Название: AGB-Recht
Автор: Martin Schwab
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Recht in der Praxis
isbn: 9783811455337
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Wird eine Klausel nachträglich einvernehmlich geändert, so mutiert sie in der geänderten Form ebenfalls nicht zwangsläufig zur Individualabrede. Wenn nämlich der Verwender zu verstehen gibt, dass er am gesetzesfremden Kerngehalt der Klausel nicht rütteln will und allenfalls zu einer Abschwächung ihres Inhalts bereit ist, setzt sich der AGB-Charakter in der geänderten Fassung fort[20]. Soll also die Klausel in den Rang einer Individualabrede einrücken, muss der Verwender, wenn AGB später geändert werden, abermals bereit sein, deren Inhalt ernsthaft zur Disposition zu stellen[21]. Es gelten mit anderen Worten uneingeschränkt die soeben Rn. 130 ff. beschriebenen Grundsätze.
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Eine Individualabrede wurde aber im Fall einer vorformulierten Klausel angenommen, wonach der andere Teil sich entscheiden konnte, gegen einen Preisnachlass auf bestimmte gesetzliche Rechte zu verzichten[22]: Hier habe es allein in der Entscheidungsgewalt des anderen Teils gelegen, ob er den ihm durch das dispositive Gesetzesrecht gewährleisteten Schutzstandard in Anspruch nehmen oder sich aber bestimmte gesetzliche Rechte gewissermaßen „abkaufen“ lassen wolle. Entscheide sich der Kunde für letzteres, so handle es sich um eine Individualabrede; eine Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB finde folglich nicht statt.
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Wenn ein Vertragsteil ein Vertragsformular aus dem Internet herunterlädt, dem anderen Vertragsteil vorlegt und dieser sein Einverständnis signalisiert, wird das Formular nicht etwa allein schon deshalb zur Individualabrede. Denn wenn der andere Vertragsteil zustimmt, dass das Formular dem Vertragsschluss zugrunde gelegt werde, bedeutet dies nicht mehr als das zur Einbeziehung ohnehin erforderliche Einverständnis des anderen Vertragsteils[23]. Wohl aber liegt eine Individualabrede vor, wenn der eine Vertragsteil die Verwendung eines Formulars anregt und der andere Teil Gelegenheit erhält, eigene Klauselvorschläge in den Vertrag einzuführen[24]. Ebenso ist eine Individualabrede gegeben, wenn die Parteien sich im Vorfeld des Vertragsschlusses darauf verständigen, dass sie auf einen bereits vorfindbaren Fundus von marktgängigen Vertragsformularen zurückgreifen möchten, sich darauf verständigen, wer das Formular aussuchen soll, und anschließend die eine Seite den Formularvorschlag der anderen Seite billigt: In einer solchen Situation hatten beide Parteien eine gleichwertige Chance, auf die Auswahl des Formulars Einfluss zu nehmen[25]. Entscheidend für das Vorliegen von AGB ist also, dass diejenige Partei, welche die Verwendung eines solchen Formulars vorschlägt, dem Gegner die Vertragsbedingungen einseitig auferlegt und auf diese Weise einseitig Gestaltungsmacht in Anspruch nimmt[26]. Nicht entscheidend ist demgegenüber, ob der Vertragsteil, der die Verwendung des Formulars anregt, dem anderen Vertragsteil wirtschaftlich überlegen ist[27].
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Wenn der Verwender bei einem einzelnen Vertragsschluss tatsächlich die Klausel in erforderlicher Weise zur Disposition gestellt hat und später einen weiteren gleichartigen Vertrag mit dem Kunden schließt, so ist die Klausel in diesem zweiten Vertrag AGB, wenn der Verwender sie nicht erneut zur Disposition stellt; denn der Kunde kann nicht ohne weiteres ermessen, ob die Bereitschaft des Verwenders zur Verhandlung über die Klausel noch fortbesteht. Es ist hier Aufgabe des Verwenders, seine Verhandlungsbereitschaft nochmals ausdrücklich klarzustellen[28]. Und schließlich ist zu beachten, dass der Verwender nicht etwa den gesamten Formularvertrag in eine Individualabrede verwandeln kann, indem er eine einzige Klausel zur Disposition stellt. Vielmehr ist die Frage, ob die Voraussetzungen einer Individualabrede erfüllt sind, für jede einzelne Klausel gesondert zu prüfen. In einem einheitlichen Vertragswerk können also einzelne Klauseln Individualabreden und andere Klauseln wiederum AGB sein[29]. Es genügt folgerichtig auch nicht, wenn der Verwender seinem Vertragspartner das Klauselwerk insgesamt vorlegt und die allgemeine Bereitschaft äußert, Vertragsklauseln auf Anforderungen des Vertragspartners zu ändern[30]; vielmehr muss sich die Verhandlungsbereitschaft auf konkrete Klauseln beziehen. Der BGH hat es für eine Individualabrede nicht einmal ausreichen lassen, dass der Kunde durch einen vorgedruckten Vermerk auf dem Formular aufgefordert wurde, nicht gewollte Klauseln zu streichen[31] bzw. dem Verwender Anmerkungen und Änderungswünsche mitzuteilen[32]. Bleiben einzelne Klauseln nach einem solchen allgemeinen Hinweis des Verwenders unverändert bestehen, mutieren sie auch nicht dadurch zu Individualabreden, dass andere Klauseln tatsächlich geändert wurden[33].
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Im jüngeren Schrifttum findet sich freilich die Tendenz, Paketlösungen, bei denen der Verwender an einigen Stellen auf seinen AGB beharrt, dafür aber an anderen Stellen Kompromisse eingeht, generell als Individualabrede anzusehen[34]. Es wird sogar ins Feld geführt, dass das Merkmal des Aushandelns niemals nur für eine einzige Klausel, sondern immer nur in Bezug auf das gesamte Vertragswerk erfüllt werden könne. Aushandeln bedeute Geben und Nehmen[35]. Diesen Ansichten kann jedoch nur unter der Voraussetzung zugestimmt werden, dass der Verwender bezüglich sämtlicher Klauseln grundsätzlich kompromissbereit war. Es ist nämlich daran zu erinnern, dass die Anwendung der §§ 305 ff. BGB dem Verwender nur schaden kann, soweit er Klauseln verwendet, welche das ausgewogene Gefüge von Rechten und Pflichten im Vertrag in Frage stellen. Beharrt der Verwender auf einer solchen Klausel, nimmt er insoweit einseitig Gestaltungsmacht in Anspruch und verdient es nicht, vor den aus §§ 305 ff. BGB resultierenden Konsequenzen geschützt zu werden. Immerhin mag in Extremfällen das Klauselwerk insgesamt – und auch bezüglich nicht näher besprochener Klauseln – als Individualabrede einzustufen sein; so etwa, wenn über das Vertragswerk 45 Stunden lang verhandelt worden war[36].
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Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung[37] besteht auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr kein Anlass, an das „Aushandeln“ von Vertragsbedingungen i.S.d. § 305 I 3 BGB weniger strenge Anforderungen zu stellen. Namentlich erscheint es unhaltbar, allein schon aus dem Vertragsschluss in Kenntnis der AGB zu folgern, der Kunde habe diese in seinen rechtsgeschäftlichen Gestaltungswillen aufgenommen[38]. Der Vertragsschluss in Kenntnis der AGB besagt zunächst nichts weiter, als dass der Kunde mit der Geltung der AGB einverstanden ist; dies ist selbst unter Kaufleuten zwingende Voraussetzung der Einbeziehung von AGB in den Vertrag (unten Teil 2 Rn. 108). Würde СКАЧАТЬ