Название: AGB-Recht
Автор: Martin Schwab
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Recht in der Praxis
isbn: 9783811455337
isbn:
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Der zugleich abgeschlossene Wartungsvertrag könnte niemals an einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB scheitern; denn es fehlt an der dafür erforderlichen Gesetzesabweichung (§ 307 III 1 BGB): Es existiert keinerlei gesetzliche Vorgabe, unter welchen Umständen zugleich mit dem Kaufvertrag ein separater Vertrag über Serviceleistungen zustande kommen soll. Das Gesetz enthält somit keine Wertung des Inhalts, dass der Verkäufer es zu unterlassen habe, dem Käufer bei Gelegenheit des Kaufabschlusses einen entgeltlichen Vertrag über solche Nebenleistungen anzudienen. Wohl aber scheitert die Einbeziehung der Wartungsklausel an § 305c I BGB[3]. Nach dieser Vorschrift kann die vertragliche Geltung selbst von solchen Klauseln aberkannt werden, die sich in einer bloßen Beschreibung der Hauptleistungspflichten erschöpfen[4]. Eine überraschende Klausel ist im Beispiel 37 zu bejahen: Der Kaufvertrag ist ein punktueller Austauschvertrag. Kein Käufer muss damit rechnen, durch den Abschluss dieses Vertrags auch noch dauerhaft Serviceleistungen zu beziehen und damit ein Dauerschuldverhältnis mit dem Verkäufer zu begründen. Der Käufer geht vielmehr davon aus, Serviceleistungen nur dann in Anspruch zu nehmen, wenn er den Anlass für gegeben hält, und dann bei einem von ihm selbst ausgesuchten Unternehmen. Das kann der Verkäufer sein, muss es aber nicht. Dies alles hat mit der Frage, ob die Vereinbarung eines Wartungsvertrags inhaltlich angemessen ist, nichts zu tun: Entscheidend ist allein, welche Art von Vertragsbestimmungen der Käufer erwarten darf, wenn er einen Kaufvertrag der im Beispiel 37 bezeichneten Art abschließt.
3. Das Kompensationsverbot
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Wie bereits hervorgehoben (soeben Rn. 163), ist für den überraschenden Charakter einer AGB nicht entscheidend, ob sie den Klauselgegner unangemessen benachteiligt oder nicht. Konsequent wird eine überraschende Klausel selbst dann nicht Vertragsbestandteil, wenn die eventuell von ihr ausgehende Benachteiligung des Kunden durch anderweitige Vorteile für den Klauselgegner kompensiert wird[5].
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Wenn aber die überraschende Klausel für den Klauselgegner lediglich rechtlich vorteilhaft ist, wird sie Vertragsbestandteil. Ihrer Einbeziehung steht § 305c I BGB nicht entgegen[6]. Dies ist das Ergebnis einer teleologischen Reduktion der Vorschrift: § 305c I BGB will ausschließlich den Klauselgegner davor schützen, dass er Verpflichtungen eingeht oder seine vertraglichen Rechte in einer Weise beschneiden lässt, mit der er nicht rechnen konnte. Dagegen soll § 305c I BGB nicht den Verwender davor bewahren, von sich aus seinem Vertragspartner ungeahnte Vergünstigungen zu gewähren.
4. Abgrenzung zum Vorrang der Individualabrede
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Der Rückgriff auf § 305c I BGB ist überall dort entbehrlich, wo sich die Erwartungen des Kunden bezüglich des Vertragsinhalts in konkreten individuellen Vertragsabreden niedergeschlagen haben. Diese haben nämlich nach § 305b BGB Vorrang vor allgemeinen Geschäftsbedingungen.
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Beispiel 38
In einem formularmäßigen Kaufvertrag über einen Neuwagen heißt es: „Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren innerhalb einer Woche nach Ablieferung des Fahrzeugs“. K und V unterzeichnen einen solchen Kaufvertrag und daneben eine separate Erklärung, wonach V dem K drei Jahre lang für die Freiheit von jeglichen Mängeln garantiert.
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Eine Klausel, wonach Mängelansprüche bereits eine Woche nach Ablieferung der Kaufsache verjähren, ist gewiss überraschend. Aber dies erweist sich im Beispiel 38 als gänzlich unerheblich. Denn V und K haben durch Individualabrede eine dreijährige Garantie auf alle in dieser Zeit auftretenden Sachmängel vereinbart. Allein das zählt zwischen beiden Parteien. Die Formularklausel wird daher bereits nach § 305b BGB nicht Vertragsbestandteil. Auf einen eventuell überraschenden Charakter i.S.d. § 305c I BGB kommt es nicht mehr an. K hat im Beispiel 38 nicht nur eine dreijährige Garantie „erwartet“, er hat sie vielmehr darüber hinaus verbindlich abgeschlossen.
Anmerkungen
Soergel/Stein BGB, § 3 AGBG Rn. 1; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Lindacher/Hau AGB-Recht, § 305c BGB Rn. 3; i. E. Ebenso Schmidt ZIP 1987, 1505, 1506.
Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Schäfer AGB-Recht, § 305c Rn. 5; BeckOK/Schmidt BGB, § 305c Rn. 12.
Im Ergebnis ebenso MK/Basedow BGB, § 305c Rn. 11; BeckOK/Schmidt BGB, § 305c Rn. 15; Staudinger/Schlosser BGB, § 305c Rn. 18; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Schäfer AGB-Recht, § 305c Rn. 18.
BGHZ 109, 197, 200; 130, 150, 153 f.; OLG Düsseldorf WM 1984, 82, 83.
Näher dazu Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Schäfer AGB-Recht, § 305c Rn. 26.
Staudinger/Schlosser BGB, § 305c Rn. 4.
1. Persönlicher Geltungsbereich
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Der persönliche Geltungsbereich des § 305c I BGB unterliegt keinerlei Beschränkungen. Die Vorschrift gilt namentlich – anders als § 305 II BGB und anders als die besonderen Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB – auch gegenüber Unternehmern als Kunden (§ 310 I 1).
2. Sachlicher Geltungsbereich
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§ 305c I BGB gilt grundsätzlich für jeden Vertragstyp. Ausgenommen sind indes gemäß § 310 IV 1 BGB Verträge auf dem Gebiet des Familien-, Erb- und Gesellschaftsrechts sowie gemäß § 310 IV 3 BGB Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. СКАЧАТЬ