Der Schoppenfetzer und der Henkerswein. Günter Huth
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Название: Der Schoppenfetzer und der Henkerswein

Автор: Günter Huth

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783429064921

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СКАЧАТЬ eine Momentaufnahme in sich auf. Hier hatte sich seiner Erinnerung nach nur wenig geändert. Menschen hetzten über den Platz. Straßenbahnen bestimmten das Bild. Auf dem Rasen vor dem Kiliansbrunnen hockte eine Gruppe jugendlicher Gestalten in schwarzen Klamotten, wild gestylten Haaren, umgeben von mehreren Hunden und jeder Menge Müll. Ein befremdlicher erster Eindruck, den ihm seine Heimatstadt vermittelte.

      Maybaum betrat ein kleines Stehcafé in einem der Pavillons, bestellte einen Kaffee und eine Butterbrezel, zog sich an einen der Bistrotische zurück und las interessiert den Zeitungsartikel.

       Würzi, der Tote im Brückenpfeiler!

       Die Alte Mainbrücke als Grab eines Unbekannten?

      Der zufällige Fund eines Skeletts in einem der Brückenpfeiler der Alten Mainbrücke dürfte aus wissenschaftlicher Sicht eine echte Sensation darstellen. Denn dass es sich bei dem Toten um eine Leiche aus der grauen Vorzeit unserer Stadt handelt, steht außer Frage. Dieser einmalige Fund ist nur vergleichbar mit dem Auffinden des legendären Ötzi im Ötztal in Österreich. Was liegt näher, als den unbekannten Toten » Würzi« zu nennen? Die Frage, wie und vor allen Dingen warum dieser Mensch in den Brückenpfeiler gekommen ist, gibt zu vielen Spekulationen Anlass. Das Einmauern von Menschen als Strafe für besonders verwerfliche Taten ist für das Mittelalter historisch belegt. Bis jetzt war aber nicht bekannt, dass diese besonders grausame Hinrichtungsmethode auch in Würzburg praktiziert wurde.

       Im Augenblick befassen sich die Rechtsmediziner und die forensischen Anthropologen der Universität Würzburg mit dem Toten. Ziel ist es zunächst, das Alter des Skeletts zu bestimmen, um es einer Epoche zuordnen zu können. Wir sind sicher, dass dieser Fund noch für viele Überraschungen sorgen wird. Es liegt die Vermutung nahe, dass hier im wahrsten Sinne des Wortes das Grab zu einem finsteren Geheimnis dieser Stadt geöffnet wurde. Eine Stellungnahme der Wissenschaftler war bis jetzt noch nicht zu bekommen. Wir werden weiter berichten.

      Maybaum las den Artikel ein zweites Mal. Es war schon merkwürdig, dass dieser spektakuläre Fund eines auf unmenschliche Weise Eingekerkerten mit seiner Heimkehr nach Würzburg zusammenfiel. Sollte er dies als ein Omen betrachten?

      In Gedanken versunken, starrte er zum Fenster hinaus auf die Menschen, die hastig vorübereilten. Genussvoll trank er seinen Kaffee und aß die Brezel. Es musste die Würze der Freiheit sein, die beides so schmackhaft machte.

      Wenig später überquerte er im Pulk der Passanten an der Ampelanlage den Röntgenring in Richtung Kaiserstraße und ließ sich von der Menschenmenge durch die Einkaufsstraße treiben.

      Keiner der geschäftigen Bürger in der mainfränkischen Metropole, denen er auf diesem Weg begegnete, konnte ahnen, dass an diesem Tag die Vergeltung in die Stadt gekommen war.

      Am Barbarossaplatz las Maybaum mit gerunzelter Stirn ein Plakat, das verkündete, dass Würzburg Spaß mache. Dann verlor sich die Spur des Neuankömmlings in den Straßen der Innenstadt.

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