Название: Abnehmen für hoffnungslose Fälle
Автор: Iris Zachenhofer
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783990014028
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Du hattest einen wirklich anstrengenden Tag.
Du hast dir etwas anderes verdient als fades Gemüse.
Sie werden ein bisschen unruhig, denn immerhin ist Ihr Plan gründlich überlegt. Sie fühlen sich nicht so recht wohl in Ihrer Haut. Eigentlich wäre es Unsinn, den Griechischen Salat zu essen, wenn Sie ihn gar nicht wollen, denken Sie. Vielleicht sollten Sie ihn gegen etwas anderes austauschen, so schlimm wird das wohl nicht sein.
Ihr Essensplan fällt Ihnen wieder ein, die Kalorienvorgaben, die Sie genau notiert hatten. Ihre Ziele, warum Sie diese Diät machen wollten. Der bereits gebuchte Strandurlaub.
Doch allmählich rückt das alles in den Hintergrund. Bald ist es unendlich weit weg, fast wie ein Traum, der immer mehr verblasst.
Ihre Sinne haben sich inzwischen geschärft. Der Döner-Stand an der Busstation ist Ihnen aufgefallen und der Duft aus der Bäckerei in Ihrem Viertel ist sehr verlockend.
Sie können nicht sagen, wann genau dieses Gefühl in Ihnen hochgekommen ist. Es kommt Ihnen auch gar nicht so sehr wie ein Gefühl oder gar wie Appetit oder Hunger vor. Vielmehr läuft in Ihnen eine rationale Diskussion ab. Sie stellen sich nun ziemlich offen die Frage, die Ihnen jedenfalls berechtigt erscheint, ob ein so mageres Abendessen für Sie heute wirklich das richtige sein kann. Ob da wirklich genügend Nährstoffe für Sie drin wären.
Sie hinterfragen Ihren Ernährungsplan und zweifeln ihn an. Es scheint Ihnen, dass er Ihr Arbeitspensum nicht berücksichtigt, ebenso wenig wie den Stress, den Sie gerade haben, und dass Sie heute am Abend am Computer noch Tabellen erstellen müssen und dafür mehr Energie benötigen werden, als Ihnen so eine magere Diätmahlzeit geben könnte.
Hunger haben Sie eigentlich nicht, stellen Sie fest, aber man wird ja wohl Einwände äußern dürfen, wenn man Zweifel hat, ob der Ernährungsplan wirklich ideal ist, überlegen Sie. Eine innere Stimme flüstert:
Du wirst nicht sterben, wenn du heute normal und erst morgen weniger isst. Heute ist einfach nicht der ideale Tag für dieses Programm, und wenn du den Umweg vorbei an der McDonald’s-Filiale gehst, hast du ein bisschen mehr Bewegung. Das ist doch auch wichtig, oder?
Dieses Gefühl, dieses Verlangen nach Essen, das Ihre Gedanken so manipuliert, ist keine Willensschwäche, sondern ein Symptom mit einem medizinischen Fachausdruck:
Craving.
Unter Craving (engl. Begierde, Verlangen) verstehen wir das (beinahe) unstillbare Verlangen nach einer Substanz, in unserem Fall nach Essen, genauer gesagt meistens nach fettem, süßem oder salzigem Essen.
Craving bewirkt Symptome wie einen massiven Anstieg der inneren Anspannung und oft auch körperliche Beschwerden wie Zittern oder Schwitzen.
Es ist nur logisch, dass wir unbedingt den unangenehmen Zustand, in den uns das Craving versetzt, beenden wollen. Der einfachste Weg ist es, wieder zu der Substanz zu greifen, der es geschuldet ist, möglichst süß, möglichst fett oder möglichst salzig zu essen. Kurzfristig bessert sich dadurch unser Wohlbefinden. Längerfristig schlittern wir allerdings immer weiter in unser Problem hinein.
Der Fall Sabine
Vielleicht haben Sie jetzt Zweifel. Craving beim Essen und Craving bei Heroinsucht oder Alkoholkrankheit – ist das wirklich vergleichbar? Wird da nicht etwas dramatisiert?
Schließlich ist es normal, Hunger zu haben. Die Evolution hat dem Menschen Hungergefühle gegeben, um sein Überleben zu sichern, sonst würden wir vielleicht verhungern, ohne es zu bemerken.
Und wo genau soll nun eigentlich der Unterschied zwischen Appetit, Hunger und Craving liegen? Was wollen diese Suchtmediziner von mir?
Der Auslöser für unsere Überlegungen und für unseren Entschluss, dieses Buch zu schreiben, war eine verunglückte Ratatouille.
Was ist passiert?
Die Sache ereignete sich in Südfrankreich, wo ich mich mit meiner Kollegin Marion für mehrere Wochen zur Arbeit an einem Bericht über Missstände an den neurochirurgischen Abteilungen europäischer Krankenhäuser traf. Wir hatten, um uns konzentrieren zu können, ein abgelegenes Haus gemietet und verschanzten uns dort mit Computern, Büchern und mehreren Ordnern voller Studien. An den Markttagen gingen wir ins nächste Dorf, um einzukaufen.
Wir kochten uns quer durch die südfranzösische Küche, um uns selbst wenigstens kulinarisch zu verwöhnen, wenn wir schon in der Sommerhitze arbeiten mussten. Wir kochten Muscheln mit Roséwein, Ratatouille, Fisch in Salzkruste, Crêpes mit Feigenmarmelade, Olivenkuchen, Huhn mit Fenchel, Aioli und Gemüseauflauf mit Ziegenkäse und ernährten uns sonst von Honigmelonen, Tomatensalat, Nizza-Salat und frischen Feigen.
Streber, denken Sie sich wahrscheinlich jetzt, was für superschlaue Weiber. Vielleicht kommen jetzt noch ein paar abgedroschene Tipps, um wieviel gesünder Biogemüse ist als normales, dass regionale Zutaten besser sind als eingeflogene und bla bla bla…
Und Sie sind schon knapp davor, auch dieses Buch wieder in die Ecke zu werfen oder sich einen Rücksendeschein auszudrucken. Denn Sie haben genug von den vielen Ernährungs- und Fitnessbüchern mit neumalklugen Ratschlägen, Rezepten, Übungen und vielleicht noch Bildern von gestylten Bloggerinnen, die sich im Sportdress bei Sonnenaufgang am Strand räkeln und Yoga-Übungen machen. Sie können es einfach nicht mehr hören und lesen, wie gesund Tomatensalat mit Schaf-, Ziegen- oder sonst welchem Käse ist.
Ich muss zu unserer Verteidigung sagen, dass Marion und ich diese Mahlzeiten einfach nur deshalb wählten, weil sie leicht verfügbar und unkompliziert zuzubereiten waren, und weil sie zum damaligen Zeitpunkt, mitten im Sommer, einfach am bekömmlichsten waren. Für Kalorien- oder Nährwertezählen hätten wir weder Zeit noch Lust gehabt.
Joghurt mit süßen, reifen Feigen aus dem Garten, Brombeeren, die neben der Bushaltestelle wuchsen und Trauben von den benachbarten Weingärten, das war das Allerbeste – so gut, dass sich aufwändige Zubereitungsmethoden erübrigten. Unsere intensive Arbeit, unsere täglichen kurzen Ausflüge an den Strand und unsere ausführlichen Gespräche sorgten dafür, dass wir darüber hinaus kaum ans Essen dachten.
Dass es auch Menschen gibt, die das ganz anders erleben konnten, wurde uns erst klar, als uns Sabine, eine ehemalige Kollegin, die wir beide sehr mochten, besuchte.
Sabine war etwas übergewichtig und ernährte sich daheim in Wien in erster Linie von allem, was sich liefern ließ. Wenn sie selbst kochte, musste es schnell gehen, deshalb verfügte sie immer über große Vorräte an Fertigprodukten aller Art. Sie wird glücklich sein, bei uns in Frankreich einmal etwas anderes als ihr industriell hergestelltes Zeug zu kriegen, dachte ich.
Da hatte ich mich getäuscht. Zu Beginn dachte ich noch, Sabine würde an einer leichten Verstimmung oder Reisekrankheit leiden, doch diese Symptome – vor allem ein leichter Unmut – steigerten sich binnen kurzer Zeit zu einer ständig üblen Laune, wobei sich ihre Kritik vor allem auf das Essen konzentrierte. Sabine entwickelte klassisches Craving mit allen Begleitsymptomen.
Es war Marion, die mich am dritten Tag von Sabines Besuch darauf aufmerksam machte. „Sie hat einen Entzug“, sagte sie. „Schau, wie sie ständig nach etwas Essbarem sucht. Die wirkt wie eine Drogensüchtige.“
Sabine konnte sich nie für die Feigen, Melonen, Marillen, Holzofenbaguettes, СКАЧАТЬ