Transkulturelle Kommunikation. Andreas Hepp
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Название: Transkulturelle Kommunikation

Автор: Andreas Hepp

Издательство: Bookwire

Жанр: Социология

Серия:

isbn: 9783846340356

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СКАЧАТЬ dargestellt wird bzw. wie diese in ihrer Beziehung zueinander zu sehen sind. Letztlich handelt es sich hierbei – und dies begründet ihre Auswahl – um die drei in einer rückblickenden Betrachtung greifbar werdenden primären Bereiche der Diskussion: um grenzüberschreitende und grenzziehende Kommunikation, in denen der Begriff der transkulturellen Kommunikation bzw. der Transkulturation Verbreitung fand und in deren Zusammenkommen sich transkulturelle Kommunikation als ein Ansatz konstituiert hat. Hierbei zeichnet sich jedes der drei Diskursfelder als Zugang zu transkultureller Kommunikation durch eine unterschiedliche Akzentsetzung aus, die gleichwohl eine wichtige Komponente des Ansatzes der transkulturellen Kommunikation bedeutet: Dies ist die historisierende Zugangsweise im Diskussionsfeld der transkulturellen Kommunikation als Folge einer fortschreitenden Globalisierung der Medienkommunikation. Im Diskursfeld des Postkolonialismus ist dies das kritische Potenzial des Konzepts der Transkulturalität. Und bei der methodischen Diskussion geht es insbesondere um die Reformulierung des Instrumentariums der kulturübergreifenden[21] und kulturvergleichenden Medien- und Kommunikationsforschung. Solche unterschiedlichen Akzentsetzungen machen deutlich, warum es heuristisch sinnvoll ist, diese Diskursfelder voneinander zu unterscheiden. Gleichzeitig wird aber auch greifbar, inwiefern alle drei in einer Betrachtung von transkultureller Kommunikation zusammengehören: Erst die Gesamtheit der Kernaspekte dieser drei Diskursfelder macht den Ansatz der transkulturellen Kommunikation aus.

      Wichtig sind im Rahmen einer solchen Argumentation im Vorfeld aber auch je eine kurze Anmerkung zum Kultur- und Kommunikationsbegriff. Der Kulturbegriff des Ansatzes der transkulturellen Kommunikation ist in der Folge des von Jan Nederveen Pieterse (1998) so bezeichneten translokalen Kulturbegriffs einzuordnen. Diesen translokalen Kulturbegriff hat Nederveen Pieterse von einem territorialen Kulturbegriff abgegrenzt. Territoriale Konzepte von Kultur sind innenorientiert und endogen, fokussiert auf eine Organität, Authentizität und Identität von Kultur. Es geht also um Vorstellungen von Kultur als einem »funktionalen Organismus« – zumeist als Nationalkultur und bezogen auf nationale Gesellschaften. Translokale Konzepte von Kultur hingegen sind außenorientiert und exogen, fokussiert auf Hybridität, Übersetzung und fortlaufende Identifikation. Das Bild von Kultur ist ein anderes, das stärker deren Prozesshaftigkeit und Unabgeschlossenheit betont. In einem solchen Rahmen bewegt sich der Kulturbegriff des Ansatzes der transkulturellen Kommunikation. Deshalb wird hier davor gewarnt, den Begriff der Kultur unhinterfragt mit Vorstellungen von Nationalkulturen territorialer Staaten gleichzusetzen. Kultur hat zuerst einmal immer etwas mit alltagsweltlicher Bedeutungsproduktion zu tun. In Anlehnung an den britischen Sozial- und Kulturforscher Stuart Hall (2002) können wir darunter so viel wie die »Summe« der verschiedenen »Klassifikationssysteme« und »diskursiven Formationen« verstehen, auf die sich unsere alltagsweltliche Bedeutungsproduktion bezieht. Klassifikationssysteme sind letztlich Muster des systematischen Zusammenhangs von Zeichen (wobei der Zeichenbegriff hier in einem sehr weiten Sinne verstanden wird, also nicht nur sprachliche Zeichen meint). Diskursive Formationen sind weitergehende, musterhafte Konstellationen des Gebrauchs dieser Zeichen in sprachlichen und nicht-sprachlichen Praktiken. Es geht bei Kultur also immer auch um die Praxis, das »Doing« der Bedeutungsproduktion.

      In einem solchen Sinne werden im Weiteren Kulturen als Verdichtungsphänomene begriffen (siehe Hepp 2013a: 66–68). Damit ist gemeint, dass die vielen kulturellen Muster, die empirisch auftreten, für unterschiedliche Kulturen charakteristisch bzw. in der einen oder anderen Weise bei verschiedenen Kulturen zu finden sind. Entsprechend gehen Kulturen fließend ineinander über bzw. sind an ihren Rändern unscharf. Trotz solcher Unschärfen wird im Kern der Verdichtung einer Kultur greifbar, was diese charakterisiert, wodurch sie sich von anderen Kulturen unterscheidet. Wenn im Folgenden in diesem Zusammenhang dann nicht nur von Kultur sondern von Medienkultur gesprochen wird, bezeichnet dies all solche Kulturen, deren primäre Bedeutungsressourcen mittels technischer Kommunikationsmedien vermittelt werden und[22] die durch diese Prozesse auf unterschiedliche, je zu bestimmende Weisen »geprägt« werden. Medienkulturen sind also im Sinne unserer eingangs formulierten Definition durch Mediatisierung gekennzeichnete Kulturen. Und mediatisierte Welten sind diejenigen Ausschnitte des Sozialen, in denen sich Medienkulturen in der Alltagspraxis konkretisieren.

      Bezogen auf den Begriff der Kommunikation ist zu sagen, dass mit dem Ansatz der transkulturellen Kommunikation ein handlungs- bzw. praxistheoretischer Kommunikationsbegriff verbunden ist. Kommunikation bezeichnet entsprechend jede Form der symbolischen Interaktion, bewusst und geplant wie habitualisiert und situativ vollzogen (Reichertz 2009: 94). Das heißt, dass Kommunikation auf den Gebrauch von Zeichen verweist, die Menschen in ihrer Sozialisation erlernen und die als Symbole meist arbiträr sind, d. h., auf sozialen Regeln beruhen: Es gibt keinen natürlichen Grund, warum der Baum »Baum« heißt. Interaktion bezeichnet das wechselseitig aufeinander bezogene soziale Handeln von Menschen. Gemeint ist damit, dass Menschen aneinander orientiert etwas tun. Kommunikation ist grundlegend für die menschliche Wirklichkeitskonstruktion, d. h., wir »erschaffen« uns unsere soziokulturelle Wirklichkeit in vielfältigen kommunikativen Prozessen. Wir werden in eine Welt geboren, in der vor uns Kommunikation besteht, wir erlernen das, was diese Welt (und ihre Kultur) auszeichnet, in dem (kommunikativen) Prozess des Spracherwerbs, und wenn wir dann in dieser Welt handeln, so ist dies immer auch kommunikatives Handeln.

Folgen der Globalisierung

      In einem ersten Diskursstrang kommt der Ausdruck der transkulturellen Kommunikation als im weitesten Sinne zu verstehende Folge der Globalisierung (von Medienkommunikation) auf. Exemplarisch kann für den deutschen Sprachraum auf die Arbeiten des Soziologen und Kommunikationsforschers Horst Reimann (1992) verwiesen werden. Dieser versuchte, mit transkultureller Kommunikation die Spezifik der zunehmenden globalen Kommunikationsprozesse in einer »Weltöffentlichkeit« nachzuempfinden. Referenzpunkt ist dabei für ihn die Systemtheorie Niklas Luhmanns, die wegen des zumindest prinzipiell grenzüberschreitenden Charakters heutiger Kommunikation von der Existenz einer Weltgesellschaft ausgeht: Indem »immer weitere Kommunikationsmöglichkeiten […] sich nicht auf regionale Grenzen festlegen lassen« (Luhmann 1997: 150) und die Grenzen einer Gesellschaft in dieser Perspektive durch die Grenzen der anschlussfähigen Kommunikation bestimmt werden, kann von der Existenz einer Weltgesellschaft gesprochen werden. Diese ist durch vielfältige transkulturelle Kommunikationen gekennzeichnet.

      Mit ihrem Bezug zu den Cultural Studies und der europäischen Kulturphilosophie theoretisch ganz anders verortet sind die Veröffentlichungen der Kommunikationsund [23]Medienwissenschaftler Kurt Luger und Rudi Renger (1994), die ebenfalls mit dem Konzept der transkulturellen Kommunikation arbeiten (Luger 1994). In ihrer sich stark an den Philosophen Wolfgang Welsch anlehnenden Argumentation werden gleichwohl ebenfalls die Bezüge zur Globalisierungstheorie deutlich. Die Kernüberlegung ist, dass mit der Globalisierung an die Stelle von »Kulturen alten Zuschnitts« – also National- oder Regionalkulturen – diverse (neue) »Lebensformen« (Welsch 1992: 5) getreten sind: u. a. durch Markenkommunikation, globalisierte populäre Medieninhalte oder Werbung-gestützte Lebensstile. Transkulturalität ist dann ein Konzept, um solche Phänomene zu analysieren.

      Aber auch im englischsprachigen Raum ist der Begriff des Transkulturellen bereits früh stark mit Fragen der Globalisierung verbunden. Neben Ansätzen einer »transkulturellen Psychologie« (Kiev 1972) stehen hierfür sich auf praktische Fragen des Managements beziehende Publikationen. In diesen wird beispielsweise transkulturelle Kommunikation als Teil einer »transkulturellen Führung« (Simons et al. 1993) behandelt, die in durch Globalisierung gekennzeichneten Unternehmen notwendig wird. Transkulturell wird dabei definiert als »Verankert-Sein in der eigenen Kultur bei gleichzeitigen allgemein-kulturellen wie kultur-spezifischen Fähigkeiten, um effektiv in multikulturellen Umgebungen zu leben, zu interagieren und zu arbeiten« (Simons et al. 1993: 245). Noch deutlicher werden solche Bezüge in kommunikations- und medienwissenschaftlichen Publikationen. So macht der amerikanische Kommunikations- und Medienforscher James Lull – Bezug nehmend auf Néstor García Canclini (1995) – mit fortschreitender Globalisierung der Medienkommunikation eine Transkulturalisierung aus (Lull 2000: 242). Und auch der Kommunikations- und Medienwissenschaftler Marwan M. Kraidy (2005: 38–44) entwickelt sein Verständnis transkultureller СКАЧАТЬ