oder wo wilder Bestien giftge Scharen
Sich an des flachen Nils Gestade nähren.
Und wenn auch nur in leblos öder Heide
Das Echo, auferweckt von meinem Leide,
Verkündet deine Härte sondergleichen,
So wird es doch – ein Vorrecht meinem
Wehe – In Fern und Nähe
rings die Welt durchstreichen.
Verschmähn bringt Tod; Verdacht, ob er vergebens
Sich regt, ob wahr, weiß die Geduld zu morden;
Tod bringt auch Eifersucht, die schlimmste Plage.
Zu lange Trennung nagt am Mark des Lebens;
Gegen die Angst, daß du vergessen worden,
Hilft auch kein sichres Hoffen beßrer Tage.
Dies all ist sichrer Tod. Ich aber frage:
Welch Wunder, daß ich fort mein Dasein führe,
Entfernt, verschmäht, von Eifersucht durchlodert!
Wahrheit der Argwohn, СКАЧАТЬ