Название: Internationales Strafrecht
Автор: Robert Esser
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Praxis der Strafverteidigung
isbn: 9783811448100
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Mit der Individualbeschwerde (Art. 34 EMRK) kann dagegen jeder Einzelne, jede Personenvereinigung und jede nichtstaatliche Organisation den Gerichtshof wegen der Verletzung eines in der Konvention oder einem Zusatzprotokoll gewährleisteten Rechts anrufen (zur Parteifähigkeit im Detail siehe Rn. 101).
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Die Einholung eines abstrakten Gutachtens zu verfahrensrechtlichen Fragen durch den EGMR ist nur auf Antrag des Ministerkomitees möglich (Art. 47-49 EMRK). Weder die EMRK noch die VerfO des EGMR sehen vor, dass ein nationales Gericht oder eine betroffene Person dem Gerichtshof eine Fragestellung, die für ein auf nationaler Ebene anhängiges Verfahren entscheidungserheblich ist, zur Entscheidung vorlegen kann.[33] Dass die EMRK in ihrem Kontrollsystem kein Vorabentscheidungsverfahren kennt, ergibt sich schon aus dem Erfordernis der nationalen Rechtswegerschöpfung vor Anrufung des EGMR (siehe Rn. 148).
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Durch das Protokoll Nr. 16 zur EMRK vom 2.10.2013 (CETS 214) können die Staaten ihren obersten Gerichten („highest courts and tribunals“) künftig die Möglichkeit einräumen, dem Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung konkrete Rechtsfragen betreffend die Auslegung der Konvention und ihrer Protokolle anlässlich einer bei ihnen anhängigen Rechtssache vorzulegen. Zuständig für die Erstellung dieser advisory opinions wird die GK sein (Art. 2 Nr. 2 des 16. P-EMRK); den advisory opinions wird jedoch keine Bindungswirkung zukommen (Art. 5 des 16. P-EMRK).
Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › A. Einführung › V. Zugänglichkeit der Rechtsprechung des EGMR
V. Zugänglichkeit der Rechtsprechung des EGMR
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Sämtliche Urteile und Entscheidungen[34] des EGMR seit 1960 – und zahlreiche Entscheidungen der EKMR aus dem Zeitraum von 1955 bis 1998 – sind in der zentralen Datenbank (HUDOC) auf der Homepage des Gerichtshofs zugänglich (www.hudoc.echr.coe.int). Neben einer Schnellsuche ist dort eine Eingabemaske eingerichtet, die eine spezifizierte Suche nach einzelnen Urteilen und Entscheidungen des EGMR ermöglicht. Der als Download bereitgestellte HUDOC User Manual[35] enthält Hinweise für die verschiedenen Suchfunktionen und -kriterien. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs ist auch auf CD-ROM erhältlich.[36]
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Eine Zusammenfassung der aktuellen Entwicklung der Straßburger Rechtsprechung bieten die Jahresberichte (Annual Reports) und die monatlich auf der Homepage des EGMR (www.echr.coe.int) unter der Rubrik Case-Law – Case-law Analysis bereitgestellten Rechtsprechungsübersichten (Case-Law Information Notes) und Presseberichte zu einzelnen Fällen (Press Releases), die über HUDOC abgerufen werden können.
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Die zwischen 1960 und 1995 ergangenen Urteile des EGMR sind in englischer und französischer Sprache in der amtlichen Sammlung (Publications of the European Court of Human Rights – Series A) erschienen. In den seit 1996 erschienenen Sammelbänden (Reports of Judgments and Decisions – ECHR) sind ausgewählte Urteile und Entscheidungen des Gerichtshofs enthalten (vgl. Rule 78).
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Regelmäßige und unregelmäßige Übersichten zur Rechtsprechung des EGMR erscheinen in der NStZ[37], in der ÖJZ[38] und bis 2008 im GYIL[39]. Einige Urteile und Entscheidungen – insbesondere die Deutschland betreffende Judikatur – sind zudem über die Internetseite des BMJV[40] und seit einiger Zeit auch unmittelbar über HUDOC in einer nichtamtlichen deutschen Übersetzung durch das BMJV zugänglich.[41]
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Ein Fundstellenverzeichnis der in deutschsprachigen Rechtszeitschriften veröffentlichten Urteile ist unter www.egmr.org (keine offizielle Seite des Gerichtshofs) eingestellt.
Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › A. Einführung › VI. Arbeitsbelastung des Gerichtshofs
VI. Arbeitsbelastung des Gerichtshofs
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Vor allem auf dem Gebiet des Strafverfahrensrechts hat der EGMR dank der zahlreichen, aus unterschiedlichen nationalen Strafverfahrensordnungen stammenden Individual-Beschwerden im Laufe der Jahre europäische Mindeststandards herausbilden können.[42] Diese positive Entwicklung ist auf das Verfahren der Individualbeschwerde (Art. 34 EMRK) zurückzuführen, dem inzwischen – über die primäre Gewährleistung eines individuellen Menschenrechtsschutzes hinaus – mittelbar auch eine objektive Rechtsschutzfunktion zukommt.
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Statistiken und Tätigkeitsberichte des EGMR aus den letzten Jahren sind ebenso beeindruckend wie besorgniserregend.[43]Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Zahl der verkündeten Urteile (993)[44] im Jahr 2016 erstmals wieder gestiegen (2015: 823; 2014: 891; 2013: 916; 2012: 1.093; 2011: 1.157; 2010: 1.499; 2009: 1.625; 2008: 1.543; 2007: 1.503; 2006: 1.560; 2005: 1.105; 2004: 718; 2003: 703; 2002: 844; 2001: 888; 2000: 695; 1999: 177).
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36.579 Beschwerden wurden 2016 als unzulässig verworfen oder aus dem Register gestrichen (2015: 43.133; 2014: 83.675; 2013: 89.737; 2012: 86.201; 2011: 50.677; 2010: 38.576; 2009: 33.065; 2008: 30.163; 2007: 27.033; 2006: 28.159; 2005: 27.613; 2004: 20.350; 2003: 17.272; 2002: 17.868; 2001: 8989; 2000: 6776; 1999: 3520).
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Durch die hohe Rate an Unzulässigkeitserklärungen gelang es dem EGMR im Jahr 2012 erstmals, die Zahl der anhängigen Beschwerden abzubauen, um insgesamt 16 %. Die Zahl der anhängigen Individualbeschwerden lag am 31.12.2011 bei 151.600 Beschwerden, am 31.12.20012 nur noch bei 128.100 (gezählt werden nur diejenigen СКАЧАТЬ