Die Damaszener-Rose. Johann Widmer
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Название: Die Damaszener-Rose

Автор: Johann Widmer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752991284

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СКАЧАТЬ hatte der Koch eine dicke Bohnensuppe, den Ful, gekocht und bevor die Sonne aufging, war die lange Karawane schon wieder auf dem Marsch. Hasan sass an diesem Tag schon etwas sicherer auf seinem Reittier und fürchtete sich fast nicht mehr vor dem Hinunterfallen, obschon der Boden immer noch gleich weit entfernt war, nämlich sehr, sehr weit unten. Er versuchte auch, wie er es bei seinem Meister sah, seine Beine über dem Kamelhals zu kreuzen, statt sie an den Seiten herunterbaumeln zu lassen, was nämlich für unwürdig und anfängerhaft gilt. Auch das Gehen fiel ihm heute schon etwas leichter, trotz geschwollener und blutiger Zehen. Kamelreiten heisst nämlich, dass man die eine Hälfte des Weges reiten kann und die andere zu Fuss gehen muss, damit das Dromedar sich nicht allzu sehr ermüdet und geschwächt wird.

      Hasan war froh, als der Karawanenführer am späten Nachmittag anhalten liess. Sie waren in ein breites Flusstal hinuntergestiegen, in dem zwar nur alle 50 Jahre einmal Wasser floss, aber da gab es viele grüne Büsche und Bäume, stachelige Hadsträucher, saftiggrüne Tamarisken und dornenbewehrte Akazienbäume; alles wahre Leckerbissen für Kamelgaumen.

      Die Kamele und die andern Lasttiere wurden von ihrer Packung befreit, an den Vorderbeinen derart gefesselt, damit sie nicht weit laufen konnten und dann liess man sie auf die grüne Pracht los, der sie sogleich übel zusetzten.

      Nach weiteren zwei sehr mühsamen Tagen, quer durch eine glühendheisse, topfebene schwarze Steinwüste ohne Brunnen und ohne Pflanzen, erreichte die Karawane die nächste Oase. Der Lagerplatz war im Schatten alter Palmen an einem kleinen See, unweit des südlichen Stadttores.

      Omar besuchte seine Geschäftsfreunde, um Waren zu kaufen und zu verkaufen und machte die Kaufleute mit Hasan bekannt, den er überall als seinen Nachfolger bezeichnete. Omar zeigte seinem Lehrjungen, wie man mit Geschäftspartnern ruhig, überlegt und mit endloser Geduld verhandelte, ohne aber das Ziel der Verhandlung je aus den Augen zu verlieren, wie man zäh am Preis der eigenen Waren festhielt, ohne aber dem Kunden die Hoffnung auf einen Preisnachlass zu nehmen, wie man den Preis einer zu kaufenden Ware drückte, ohne sie aber herabzuwürdigen, wie man dem Kunden schmeichelte, ohne aber plump zu werden. Er lehrte den Jungen auch, dass bei jedem Kauf oder Verkauf beide Teile das Gefühl haben mussten, sie hätten ein vorteilhaftes Geschäft getätigt, dass man mit schlechter Ware und mit Betrug nicht weit kam und andere wichtige Tricks des Handels.

      Hasan wurde von Omar in den Souks bekannt gemacht, besuchte mit ihm die Moschee und den Hammam, das Bad, wo im heissen Dampf oft auch noch wichtige Geschäfte ihren Abschluss fanden.

      Von hier weg marschierte die Karawane nach Süden. Es war der längste, mühsamste und gefährlichste Teil der Reise, den sie nun in Angriff nahmen. Man hatte noch einige junge Männer mit Gewehren angeheuert als Geleitschutz, denn man konnte ja nie wissen, was oder wer einem auflauerte. Die schwachen und ermüdeten Tiere wurden ersetzt, alle Tragriemen und Seile kontrolliert und die Ladungen so dicht wie möglich gepackt, damit sie weniger Raum einnahmen.

      Alle Kamele, auch die Reittiere wurden mit Futter und vor allem mit Wassersäcken, den Guerba beladen, die aus Ziegenfellen genäht waren. Diese Ledersäcke hatte man mit Pech bestrichen, um sie richtig wasserdicht zu machen. Das Wasser bekam dadurch einen ganz eigenartigen und eindringlichen Geschmack von Ziegenbock und Schusterpech, an den sich Hasan erst gewöhnen musste, aber wenn man so richtig Durst verspürte, so trank man auch diese scheussliche Brühe und wenn die Suppe allzu penetrant stank, so warf der Koch einfach soviel Fil fil, das ist der scharfe rote Pfeffer, ins Wasser, dass jeder Geschmack und Geruch einfach weggebrannt wurde.

      Am sechsten Tag der Reise trafen sie auf die erste Wasserstelle. Das Wasser war aber derart salzig, dass nicht einmal die Kamele davon trinken wollten. Der Karawanenführer hatte den sofortigen Weitermarsch befohlen, als in der Feme zwei Kamelreiter sichtbar wurden. Sie ritten eilig herbei, versicherten mit vielen Salams ihre friedliche Absicht und baten um Wasser, das man ihnen gab. Da sie den gleichen Weg hätten, wie sie erzählten, wollten sie die Karawane begleiten.

      Der Karawanenführer liess sie, sichtlich ungern, mitreisen, wollte aber ein scharfes Auge auf sie haben.

      Am nächsten Morgen waren die beiden spurlos verschwunden.

      Omar wurde unruhig. Am folgenden Abend reinigte er seine Pistole und zeigte Hasan, wie sie geladen und wie sie abgefeuert wurde. Auch die anderen Kaufleute schienen sich Sorgen zu machen.

      Nachts wurden Wachen aufgestellt, aber es blieb alles ruhig bis zum Morgen.

      Als sich die Karawane wieder in Bewegung setzen wollte, waren sie plötzlich da. Vielleicht fünfzig, vielleicht auch mehr schwarzblau verschleierte Männer auf weissen Rennkamelen, den Mehari, und mit langen Lanzen bewaffnet stürmten übermütig schreiend herbei. Eine Rezzou, ein Raubüberfall!

      Sofort herrschte ein grosses Durcheinander. Lanzen schwirrten durch die Luft, Schüsse krachten mit viel Rauch und Getöse, da war lautes Geschrei und viel Lärm, die Kamele gerieten in Panik und rissen brüllend aus, die Treiber liefen verstört irgendwohin oder warfen sich einfach zu Boden, die Kaufleute schossen donnernd und rauchend ihren Kugelvorrat leer und nach kurzer Zeit waren die Räuber absolute Herren der Situation.

      Viele der Kaufleute waren getötet oder schwer verwundet. Auch Omar lag am Boden, tot, von einer Lanze durchbohrt. Hasan kniete weinend neben ihm.

      Was sollte nun werden?

      Die Krieger bestatteten die Toten, wie es sich für Gläubige gehört und zogen dann eilig mit der erbeuteten Karawane in die Berge.

      Unterwegs begegneten die verschleierten Männer einem anderen Trupp ihrer Leute und berieten sich mit ihnen in einer Sprache, die Hasan nicht verstand. Die jungen Leute der Karawane wurden ausgesondert und mussten mit den neu gekommenen Räubern mit. Auch sie schienen es sehr eilig zu haben.

      Nach einem mehrstündigen Eilmarsch gelangten sie in ein Versteck, wo eine grosse Zahl von edlen Reitkamelen bereitstand. Auf denen ging es nun weiter, ohne Halt auch durch die ganze Nacht hindurch. Am Morgen erreichten sie ein Berggebiet. Die Landschaft war derart bizarr und seltsam, dass sich Hasan wie in einem Märchen vorkam. Gegen Mittag machten sie halt. Zum Essen gab es harte, trockene Datteln und eine einzige Schüssel voll Wasser musste dem brennenden Durst genügen .

      Trotz all der Aufregung schliefen alle bald ein und als sie geweckt wurden, war es bereits wieder Abend.

      Nachts ritten sie durch diese märchenhafte Bergwelt. Da war ein Wald von Steinsäulen, dann ein Märchenpalast, der im Mondschein silbrig glänzte, dann eine enge Schlucht auf deren Grund ein kleiner See, eine Guelta schimmerte, dann ging es über eine steinbesäte Ebene, mit Steinen, rund wie Kugeln und glänzend wie Edelstein, dann über eine schneeweisse Düne aus deren Kamm ein turmhoher Steinfinger ragte und schliesslich folgten sie einer engen und sehr tiefen Schlucht.

      Gegen Morgen gelangten sie in ein weites Tal, das von haushohen Steinblöcken übersät war zwischen denen riesige, tausendjährige Bäume standen, in deren Schatten die Hitze des Tages verschlafen wurde.

      Hasan hätte gern gewusst, wohin die Reise ging, aber ihre Entführer sprachen nie mit ihnen und unter seinen Leidensgenossen war auch niemand, der nur die leiseste Ahnung vom Reiseziel hatte. Sicher war nur eines: Es ging in die Sklaverei. Der Weg dorthin aber konnte weit sein, sehr weit sogar. Ein junger Kameltreiber schätzte, dass sie mindestens zwei Monate unterwegs sein würden, bis die, welche die Strapazen überlebten, ihr Leben in der Knechtschaft verbringen könnten. Wer reiche Eltern hatte, konnte sich vielleicht freikaufen, aber die anderen, so meinte er grinsend, könnten sich auf ein wahres Hundeleben gefasst machen.

      Für Hasan kam ein Freikaufen kaum in Frage, denn sein Vater hatte nichts und sein Beschützer und Wohltäter Omar war tot und...da überkam ihn plötzlich Heimweh, СКАЧАТЬ