Toter Regens - guter Regens. Georg Langenhorst
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Название: Toter Regens - guter Regens

Автор: Georg Langenhorst

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783429063467

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СКАЧАТЬ August …“ Er hatte den Gesprächsfaden verloren, räusperte sich, setzte dann noch einmal neu an: „… ja also: da hat Breskamp uns, vor allem natürlich dem Regens, komplettes Versagen vorgeworfen. Öffentlich, hier bei einem Fest, wo viele Leute auch von außen zugegen waren. ‚Sie sind viel zu kritisch‘, hatte er erregt gerufen: ‚Zwei gute junge Männer aus diesem Jahrgang haben Sie nicht zugelassen, nur weil die Ihnen nicht passen. So geht unser Bistum zugrunde! Wir brauchen dringend mehr Priester. Liefern Sie sie uns!‘ Also, ich habe in seinen Augen Hass gesehen, ja doch: Hass!“

      „Nein, doch nicht Hass!“, korrigierte Arenhövel. „Die mögen sich nicht, Breskamp und der Regens, das ist schon richtig, äh …“, er korrigierte sich. „Entschuldigung: die mochten sich nicht. Aber Günther, wir reden hier doch über mögliche Mord-Motive oder nicht? Also bitte: Das liegt doch wohl auf einer ganz anderen Ebene.“ ‚Scheint mir auch so‘, dachte Kellert, ‚aber wer weiß: wenn dazu noch das Gefühl kommt, übersehen worden zu sein bei der Beförderung zum Weihbischof? Ein Gefühl der verweigerten Anerkennung?‘

      „Braucht man denn wirklich so viele Priester?“, fragte Dominik Thiele, für den die Welt der Kirche weitgehend ein unbekanntes Terrain darstellte. „Na ja, schauen Sie sich doch mal hier um!“, entgegnete Arenhövel und schlug mit der rechten Hand einen großen Bogen um sich herum. „Das Haus ist für dreimal so viele Alumnen eingerichtet worden. Viele Zimmer stehen leer. Wir waren damals ein Weihejahrgang von vierzehn Neupriestern und ihr“ – er wies zu Spiritual Dietz – „sogar einundzwanzig, oder? Die starken Priesterjahrgänge gehen entweder in den Ruhestand oder sterben uns weg. Und bei uns werden jetzt pro Jahr zwei oder drei neu geweiht. Natürlich brauchen wir Neupriester!“

      „Aber eben nicht jeden“, unterbrach ihn Dietz. „Wir müssen prüfen, ob die Kandidaten am Ende – nach aller nur denkbaren Förderung, die wir ihnen zuteilwerden lassen – für das schwere Amt geeignet sind. Theologisch, pädagogisch und menschlich. Wenn nicht, darf der Regens nicht zustimmen. So ist das! Und das ist richtig so!“

      Kellert mischte sich wieder ein: „Und diese zwei Kandidaten, von denen eben die Rede war, denen der Regens in diesem Jahr seine Zustimmung verweigert hat …?“ „Ach so, Brunnhuber und Tholen“, überlegte Dietz, „tja, sehr unterschiedliche Fälle. Sag du etwas dazu, Maximilian, du kanntest die beiden besser.“

      Sichtlich ungern fügte sich der Subregens dieser Aufforderung. Er fand jedoch keinen Grund, hier nichts zu sagen: „Ja, von mir aus. Also: Sascha Tholen. Ein guter Kerl. Kam aus dem Bistum Trier, stammte da irgendwo von der Mosel. Da wollten sie ihn wohl nicht, aber wir haben ihn damals aufgenommen. Da war ich aber noch gar nicht hier im Haus. Winzersohn. Sehr fromm. Aber …“

      Er suchte sichtlich nach Worten. Dietz sprang ein. „… ein schlichtes Gemüt. Hat sein Studium mit Ach und Krach geschafft. Da haben viele Professoren wohl ein oder zwei Augen zugedrückt, weil sie wussten, dass er ja Priesterseminarist war. Die lässt man normalerweise nicht durchfallen. Na ja, bis auf diesen Professor Schulze-Vorrath. Der kannte da nichts. Manchmal hatte man schon den Verdacht, dass der die Leute aus unserem Haus besonders gern durchfallen ließ. Aber den haben Sie ja“ – er blickte zu Kellert – „dingfest gemacht, damals, wenn ich mich erinnere. Der sitzt doch jetzt hinter Schloss und Riegel. Das waren doch Sie damals, oder?“

      Kellert nickte. Ja, der Spiritual hatte natürlich recht. Es erinnerten sich also noch andere an den Fall, den Kellert vor mehr als zwei Jahren in der Theologischen Fakultät aufgeklärt hatte. Er musste demnach damit rechnen, dass sein Name in kirchlichen Kreisen von daher geläufig sein konnte. Ob ihm das nun Vorteile verschaffte oder eher Ressentiments hervorrief, musste er beobachten. Aber es war gut, dass Dietz ihn hier – unbewusst – daran erinnerte, dass man ihn, Kellert, kennen würde.

      Dietz – ‚Woher kenne ich das Gesicht bloß‘, fragte sich Kellert erneut – sprach unterdes weiter: „Ja, Tholen, der Sascha. Er konnte seinem Gegenüber einfach nicht in die Augen sehen. Blickte verstohlen nach unten. Verstehen Sie: So ganz normale menschliche Unterhaltung – das hat der einfach nicht gepackt. Bei Frauen war das extrem, aber auch Männern gegenüber gab es diese Scheu. Kein Blick, kaum ein Wort. Den konnten wir einfach nicht als Seelsorger in die Gemeinden schicken. Beim besten Willen.“

      „Aber dieser Dr. Breskamp war anderer Meinung?“ Arenhövel hob zu einer Antwort an, Dietz war aber schneller: „Der mag diese stillen frommen Typen. Hauptsache, sie können würdig die Liturgie feiern!“ Arenhövel protestierte: „Das ist aber jetzt echt unfair, Günther! So verkürzt darf man das nicht sagen. Dr. Breskamp hat darauf gesetzt, dass sich diese menschlichen Qualitäten vor Ort noch entwickeln können. Das haben wir bei anderen unserer Kandidaten durchaus auch schon erlebt.“

      „Und was ist aus ihm geworden, aus diesem …?“ „Tholen, Sascha Tholen“, ergänzte Arenhövel. „Der ist nach Österreich gegangen. Hat dort – soweit wir das wissen – Aufnahme in einem Kloster gefunden. Und das könnte doch auch ganz gut zu ihm passen. Hoffe ich für ihn!“

      Kellert notierte etwas in sein Notizbuch und überlegte kurz. „Und der andere?“ „Der Brunnhuber Schorsch?“, antwortete Arenhövel, nachdem Dietz sich offensichtlich nicht zuständig fühlte. „Ganz anderer Typ. Blitzgescheiter Student. Hat Theologie als Zweitstudium belegt, hatte vorher schon einen Abschluss in Betriebswirtschaft.“ „Volkswirtschaft!“, unterbrach Dietz. „VWL? Von mir aus. Ja, kann sein. Der wollte was werden. Strebsam. Und: Der wäre auch was geworden …“ Er zögerte.

      „Wenn nicht was?“, fragte Thiele, nachdem niemand das Wort ergriff. Arenhövel blickte zu Dietz. Der ergänzte: „Nun, wir waren uns nicht sicher, ob er sein Zölibatsversprechen ernst meinen würde. Das ist ja auch nicht leicht, wirklich nicht. Und er hatte während des Studiums mindestens zwei Freundschaften, also“ – er blickte von einem Polizisten zum anderen und verzog dabei das Gesicht – „Liebschaften, mit allem Drum und Dran. Sie verstehen schon, was ich meine. Mindestens zwei. Von denen wussten wir. Und nach unserer Einschätzung hatte er auch nicht wirklich vor, etwas an dieser Art seiner Lebensführung zu ändern. Da konnten wir einfach nicht zustimmen. Das wäre ein klarer Verstoß gegen unsere Vorschriften.“

      „Aber auch das sah dieser … Dr. Breskamp anders?“, fragte Thiele nach. „Genau!“, erwiderte Spiritual Dietz. „Das sind halt die anderen Typen, die ihm gefallen. Schneidig. Großspurig. Selbstbewusst. ‚Wir brauchen auch künftige Führungstypen‘, meint er immer. Und da wäre er bereit, über Probleme beim Zölibat hinwegzusehen. ‚Das legt sich schon mit der Zeit‘, hat er mir einmal gesagt, ‚das kennen wir doch.‘ Echt! Das ist doch zynisch.“

      „Und was macht er jetzt, dieser …“ – „Schorsch, also Georg Brunnhuber“ – „Genau! Ins Kloster ist der wohl nicht gegangen, oder?“ Arenhövel verzog das Gesicht und antwortete: „Der und ins Kloster? Nun wirklich nicht! Was der jetzt genau macht, weiß keiner von uns. Aber er lebt wohl weiter hier in Friedensberg. Soll eine Wohnung mit einer Frau zusammen haben, natürlich unverheiratet; aber das ist wieder mal nur ein Gerücht. Keine Ahnung, ob das stimmt.“

      Erneut notierte Kellert etwas auf seinen Notizblock. Dann blickte er auf die beiden Geistlichen, die ihm gegenübersaßen. „Und, gab es weitere Konflikte in der letzten Zeit? Vielleicht auch untereinander? Ich meine: zwischen Ihnen in der Leitung des Priesterseminars?“

      Spiritual Dietz und Subregens Arenhövel blickten sich an. Dietz mit leichtem Grinsen, Arenhövel unsicher. Dietz übernahm die Antwort: „Wir sind sicher nicht immer einer Meinung gewesen. Und jetzt auch nicht. Das haben Sie ja gemerkt. Nein, wir sind halt auch verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Einstellungen. Wie Sie beide auch.“ Er wies zu Thiele und Kellert. „Sie sind sicherlich auch nicht immer einer Meinung, oder? Sehen Sie! Doch, wir streiten auch manchmal, klar. Aber als Kollegen! Als Mitbrüder! Wir waren eigentlich ein gutes Team, oder, Maximilian?“

      Arenhövel СКАЧАТЬ