Название: Der Bienenleser
Автор: José Luis de Juan
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Alltagshelden
isbn: 9783949558023
isbn:
José Luis de Juan
Der Bienenleser
Aus dem Spanischen von
Silke Kleemann
Für meinen Vater
Die Bienen auf dem Kaisermantel sind für mich ebenso geheimnisvoll, wie sie es für Childerich in seiner Mottenkiste und für Napoleon selbst gewesen sein müssen, ebenso unverständlich wie die Rätsel des Salomon oder die Gleichnisse des Evangeliums. Wir können nur an der Hoffnung festhalten, daß wir eines Tages wissen werden, was die Bienen für das Geschick des großen Kaisers und unserer alten Welt bedeutet haben, die seit seinem Verschwinden stetig tiefer in die Finsternis hinabsinkt.
Léon Bloy
Das Märchen von N. kommt mir gerade so vor wie die Offenbarung des Johannes: Es fühlt ein jeder, daß noch etwas drin steckt, er weiß nur nicht was.
Johann Wolfgang von Goethe
Inhalt
1
Mein lieber Andrea,
Bonaparte hat gestern in Fontainebleau abgedankt. Mit dem Rücken zur Wand soll er versucht haben, mit gerade einmal zwanzigtausend Soldaten – vergeblich hatte er noch einmal so viele aus Italien angefordert –, auf Paris zu ziehen, wo ihn eine sichere Niederlage erwartet hätte. Die Generäle, allen voran MacDonald, haben ihm die nackten Zahlen vor Augen gehalten: eine halbe Million Männer standen gegen ihn.
Doch was jetzt zählt: Er hat Elba angenommen, im Gegenzug für alles andere, außer seinem Kaisertitel (Kaiser von Elba!), den zu verwenden ihm weiterhin gestattet ist. Er wird die Insel spätestens in einer Woche und noch vor diesem Brief erreichen, den ich dir heute mit Vittorini via Livorno schicke.
Wer hätte das gedacht! Über so viele Jahre haben wir seine Schritte voller Hingabe mitverfolgt, und nun kommt er in unsere Reichweite. Besser gesagt, in deine und die unserer Kameraden, denn ich bin mittlerweile zu weit weg. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bonaparte es lange auf Elba aushält. Kaum einer will glauben, dass sein Ehrgeiz, der Welt zu dienen, nun erloschen sei. Wie sollte ein Mann von vierundvierzig Jahren, der Europa mehr als ein Jahrzehnt lang in Schach gehalten hat, die endgültige Niederlage hinnehmen? Nein, das hier ist ein taktischer Rückzug. Er hatte keine andere Wahl. Und Elba, das kannst du dir denken, war für ihn die am wenigsten schlechte Lösung von allem, was ansonsten noch im Gespräch war.
Duvadier zufolge ging es um St. Helena und Nordamerika, und damit hätte man ihn für immer vom Schauplatz seiner Siege, aus seinem grenzenlosen Reich verbannt.
Gewiss kann man ihn auf deiner Insel engmaschig überwachen: wer ihn besucht, welche Informationen er erhält, wie er sich auf der Insel bewegt. Doch wenn wir unsere Trümpfe geschickt ausspielen, kann er innerhalb weniger Stunden in Italien sein, um einen Aufstand anzuführen, oder nach einer Tagesreise auf einem schnellen Schiff in den Häfen von Nizza oder Cannes einlaufen. Sein Aufenthalt auf Elba wird nicht von langer Dauer sein, da bin ich mir sicher. Wir müssen überlegt, aber rasch handeln.
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