Grüne Seelen. Über die Weisheit der Natur. Thomas Lambert Schöberl
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Название: Grüne Seelen. Über die Weisheit der Natur

Автор: Thomas Lambert Schöberl

Издательство: Bookwire

Жанр: Медицина

Серия:

isbn: 9783863746001

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СКАЧАТЬ Lebenserwartung verbringt rund acht Jahre seines Lebens mit Arbeit, vierundzwanzig Jahre mit Schlaf und zwölf Jahre mit Fernsehen. Es ist nicht verwunderlich, dass ich in meinem Praxisalltag feststelle, dass Berufswahl, Freizeitgestaltung und Konsumverhalten sich gegenseitig stark beeinflussen. Doch liegen besonders am Arbeitsplatz und in der Gestaltung unserer Freizeit wichtige Faktoren für eine gesunde Psyche und eine stabile körperliche Gesundheit verborgen.

      Unser Arbeitsleben setzt den Tag- und Nachtrhythmus außer Kraft. Smartphones und elektrisches Licht rauben vielen Menschen die Ruhe zum Schlaf. Früher war die Hauptaufgabe des Menschen die Nahrungssuche. Heute stopfen wir uns mit industriell hochverarbeiteten Füllstoffen voll, die uns nicht nähren, sondern als trügerische Ersatzbefriedigung Entzündungen, Allergien und Fettsucht fördern. Das ständige Abgehetztsein, oft, ohne einen wirklich produktiven, sichtbaren und nachhaltigen Sinn der eigenen Arbeit zu erkennen, führt zur Verkümmerung unserer Atemmuskulatur. Flaches, gestresstes Atmen fördert Müdigkeit, Schlafprobleme, Herzerkrankungen, schwächt das Immunsystem, lähmt den Magen-Darm-Trakt und befeuert Nacken- und Rückenschmerzen. Beobachten Sie Ihre Atmung – sie verrät viel über unseren physischen und psychischen Gesundheitszustand.

      Kommen neue Patienten in meine Praxis, ist es üblich, dass ich neben einer sehr ausführlichen Krankenanamnese auch den Lebensweg und den beruflichen Werdegang meiner Besucher studiere. Alles ist wichtig! Genau das zeichnet die Naturheilkunde aus. Und nein, dabei geht es nicht um Placebo-Gespräche. Es geht um die strategische Entwicklung eines neuen Lebenskonzeptes. Dieses herausfordernde Ziel braucht vollste Aufmerksamkeit und viel Zeit. Für viele Menschen hört sich das anstrengend an. Wir haben verlernt, uns Zeit für uns selbst zu nehmen, und damit meine ich nicht die tägliche Dosis Fernsehen, Internet oder Selbstoptimierung im Fitnessstudio. Weil wir vergessen haben, wie es ist, Zeit in der Stille zu verbringen, sich produktiv mit dem eigenen Selbst auseinanderzusetzen und Innenschau zu betreiben, erscheint vielen die Vorstellung einer tief forschenden, naturheilkundlichen Sitzung beim Heilpraktiker als anstrengend.

      Oft dauert es eine Weile, bis Patienten erkennen, dass eben diese Vernachlässigung ihrer selbst, also das unentwegte Suchen im Außen, den Kern ihres Problems birgt.

      Weitere wichtige Informationen über mein Gegenüber entdecke ich in der Familiengeschichte, in Schicksalsschlägen, prägenden Lebensereignissen und in Vorerkrankungen aller Art. Wie ist der enge Freundeskreis aufgebaut, was verrät der Beruf, welche Sehnsüchte, Wünsche und Ängste bringt ein Patient mit, und, ja, sogar die Gestaltung der eigenen Wohnung spielt beim Erstgespräch eine wichtige Rolle.

      Der Versuch, den Menschen in seiner Ganzheit kennenzulernen, ist eine wichtige Voraussetzung, um die meist brachliegenden Selbstheilungskräfte zu wecken. Dabei ist Geduld und Einfühlsamkeit ein wichtiger Therapiebaustein. Die Bereitschaft des Patienten, Zeit in diese Prozesse zu investieren, ist von ganz entscheidender Bedeutung. Viele Menschen beginnen erst durch Schicksalsschläge verschiedenster Art, ihren Lebensweg zu hinterfragen. Wenn wir mit offenen Augen durchs Leben gehen und damit aufhören, existenzielle Fragen zu verdrängen, wird es uns möglich, auch ohne schmerzhafte Erfahrungen »umzukehren«. Es ist von äußerster Wichtigkeit für das eigene Seelenwachstum, dass man die Konsequenzen des eigenen Handelns stets hinterfragt. Was löse ich mit meinen täglichen Entscheidungen aus? Nützt mein Verhalten zum Beispiel meiner Gesundheit oder den Menschen in meinem Umfeld? Wie wirkt sich mein Konsumverhalten auf Natur, Tier- und Pflanzenwelt aus, oder unterstütze ich durch meinen Beruf oder meinen Lebenswandel menschliches Leid und die Ausbeutung von Arbeitskräften? Auf welchen Kosten, die andere tragen müssen, ist mein Leben aufgebaut? Lassen Sie zu, dass auch Ihre alltäglichen Entscheidungen zu echten Gewissensfragen werden, denn unser Gewissen ist ein unsichtbarer Draht zum Göttlichen, der Schlüssel zur Intuition, der Weg zur Ganzheitlichkeit, ein Pfad zu uns selbst und zu unserer Berufung. Wir können eben immer nur so gesund und glücklich sein wie unser Umfeld.

      Mein großes Interesse für Überlegungen dieser Art führte dazu, dass ich mich schon früh zum Heilpraktiker berufen fühlte. Ich verspürte einen tiefen Drang, die in mir sprudelnde Neugier gegenüber dem Leben und der Natur auch in anderen Menschen zu wecken. Anderen Menschen die Augen für die Schönheit und Komplexität der Natur zu öffnen, war mir schon immer ein großes Anliegen. Dass wir bei der Begegnung mit der Natur nur uns selbst begegnen, ist vielen von uns gar nicht bewusst. Es ist faszinierend, wie sehr sich Menschen verändern, wenn sie einen Urlaub am Meer, in den Bergen oder auch nur ein paar Stunden im Wald verbringen. Immer wieder beobachte ich, wie klar ihr Blick wird, sich ihre Haut, ihre Art zu sprechen und vor allem ihr Denken verändert und sich der Schleier des Alltags langsam wie ein Nebel auflöst. Raus aus dem Büro und rein ins Grüne!

      Mein Beruf erleichtert mir eine solche Lebenseinstellung, und aus meiner Perspektive erscheint die Frage, die man mir so oft stellt, warum ich nicht Arzt, sondern Heilpraktiker geworden bin, wie eine rhetorische Frage.

      Besonders schätze ich die Unabhängigkeit und Vielseitigkeit des Heilpraktikerberufs. Die Therapiefreiheit von Heilpraktikern sorgt dafür, dass unsere Praxen einige der wenigen Orte im Gesundheitswesen sind, die noch wirklich gelebte Individualität verkörpern. So ist es jedem einzelnen Heilpraktiker möglich, aufgrund seiner eigenen Lebenserfahrung und Philosophie sein ganz spezielles Angebot zu entwickeln. Das ist etwas sehr Wertvolles, denn ganzheitliche Heilung vollzieht sich immer im zwischenmenschlichen Kontakt.

      Der Beruf des Heilpraktikers hat sich über Jahrhunderte hinweg behauptet und in der Gesellschaft etabliert. Ungeachtet aller Trends und Zeitgeister ist der Heilpraktiker ein Brückenbauer zwischen Medizin, Naturkunde, Spiritualität und Seelsorge geblieben. Zahlreiche weitere Berufe und Bewegungen sind aus ihm hervorgegangen. Es bestehen enge Verbindungen zwischen der Entstehung der Reformhäuser, der biologischen Landwirtschaft, der reformpädagogischen Bewegungen oder der Etablierung von den heute so beliebten Fasten- und Naturheilkundezentren. Das Heilpraktikerwesen stellt also eine wichtige Opposition zum Massenbetrieb der konventionellen Gesundheits-, Ernährungs-, Umwelt- und Bildungspolitik dar. Es waren überwiegend Heilpraktiker, die in den 80er-Jahren die Kunst der Akupunktur, Meditation und Yoga in den Westen importierten. Anfangs verlacht, sind diese Verfahren heute Therapiemethoden, die selbst von Ärzten verordnet und von Krankenkassen anerkannt werden.

      Heilpraktiker waren ihrer Zeit oft weit voraus. Im Gegensatz zur akademischen Medizin speist sich das Heilwissen der Heilpraktiker aus der rein praktischen Erfahrung vieler Generationen. Daraus entwickelte sich später der Begriff der Erfahrungsheilkunde. Unbestritten: Der medizinische Fortschritt unserer Zeit ist ein großer Segen, und wissenschaftliche Standards sind in der flächendeckenden Behandlung von akuten Erkrankungen und medizinischen Notfällen ein großer Gewinn, doch fasst unser menschliches Leben auch eine nicht messbare, eine nicht objektivierbare Seite in sich. Es gibt Dinge, die nicht erlernt, sondern nur erfahren werden können.

      Genau hier beginnt die faszinierende Welt eines Heilpraktikers.

      Heilpraktiker wird man nicht aus falschen Motiven. Weder das Versprechen auf Reichtum noch Prestige, Macht oder Einfluss sind Motor unserer Berufswahl. Nein, es ist die Überzeugung, dass wir Menschen dazu in der Lage sind, eine gerechtere, grünere, liebevollere Welt im Einklang mit der Natur zu gestalten.

      Oft entspringt der Entschluss zu einer Heilpraktikerausbildung aus der Erfahrung mit einer eigenen Erkrankung oder ist das Ergebnis einer überstandenen Lebenskrise. Auch spirituelle Erfahrungen, das Erleben medizinischer Wunder oder der Wunsch nach einer sinnerfüllten beruflichen Veränderung führen zum Heilpraktikerberuf. Im Austausch mit unseren Patienten und im Kontakt mit der Natur bekommen Heilpraktiker unglaublich viel zurück – das ist ein nicht materieller Reichtum. Ein Reichtum, der die Seele nährt. Heilpraktiker sind die Lobby der Natur, deren Stimme in Zeiten des Klimawandels, der Umweltverschmutzung und der Zunahme von chronischen Erkrankungen nicht verstummen darf. In Zeiten eines kommerzialisierten, von Eliten beherrschten Gesundheitssystems, einer monopolisierten Ernährungswirtschaft und der Ausbeutung ganzer Gesellschaftsschichten stellt der Heilpraktikerberuf eine wundersame Waldlichtung dar, die, einmal entdeckt, eine Schatzkammer СКАЧАТЬ