Mein Orient-Tagebuch: Der Löwe von Aššur. Tomos Forrest
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Название: Mein Orient-Tagebuch: Der Löwe von Aššur

Автор: Tomos Forrest

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754185988

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СКАЧАТЬ nahm das Monokular wieder hoch und warf erneut einen Blick hindurch.

      „Am Heck flattert eine Fahne, Arash. Kannst du das Symbol erkennen?“

      Der Perser griff erneut zum Glas, sah hindurch und nickte. Seine braune Gesichtsfarbe war einem fahlen Blass gewichen.

      „Allah sei uns gnädig, Effendi. Das ist einer der schlimmsten Schurken, die hier an der Küste kreuzen und kleinen Schiffen auflauern. Wir müssen zwischen den Inseln versuchen, ihm zu entkommen.“

      „Hast du nicht gerade selbst gesagt, dass sich die Piraten dort bestens auskennen?“, antwortete ich verwundert und sah, dass ein Lächeln über das Gesicht unseres Kapitäns huschte.

      „Das ist schon wirklich so, Effendi. Aber auch ich bin hier schon seit vielen Jahren mit den Gewässern vertraut und hoffe, dass unsere Brigg durch die Dampfmaschine einen Vorteil gegenüber dem Sandal hat.“

      Als Arash nun das Ruder drehte und die Segel anders gestellt wurden, spürte ich die Vibrationen der Dampfmaschine. Sir Lindsay war jetzt ebenfalls aufmerksam geworden und kam zu uns herüber.

      „Kleines Rennen mit einem Konkurrenten?“, erkundigte er sich und blickte feixend zu der großen Gestalt des Persers am Steuerruder.

      „Rennen ja, aber es geht um mehr, Sir David!“, antwortete ich und deutete auf den uns noch immer rasch näherkommenden Segler. „Kapitän Arash vermutet, dass es ein Pirat auf uns abgesehen hat.“

      „Ein Pirat? Wundervolles Abenteuer! Werde mein Gewehr heraufholen!“, antwortete Lindsay voller Begeisterung.

      „Hat die Morning Star Schusswaffen für die Mannschaft an Bord?“, erkundigte ich mich bei Arash.

      „Leider nur drei alte Karabiner, Effendi. Die beiden Nubier können damit umgehen, den dritten werde ich für mich selbst nehmen.“ Während ich nun Lindsay folgte, um meine Gewehre und die beiden Revolver zu holen, erteilte der Kapitän seine Anweisungen. Zwei Mann wurden zusätzlich für die Dampfmaschine abgestellt und schaufelten die Kohle, die ganz zweckmäßig im Mitteldeck und in unmittelbarer Nähe untergebracht war. Mühsam war es allerdings, sie mit einer Winde auf das Deck zu bringen und ich verstand recht schnell, dass man diese zusätzliche Antriebsweise nur in besonderen Fällen nutzte.

      Jetzt schien sich der dicke, schwarze Rauch aus dem Schornstein zu verdoppeln, und die Morning Star flog nur so über die leichten Wellen, direkt in das Labyrinth der Inseln hinein. Die beiden Schaufelräder peitschten die Wasseroberfläche schaumig, und der Bug der Brigg erzeugte ebenfalls eine schäumende Welle.

      Ich beobachtete den Sandal, der jetzt erneut auf unseren Kurs einging, allerdings auch rasch zurückfiel. Dann fuhren wir zwischen zwei dicht beisammen liegende Inseln der Kerkenna-Gruppe hinein, umrundeten sie und waren dann in dem Bereich, den unser Kapitän als Labyrinth bezeichnet hatte. Die Sonne berührte bereits das Meer am Horizont und schickte ihre letzten, goldenen Strahlen herüber, aber Kapitän Arash machte keinerlei Anstalten zum Ankern. Im Gegenteil, er fuhr zwischen den großen und kleinen Inseln hindurch, als suche er nach einem besonderen Platz, und ich bewunderte seine Kenntnis der Gewässer. Damit verließen wir die unmittelbare Umgebung der beiden größten Inseln, die man Chergui nennt, kreuzten dann wieder zwischen kleineren, unbewohnten Inseln und schließlich hielt die Morning Star auf das offene Meer hinaus, was mich verwunderte.

      „Bis zur Küste können es doch kaum zehn Seemeilen sein, warum fährst du auf das offene Meer hinaus?“, erkundigte ich mich bei Arash, der seinen Platz am Steuer nicht für einen Moment verlassen hatte.

      „Weil das für uns die einzig wahre Chance ist, dem Piraten zu entkommen. Er gehört zu den Menschen, die seit vielen Jahren die Gewässer unsicher machen, seine Dhahabiyya könnte uns trotz unserer Geschwindigkeit in der Nacht einholen, und wir wären seiner stark bewaffneten Mannschaft unterlegen. Auf dem freien Meer aber können wir ankern, ohne dass er sich unbemerkt annähern wird.“

      Das leuchtete mir ein, und wenn auch gleich mein Misstrauen wieder erwacht war, beruhigte ich mich wieder und erörterte mit Lindsay, dass wir abwechselnd selbst an Deck wachen wollten.

      Die sternenklare Nacht verlief aber vollkommen ruhig, und als ich Lindsay gegen zwei Uhr ablöste, lag unsere Brigg in einer leichten Dünung sicher vor Anker. Kaum brach jedoch der neue Tag an, waren auch wieder Segel zu erkennen, die in alle Richtungen unterwegs waren. Aber die Dhahabiyya konnte ich auch mit dem Monokular nicht ausmachen, und als der Anker gelichtet wurde, verzichtete der Kapitän auf die Kraft der Dampfmaschine, ließ die Segel setzen und hielt im großen Bogen um die in der Ferne nur als Streifen sichtbare Inselgruppe, um wieder Kurs auf die Küste zu nehmen. Gegen Abend des nächsten Tages ankerten wir an der Küste vor Tarābulus al-gharbiyya (Westliches Tarabulus), wie Tripolis im Arabischen oft genannt wird. Lindsay und ich hatten Kapitän Arash darum gebeten, denn durch die bisherigen Zwischenfälle vorsichtig geworden, wollten wir uns unauffällig in die Stadt begeben, wo Lindsay ähnlich wie in Tunis einen Händler hatte, bei dem wir unseren Proviant ergänzen und in einer etwas abgelegenen Bucht an Bord der Morning Star bringen lassen konnten.

      Als wir noch am Abend fertig zum Landgang waren und uns ein kleines Boot am Strand absetzen sollte, überraschte mich Lindsay mit seinem neuen Auftritt.

      „Well, Master, da staunt Ihr! Habe mich entschlossen, einmal den Hanswurst zu geben und eine arabische Dschalla-Dings angezogen.“

      „Das nennt man Dschallabija, und sie steht Euch ausgesprochen gut. Jedenfalls werden wir damit weniger Aufsehen erregen als mit Eurem geliebten, englischen Tweed-Anzug!“

      „Oho, habt Ihr etwas gegen meinen wunderbaren Anzug aus bester, maßgeschneiderter Fertigung, Master? Seid gewiss, dass ich davon ausreichend mitgenommen habe, um mich jederzeit wieder in einen zivilisierten Menschen verwandeln zu können!“

      Ich erklärte lachend, dass ich ihm jederzeit zur Seite stände, sollte jemand den großkarierten Anzug für passender erklären als sein derzeitiges Kleidungsstück.

      Wir legten den Weg in der Dämmerung rasch zurück und standen kaum eine Stunde später vor dem Haus des hiesigen Kaufmanns. Neugierig musterte ich die mit Lehm verschmierte Wand vor mir, aber das erwartete Messingschild fand sich hier nicht.

      Nach dem Betätigen des Klingelzuges dauerte es eine ganze Weile, bis geöffnet wurde, und als schließlich ein Diener die Tür öffnete und uns mit einer Laterne anleuchtete, schrak er zusammen.

      „Oh, der Inglisman! Aber mein Herr ist nicht zu Hause, Effendi, er musste in dringenden Geschäften nach Bagdad reisen!“ Der Mann hatte eine kleine, dicke Figur und steckte in einem nicht sonderlich ordentlichen Kaftan. Seine Kopfbedeckung bestand aus einem Fes mit einem darum gewickelten, vor Schmutz starrenden Tuch – das jedenfalls ließ sich selbst im Licht seiner Laterne erkennen.

      „Zounds!“, stieß Lindsay verärgert aus. „Mister Hassan hat doch gewusst, dass ich in dieser Zeit vorbei kommen würde! Wir brauchen Vorräte und wollen weiter!“

      „Da kann ich nicht helfen, Effendi, ich bin allein im Haus, der Herr hat das Komptoir abgeschlossen, als er aufbrach. Ich bin nur der Hausdiener!“

      „Unglaublich, aber Ihr werdet von mir hören!“, polterte der wütende Lindsay, wandte sich um und stapfte davon, ohne sich um mich zu kümmern. Ich wollte noch etwas zu dem Hausdiener sagen, aber der schlug rasch die Türe zu und legte mit deutlichem Geräusch von innen einen Riegel davor.

      Also zogen wir unverrichteter Dinge wieder ab, gingen an den Strand zurück, wo die Ruderer auf uns warteten. Erstaunte Gesichter СКАЧАТЬ