Название: Kapitalmarkt Compliance
Автор: Karl Richter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447035
isbn:
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In der Praxis sind damit sämtliche – börsliche wie außerbörsliche – Erwerbs- und Veräußerungsgeschäfte erfasst, die innerhalb der üblicherweise im jeweiligen Markt als sofortige Lieferung akzeptierten Fristen zu erfüllen sind.[177] Je nach Ausgestaltung der Lieferbedingungen fällt ein Rechtsgeschäft entweder unter ein nach § 33 WpHG zu meldendes Geschäft oder unter ein nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG zu meldendes Geschäft (Instrumente mit Erwerbsmöglichkeit), sodass das praktische Problem einer doppelten Meldepflicht für ein und dasselbe Geschäft entfällt. Die Meldepflicht nach § 33 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 WpHG gilt nur für die Fälle, in denen der Eigentumswechsel bereits eingeleitet worden ist und unmittelbar bevorsteht.[178]
b) Besondere Sachverhalte
aa) Einzelrechtsnachfolge
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Für Rechtsgeschäfte zur Übertragung von Aktien ist die Ausgestaltung des Kausalgeschäfts maßgebend: Eine Schwellenberührung (Überschreiten oder Erreichen) für den Erwerber von mit Stimmrechten verbundenen, bereits ausgegebenen Aktien liegt vor, wenn dieser einen unbedingten und sofort zu erfüllenden Anspruch auf Übertragung dieser Aktien hat. Beim Verkäufer von Aktien liegt die Schwellenberührung (Unterschreiten oder Erreichen) vor, wenn er eine entsprechende Verpflichtung zur Übertragung hat.[179] Ist ein Verpflichtungsgeschäft über stimmberechtigte Aktien nichtig, so verändert es auch den Stimmanteil nicht und kann insoweit auch nicht zu einer Schwellenberührung i.S.v. § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG führen. Die (bloße) Anfechtbarkeit ändert an der Wirksamkeit eines unbedingten und sofort fälligen Anspruchs auf Aktienübertragung zunächst nichts. Wird berechtigterweise die Anfechtung erklärt, fällt das Aktieneigentum an den Veräußerer zurück. Es werden damit zweimal Mitteilungspflichten ausgelöst.[180]
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Verzögert sich der Vollzug des Aktienerwerbs bzw. der Aktienveräußerung unbeabsichtigt, so ändert sich am Vorliegen eines auf Übertragung gerichteten unbedingten und ohne zeitliche Verzögerung zu erfüllenden Anspruchs bzw. einer entsprechenden Verpflichtung zunächst nichts. Sollten sich beim Vollzug längere Verzögerungen ergeben, so ist ggf. eine Stimmrechtsmitteilung nach § 33 Abs. 1 WpHG zu korrigieren bzw. zurückzunehmen und eine solche nach § 38 WpHG zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Erwerbs/der Veräußerung abzugeben.[181] In derartigen Fälle empfiehlt sich eine Abstimmung mit der BaFin.
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Wenn in dem Erwerbs- oder Veräußerungsvertrag eine zeitliche Befristung für den Erwerb vorgesehen ist, liegt auch mit dem Wegfall etwaiger weiterer Bedingungen (wie einer Kartellfreigabe) zwar ein unbedingter Anspruch auf die Aktienübertragung vor, aber noch kein „ohne zeitliche Verzögerung“ zu erfüllender Anspruch. Daher liegt ein „Gehören“ nach § 33 Abs. 3 WpHG erst nach Ablauf der vereinbarten Frist vor und fällt mit dem avisierten dinglichen Erwerb der Aktien zusammen.[182]
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Im Fall von Erwerbs- oder Veräußerungsgeschäften, die unter Kartellvorbehalt stehen, liegt kein unbedingter Anspruch auf Erwerb von Stimmrechten vor, so dass diese Verträge grundsätzlich nicht von § 33 Abs. 3 WpHG erfasst sind.[183] Hier bleibt es bei der Mitteilungspflicht nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG.
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Bei Namensaktien hat die Eintragung im Aktienregister zwar Bedeutung für die Frage, wer im Verhältnis zur Gesellschaft gem. § 67 Abs. 2 AktG als Aktionär gilt. Sie hat aber keine konstitutive Wirkung für den Eigentumsübergang. Insoweit ist auch nur von einem unbedingten und sofort erfüllbaren Anspruch auf Übertragung auszugehen. Sofern Namensaktien vinkuliert sind, geht das Aktieneigentum erst mit Zustimmung des zuständigen Organs auf den Erwerber über. Hier liegt daher kein unbedingter Anspruch auf Aktienübertragung vor, solange die Zustimmung noch nicht erteilt ist.
bb) Kapitalerhöhungen und Kapitalherabsetzungen
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Kapitalerhöhungen gegen Einlagen sowie Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln werden erst mit der Eintragung der Durchführung im Handelsregister wirksam. Erst mit der Eintragung entstehen damit Stimmrechte (§§ 189, 211 AktG) bzw. gehen unter (§ 224 AktG). Mit der Eintragung der Kapitalerhöhung ins Handelsregister entstehen die Mitgliedschaftsrechte und Stimmrechte unmittelbar beim Erstzeichner der Aktien. Zum Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalerhöhung entstehen daher Mitteilungspflichten, sofern relevante Schwellen durch eigene Zeichnung erreicht oder überschritten oder – im Falle der Verwässerung – unterschritten werden.[184] Bezogene Aktien sind grundsätzlich bereits ab der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung und unabhängig von ihrer Einbuchung im Depot des Aktionärs als Stimmrechte des betreffenden Aktionärs zu berücksichtigen (entweder nach § 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG oder bereits nach § 33 Abs. 3 WpHG).[185]
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Für Investoren, die neue Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung über Emissionsunternehmen zeichnen, ist es unter Umständen schwer ermittelbar, ob zum Zeitpunkt der Entstehung der neuen Aktien mit Eintragung in das Handelsregister ein unbedingter und sofort zu erfüllender Anspruch auf Aktienlieferung gegenüber dem Emissionsunternehmen besteht. Vor diesem Hintergrund gestattet die BaFin, dass die Investoren für das Datum der Schwellenberührung auf den Zeitpunkt der Einbuchung der neuen Aktien auf ihrem Depot (Zeitpunkt der sachenrechtlichen Eigentumserlangung) abstellen.[186] Nach Ansicht der BaFin besteht im Zeitraum zwischen Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung und der Depoteinbuchung auch keine Mitteilungspflicht nach § 38 Abs. 1 WpHG für die Investoren.[187]
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Bei der bedingten Kapitalerhöhung erhöht sich das Grundkapital gem. § 200 AktG mit Ausgabe der Bezugsaktien. Die später erfolgende Eintragung ins Handelsregister nach § 201 AktG hat nur deklaratorische Wirkung. Damit ändern sich das Grundkapital und die Gesamtzahl der Stimmrechte mit jeder weiteren Aktienausgabe, die damit allein für nach § 33 Abs. 1 WpHG mitzuteilende Stimmanteilsveränderungen relevant ist.[188] Ggf. muss der Meldepflichtige beim Emittenten nachfragen, wann die Ausgabe wie vieler Aktien erfolgte, um das genaue Datum der Schwellenberührung zu ermitteln.[189]
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Kapitalherabsetzungen werden mit Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses in das Handelsregister wirksam. Bei der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien ist das Grundkapital mit der Eintragung des Beschlusses oder wenn die Einziehung der Aktie nachfolgt, mit der Einziehung herabgesetzt (§ 238 AktG). Erst damit gehen die betroffenen Stimmrechte unter (§ 224 AktG). Bei der Kapitalherabsetzung werden zum Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister durch die Reduktion der Gesamtzahl der Stimmrechte ggf. Schwellen überschritten.[190]
cc) Umwandlungen
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Bei Umwandlungen nach dem UmwG ist die Umstrukturierung des Kapitals ebenfalls an bestimmte Handelsregistereintragungen geknüpft. In den Umwandlungsfällen folgt weder aus etwa zu schließenden Umwandlungsverträgen noch aus Beschlüssen der Gesellschafter ein unbedingter und ohne zeitliche Verzögerung zu erfüllender Anspruch oder eine entsprechende Verpflichtung als meldepflichtiges Kausalgeschäft, so dass der Zeitpunkt des materiellen Rechtsübergangs maßgeblich ist.[191] Folgende Fallgestaltungen sind denkbar:
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Wird ein Inlandsemittent im Wege der Verschmelzung zur Aufnahme gem. § СКАЧАТЬ