Zwischen Zuversicht und Zweifel. Albert Damblon
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Название: Zwischen Zuversicht und Zweifel

Автор: Albert Damblon

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 9783429061630

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СКАЧАТЬ ist für unsere Ohren Auferstehung missverständlich. Unser Osterbekenntnis klebt an dem einen Wort: aufstehen. Umgangssprachlich meint aufstehen den Übergang von einer liegenden zu einer stehenden Haltung. Der Mensch, der sich stellt, steht auf.

      Zu einfach für Ostern. Das Aufstehen eines Boxers und die Auferstehung Jesu Christi sind zwei grundverschiedene Ereignisse, die unsere Sprache jeweils anders benennen müsste. Es reicht nicht, eine Silbe wegzulassen. Das Neue Testament versucht es mit anderen Begriffen. Es spricht von Erhöhung, Herrlichkeit und Verwandlung. In der deutschen Sprache haben die Begriffe nicht gezogen. Es bleibt dabei, dass Ostern das Fest der Auferstehung Jesu Christi ist. Damit weckt unsere Muttersprache die häufigste Fantasie: Ein Mensch, der in einem dreitägigen Todesschlaf geruht hat, ist aufgestanden, um in das normale Leben zurückzukehren. So außergewöhnlich dies wäre, es lohnte sich nicht, dafür Ostern zu feiern. Da die menschliche Ordnung bzw. Unordnung nicht durchbrochen worden wäre, hätte sich nichts Wesentliches ereignet. Der wieder aufgestandene Christus hätte ein zweites Mal sterben müssen. Und der zweite Tod wäre endgültig gewesen. Nichts hätte sich geändert, damit nachfolgende Generationen Hoffnung schöpfen könnten.

      Das Wort „Auferstehung“ muss im Zusammenhang mit Jesus Christus tiefer ausgelotet werden. Die Auferstehung Jesu muss mit Endgültigkeit zu tun haben. Sie ist ein Ereignis, das unumkehrbar ist und bis in Ewigkeit Geltung besitzt. Was zu Ostern geschieht, muss im Zusammenhang mit dem wahren menschlichen Leben stehen, mit dem Leben, das seine Bezeichnung verdient. Es ist ein Leben, dessen Glück keine Grenzen kennt: ein endgültiges, absolutes, ewiges Leben!

      Gott ruft den Menschen in dieses Leben. Er wird selbst in der Auferstehung Jesu Christi initiativ, um den Menschen Jesus, seinen Sohn Christus, vor dem Tod zu retten. Ostern, Auferstehung bedeutet: Gott wird uns in ein neues, endgültiges, glückliches Leben berufen. Ich weiß, dass in dieser Rede eine Gefahr besteht. Ein altes Schlagwort wird durch ein neues ersetzt. Dennoch ist mir das neue lieber, weil es mich nicht an Boxring und Krankenbett denken lässt. Nach so einem Leben sehne ich mich. Deshalb habe ich mir klargemacht, was hinter dem Wort „Auferstehung“ steckt. Ja, es ist in dem einen Satz alles gesagt, was ich sagen kann.

      Jesus ist auferstanden.

      Liebevolles Ostern

      Ich spürte es, ich war angekommen. In meinem ersten Jahr in der Jugendarbeit gelang es mir, bei den Jugendlichen die notwendige Annahme zu finden. Wie jeder Mensch brauche ich sie. Wie das tägliche Brot. Für mich war es wichtig, zum ersten Mal ohne meinen Vorgänger zitiert zu werden. Einmal nicht zu hören, wie Kaplan Müller es gemacht hatte! Obwohl ich nichts gegen Müller hatte, belastete mich der eine, immer wiederholte Satz: „Kaplan Müller hat es aber so gemacht.“

      Jetzt endlich konnte ich machen, was ich für sinnvoll hielt. Beruhigt lehnte ich mich zurück und beobachtete die Mädchen und Jungen. In der Disco gab es viel zu beobachten. Nicht dass die Aufsicht über Bier oder Schnaps ein Problem gewesen wäre, es knüpften sich erste zarte Bande an. Ich wurde zum Zeugen. Bei meinem Vorgänger waren diese Jugendlichen zu jung, um ihre erwachten Gefühle auszuleben. Es entstand ein Beziehungsnetz, in dem es alte und neue Knoten gab. Wer tanzte mit wem? Und wie lange? Wer verschwand mit wem und zu welcher Zeit? Wer trank was mit wem? Als Außenstehender sah ich, registrierte ich und schwieg. Kirchliche Jugendarbeit gewährte damals Einblicke in die Jugendseelen. Die Jungen testeten „ihren Marktwert“, wie es mir einmal eine besorgte Mutter sagte.

      Carla, 15 Jahre und ein paar Monate alt, war geeignet, sich selbst zu testen. Sie war spritzig und immer in Bewegung. Franz, der Intellektuelle, der keineswegs so schüchtern war, wie er aussah, erprobte sich und war „hinter ihr her“. Immerhin ging sie kein einziges Mal alleine an die Bar, um sich ihre Cola zu holen. Die eher stille Katharina mit den wachen Augen stand hinter der Theke und Markus ließ sie keine Minute unbeobachtet. Im Gegensatz zu Katharina konnte trotz lauter Musik jeder sofort hören, wo sich Markus gerade aufhielt. Kein Ohr konnte sich vor seiner dröhnenden Stimme schützen. Deshalb war sein Standort immer navigationssicher. Mehrmals holte er sich einen feuchten Putzlappen, um angeblich die schmutzigen Tische zu säubern. Beim wilden Scheuern rutschte manchmal seine Hand aus und wie von selbst berührte sie Katharinas Arm. Dabei waren die Tische gar nicht so schmutzig. Katharina und Markus gehörten schon im Vorbereitungsteam zusammen. Sophia und Luca hockten an der Kasse. Dort saßen sie genau richtig, um sich immer anzublinzeln. Denn Sophia stellte ihr lockiges, fülliges Haar zur Schau, das der blonde Luca offenkundig anstarrte. Ansonsten war er ein Fußballspieler, der seine Kraft auf dem Platz abtrainieren musste. Unter den Besucherinnen und Besuchern stellten sich Charlotte und Christian abseits, aber eng zusammen. Charlotte war ein pfiffiges Mädchen, das den hageren Christian aus der Reserve lockte, vorsichtig und immer ein wenig näher. Sie tasteten sich heran, Mädchen zu Junge und Junge zu Mädchen.

      Ich selbst musste aufpassen, nicht in den Sog der Atmosphäre hineinzugeraten. Immerhin war ich erst 27 Jahre alt, also im richtigen Alter, um mein Alleinsein zu hinterfragen. Die Studentinnen aus der alten Jugendgruppe hatten ihren Reiz. Sie schauten oft am Wochenende in ihrer alten Pfarre vorbei. Zwar war der Zölibat versprochen und auf einer Urkunde feierlich unterschrieben, aber bekanntlich macht Gelegenheit Liebe. Für mich galt genau wie für die Jugendlichen „All you need is love“.

      Obwohl im ersten Jahr keine richtigen Liebesgeschichten begannen, ahnte ich die Sehnsucht der jungen Menschen. Ihrer ersten Freundschaft wollten sie Ewigkeit verleihen. Sie stellten sich vor, dass ihr reizendes Spiel niemals beendet sein könnte. Ein unbedenklicher Hauch von Ewigkeit umwehte die Beziehungen. Den Jugendlichen dämmerte nicht, was Alter war. Treue und Verlässlichkeit waren die Worte, die ihre erste Verliebtheit immer im Schlepptau hatte. Österliches lag in der Luft. Vielleicht drängte sich deshalb die Liebe als Thema für die Osterpredigt auf. Das Evangelium des Ostersonntags liegt auf der Linie. Der Jünger, den Jesus liebte, lief zum Grab. Wie gut hätte ich ihn einbringen können! Aber ich lief vorbei. Vielleicht war ich zu sehr mit meinen Sehnsüchten beschäftigt. Meine zweite Osterpredigt blieb wieder bibelfrei. Ihr Jesusbezug wirkte wie ein Feigenblatt.

      Auf jeden Fall habe ich später drei Paare aus der Jugendarbeit getraut. Sie sind bis heute zusammen. Ihre Osterliebe hat gehalten.

       Erste Liebe

       „Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem Jünger, den Jesus liebte.“ (Joh 20,2)

      In meinem Arbeitszimmer hängt ein Druck. Er zeigt einen Jugendlichen, der mit dem Sensenmann Gitarre spielt. Es ist ein Bild aus dem Totentanz von Basel. HAP Grieshaber hat den Holzschnittzyklus geschaffen. Die Linien sind grob gezogen. Aber die schroffe, eckige Darstellung vermittelt den Rhythmus der Musik. Zwischen den Gitarristen versteckt sich in roter Farbe das Wort „love“. Es weist wahrscheinlich auf einen bekannten Beatles-Song hin, denn der Jüngling hat im Gegensatz zum Tod mit seinem kahlen Schädel eine lange Mähne. „All you need is love“ sangen die Beatles, alles, was du brauchst, ist Liebe.

      Wenn ich von meinem Schreibtisch aus das Bild betrachte, werde ich daran erinnert, wie Liebe und Tod eng zusammenhängen. Es sind zwei wesentliche Aspekte unseres Lebens. Die Liebe verlangt nach Dauer. Sie hofft auf Unzerstörbarkeit und will letztlich ewig währen. Insofern rennt die Liebe beständig gegen den Tod an. Sie ist unser Schrei nach Ewigkeit. Denn der geliebte Mensch ist immer mein geliebter Mensch, den ich auf keinen Fall verlieren will. Er darf der Zerstörung durch den Tod nicht ausgesetzt werden. Indem ich ihn liebe, werde ich selbst unsterblich. Im Hohelied, einem Liebesbuch des Hebräischen Testamentes, heißt es: Die Liebe ist so stark wie der Tod, hoffentlich noch stärker. Dennoch wird die Hoffnung durch die Realität widerlegt. Auch Liebende müssen sterben.

      Ob wir lieben oder nicht, alle sterben wir dahin. Der Tod erweist sich als Sieger. Dabei spielen unsere Gefühle СКАЧАТЬ