Die Methode Cortés. Klaus M. G. Giehl
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Название: Die Methode Cortés

Автор: Klaus M. G. Giehl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Die Methode Cortés

isbn: 9783748560517

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СКАЧАТЬ ihren Kopf in die Tür steckte.

      Ob sie mich jetzt beißen würde? (Trotz ihres kleinen Kopfes hatte sie große Zähne!)

      Sie tat es nicht, sondern bat mich, in ihr Büro zu kommen. Auf dem Weg zu ihrem Zimmer hoffte ich, dass sie mich jetzt gleich in hohem Bogen hinauswerfen würde. – Langsam wollte ich zurück zu meiner Smuk! – Mein Hoffen erfüllte sich nicht.

      In ihrem Büro eröffnete mir Ming Li, sie habe überreagiert. Sie akzeptiere meine Entscheidung, hege aber tiefe Trauer darüber, dass meine „Fähigkeiten“ für die Wissenschaft verlorengingen. Ich war gerührt. Ming Li bat mich, wenigstens so lange bei ihr zu bleiben, bis ich das experimentelle Modell etabliert hätte, dessentwegen sie mich im vorigen Dezember in Marokko kontaktiert habe (siehe Band II: „Überraschungen“). (Madame hatte nach meiner Ankunft in St. Louis andere Prioritäten gesetzt. Deshalb war ich noch nicht dazu gekommen, an diesem Modell zu arbeiten.) Ich ging davon aus, dass ich zwei Monate benötigen würde, es zu etablieren, und weitere zwei, um es Ming Li oder einem Mitarbeiter so anzutrainieren, es selbstständig anwenden zu können. Ming Li und ich einigten uns daher darauf, dass ich bis Ende September in St. Louis bliebe.

      Sie wies mich darauf hin, dass ich mir die Sache mit meinem Weggang jederzeit anders überlegen könne. Ich wies Ming Li darauf hin, dass mein Entschluss feststehe. Sie solle sich also keine falschen Hoffnungen machen.

      Unsere Übereinkunft war fair. Ich richtete noch am gleichen Tag einen Raum für die geplanten Experimente her. Am folgenden Montag wollte ich mit ihnen beginnen.

      7 Kühle Winde

      Als ich an diesem Freitagabend nachhause fuhr, war ich mit meinem Tag zufrieden. Die Frühlingssonne strahlte, die Luft war rein, und ich fühlte mich ruhig und ausgeglichen. Die Fronten waren geklärt. Die Einigung, die ich mit Ming Li erzielt hatte, gab mir Zeit, mein Leben nach meiner Abreise aus St. Louis einzurichten. Wie genau sollte dieses Leben aussehen und was müsste ich dafür vorbereiten? Nun galt es, die Zeit zu nutzen, diese sicherlich wichtigen Fragen schnell und gut zu beantworten.

      Doch erst musste ich für das Wesentliche meines Wochenendes sorgen: Mein Kühlschrank war gefüllt, aber ich hatte keine Zigaretten mehr. Ich fuhr an eine Tankstelle, um diesen letzten verbleibenden Mangel auszugleichen.

      Die Kasse der Tankstelle befand sich rechts neben dem Eingang. Der Raum wirkte beengend und die vollgestopften Regale an den Wänden schienen jeden Augenblick in sich zusammenstürzen zu wollen. Ich richtete meinen Blick auf die Kassiererin (eine hochgewachsene Frau in Jeans und kariertem Hemd, die versonnen an ihrem langen Pferdeschwanz spielte) und blieb vor ihr stehen. Auf ihre Frage, was ich wünschte, antwortete ich „Zigaretten“ und bat sie, sich einen Moment zu gedulden. Ich wisse noch nicht, welche.

      Das war für mich gelegentlich ein Problem. Ich hatte keine feste Marke und entschied normalerweise spontan, wonach mir gerade zumute war. Manchmal aber, wie jetzt, hatte ich Schwierigkeiten, zu entscheiden. Die Auswahl in dem Regal hinter der Dame war allerdings wirklich groß! Während mein Blick zweifelnd über die Schachteln strich, schien mich die Dame zu beobachten. Zumindest glaubte ich, ihren Blick zu spüren, was mich aber nicht störte, denn ich bin nun einmal ein attraktiver Mann und war daran gewöhnt, dass sich die Damenwelt um mich riss und manche gar an mir „vergingen“ wie Fliegen in einem Glas offenen Honig.

      Schließlich hatte ich mich entschieden (das Hellblau der „Player’s“ hatte mich am meisten angesprochen) und wollte meinen Wunsch verbalisieren, da schüttelte es die Dame hinterm Tresen und sie hielt sich an diesem fest, als wehrte sie sich, in sich zusammen zu sinken. Ich wunderte mich und sie sagte, fast entsetzt:

      „Holy Shit! Mir ist auf einmal eiskalt. Ist draußen der Winter eingebrochen?“

      „Nein“, lächelte ich, „Draußen ist es angenehm warm.“

      „Unglaublich!“, schüttelte sie, sich fangend, den Kopf, „Mir ist es gerade eiskalt den Rücken herunter heruntergelaufen, als stünde ein Gespenst hinter mir und würde mir darüber blasen.“

      „Liebe Frau, das steht nicht hinter, sondern vor ihnen!“, lachte ich, auch, um ein wenig das Verfängliche aus der Situation zu nehmen, denn offensichtlich war, dass ich die Dame überwältigt haben musste. (Wie bereits angedeutet ist meine Wirkung auf viele Frauen vehement, um dies gelinde zu formulieren. Aber egal. Die Frau jedenfalls antwortete auf meinen „kleinen Scherz“:)

      „Sie sind lustig! Nein, wirklich. Ich dachte eben, mir fährt ein Gespenst mit seiner kalten Hand über den Rücken.“

      Mir gefielen die metaphorischen Gaben dieser Dame und ich war versucht, ihr vorzuschlagen, mit meinem warmen Händchen liebend gern ein sensorisches „Gegenfeuer“ zu legen, wo auch immer sie dies wünsche (die Frau sah in der Tat gut aus; hellbraune Haare, bezaubernde Brüste und überaus stramme Schenkel). Ich beließ es aber bei meinem initialen Scherz und fragte sie schlicht, ob sie sich wieder beruhigt habe oder ob ich sie gleich reanimieren müsse. Säuerlich das Gesicht verziehend bejahte sie den ersten und verneinte den zweiten Teil meiner Frage – und präsentierte mir die Rechnung, nachdem ich meine „Players“ letztlich geordert hatte. Mit Vergnügen zahlte ich, sah der Dame noch ein letztes Mal auf diesen prachtvollen Schritt (begnadet, einfach begnadet!), und verabschiedete mich schweren Herzens.

      Im Wagen zündete ich mir eine Zigarette an und fuhr los. Wie immer hatte ich das Fenster offen und die Klimaanlage auf höchste Stufe gestellt. Ich mochte es, von vorne kühl beblasen zu werden. Doch als ich so genüsslich an meiner Zigarette zog und langsam und kühl behaucht in meinem „Crown Victoria“ über die Straßen schwebte, lief es mir auf einmal kalt den Rücken herunter. Ich hatte an Cortés denken müssen, und an meine Kündigungen. An die Kündigung heute. Und an die Kündigung damals, 2005, als ich in Austin verlassen hatte.

       Wie es aussah, hatte ich das Schiff meines Berufes wirklich gründlich verbrannt, damals, 2005. Nichts mehr zu retten war dann gewesen! Hatte ich jetzt, mit meiner Kündigung bei Ming Li, schon wieder ein Schiff verbrannt? Das Schiff, das mir die letzte Möglichkeit hätte geben können, in meinen Beruf zurückzukehren?

      Ich warf meine Zigarette aus dem Fenster und zündete mir eine neue an.

       Nein. Das war nicht vergleichbar. Damals hatte ich meinen Beruf als unabhängiger Forscher geschmissen. Jetzt hatte ich nur folgerichtig gehandelt, nachdem ich verstanden hatte, dass im zweiten Glied zu forschen nichts für mich sei, und in eine unabhängige Position zurückzukehren mir unmöglich bleiben würde. Mein jetziger Entschluss war also lediglich die notwendige Konsequenz aus einer Reihe von Ereignissen –, die mir die Anwendung der Methode Cortés „beschert“ hatte.

      Ich inhalierte den Rauch meiner Zigarette tief.

      Hatte mir die Methode Cortés wenigstens etwas Positives gebracht? Einen Benefit? Ja, wie ich vor kurzem festgestellt hatte: Sie hatte mich meiner eigentlichen Essenz näher gebracht: der Freiheit. Das Kalte war verschwunden, doch meine Zigarette schmeckte schal. Ich warf auch sie aus dem Fenster und dachte: Und die solltest du jetzt genießen: Deine Freiheit!

      Endlich zuhause bereitete ich mir ein köstliches Abendessen: Lachsbaguette mit Kaviar, Paté–Schnitten mit Olivencreme und Kapern, als Beilage einen herrlich überreifen Cœur de Lion und einen exquisiten spanischen Cava. Zur optischen Untermalung meines Dîners sah ich mir auf „Google Earth“ einige meiner Reiseziele an. Klar war, dass mein weiteres Leben eine Reise werden würde.

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