"Seid ihr bereit ...?" - Priester sein in unserer Zeit. Группа авторов
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СКАЧАТЬ Priesteramt in diesem Zeitraum – freilich anders als gewünscht – in den öffentlichen Fokus geraten würde. Das ursprüngliche Leitmotiv dieses zweiten Themenjahres des Pontifikats Benedikts im unmittelbaren Anschluss an das „Paulus-Jahr“ war es, „das Engagement einer inneren Erneuerung aller Priester für ein noch stärkeres und wirksameres Zeugnis für das Evangelium in der Welt von heute zu fördern“1. Vorbild dieser geistlichen Erneuerung, so der Papst in dem soeben zitierten Brief zum Beginn des Priesterjahres, sei der heilige Pfarrer von Ars, Jean Marie Vianney, dessen Todestag sich am 4. August 2009 zum 150. Mal jährte.

      Zu dieser spirituellen Zielsetzung des Priesterjahres ist aber rebus sic stantibus schnell eine allgemeine Debatte über das Priestertum und seine Gestalt angesichts der drängenden Herausforderungen der Gegenwart und der sich rasant verändernden Situation der Kirche hinzugekommen – mit teils großer Skepsis hinsichtlich der Tragfähigkeit einer Ausrichtung am Priesterideal eines französischen Landpfarrers aus dem 19. Jahrhundert.2 Verschärft wurden diese grundsätzlichen Debatten dann vor allem durch das Bekanntwerden mehrerer Fälle von Missbrauch und Gewalt durch Priester, welche die Kirche (gerade in Deutschland) aufs Neue dramatisch erschüttert haben. Gisbert Greshake kommt angesichts dessen in seinem Rückblick auf das Priesterjahr in der Herder Korrespondenz nicht umhin, die derzeitige kirchliche Situation als „katastrophal“ zu bezeichnen.3 Papst Benedikt selbst sieht in dem Zusammenfall der Enthüllungen mit dem Priesterjahr gar einen Angriff des „bösen Feind[s]“ auf das neu erstrahlende Priestertum.4

      Vielleicht gilt es diese krisenhafte Situation bei all ihrer Problematik und den durch sie aufgerissenen Wunden aber auch als Chance zu begreifen, als Chance für die dringend gebotene Neubesinnung auf Wesen, Gestalt, Auftrag und Würde des priesterlichen Dienstes.5 Wie kann priesterliches Leben angesichts der veränderten kirchlichen und gesellschaftlichen Situation heute gelingen? Auf welche Weise lässt sich im Volke Gottes ein neues Gespür und Verständnis für das Priestertum wecken (eine dringende Frage nicht nur der Berufungspastoral)? Welche Anpassungen des Berufsprofils sind zielführend und entsprechen zugleich dem theologischen Gehalt und dem ekklesiologischen Ort des Weihesakraments?

      Die Theologische Fakultät Fulda hat sich dieser komplexen Fragestellung im Rahmen des Kontaktstudiums im Sommersemester 2010 gewidmet unter der Überschrift „Seid Ihr bereit …? Priester sein in unserer Zeit“. Die Vortragsreihe war darauf angelegt, vielfältige grundlegende Überlegungen zum Priestertum aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven und in loser Reihung zu präsentieren, um so anlässlich des Priesterjahres die brennende Frage nach Priestern für das 21. Jahrhundert in den Blick zu nehmen – ohne Ausklammerung, aber eben auch ohne Fixierung auf die üblichen Reizthemen. Der breite und engagierte Teilnehmerzuspruch an den vier Vortragsabenden zeugte von dem großen Interesse an diesem Thema und weckte den hiermit erfüllten Wunsch nach Veröffentlichung der Vorträge. Diese sind für die Publikation allesamt leicht überarbeitet worden, haben aber die grundsätzliche Gestalt von Vortragsmanuskripten behalten und werden hier in chronologischer Reihenfolge wiedergegeben.

      Den Auftakt bildet der Beitrag von Christoph G. Müller, der unter der Überschrift „Ihr seid ein heiliges Volk, eine königliche Priesterschaft“ die biblischen Grundlagen des gemeinsamen, königlichen Priestertums im Ersten Petrusbrief untersucht, dessen Ekklesiologie sich als fortgeschritten, selbstbewusst und verblüffend communial erweist. Im Ausgang von einem Zitat aus der ersten Sonntagspräfation, in die das Konzept des königlichen Priestertums Einzug gehalten hat, und nach Verweis auf vergleichbare Stellen in der Offenbarung des Johannes wendet sich Müller gleich dem zentralen Text in 1 Petr 2,1–10 zu. Hier zeigt sich in Gestalt der Stein- bzw. Hausbaumetaphorik das christologische Fundament der Ekklesiologie des Briefes. Diese Bildwelt findet eine Ergänzung in der Kultmetaphorik, deren Zentrum ebendie Vorstellung einer königlichen Priesterschaft bildet, die 1 Petr wohl aus dem Buch Exodus in der Septuaginta-Fassung übernimmt. Wesentliche Leitgedanken dieses metaphorisch zu verstehenden Priesterdienstes aus Ex 19,6 bzw. 23,22 seien die besondere Gottesbeziehung bzw. Aussonderung des Volkes, seine darin begründete Heiligkeit sowie seine missionarische Sendung. Müller zeigt detailliert auf, wie der 1 Petr diese Bedeutungen inklusive des wesentlich gemeinschaftlichen Charakters und der durch das Attribut „königlich“ artikulierten Würde der Priesterschaft übernimmt und auf die christliche Gemeinde überträgt.

      Die Ausführungen von Markus Lersch unter der Überschrift „Christsein heißt Priestersein – Das gemeinsame Priestertum der Gläubigen in der Tradition“ führen diese exegetische Annäherung an das gemeinsame Priestertum unter theologiegeschichtlicher und systematischer Perspektive weiter und versuchen von hier aus auch das hierarchische Priestertum neu in den Blick zu nehmen; in seinem engen Verhältnis, aber eben auch in seinem wesentlichen (essentia, non gradu tantum) Unterschied zum Priestertum aller Gläubigen. Zunächst skizziert Lersch die wechselhafte Geschichte des Konzepts „gemeinsames Priestertum“ von seinen biblisch-neutestamentlichen Grundlagen und der breiten Bezeugung in der alten Kirche über seine Zurückdrängung im Frühmittelalter, die modifizierte Wiederentdeckung durch die Reformation bis hin zur erneuten Rezeption in der katholischen Theologie und lehramtlichen Verkündigung des 20. Jahrhunderts. Im Verlauf dieser geschichtlichen Durchsicht ergeben sich bereits die wesentlichen theologischen Grundlinien. Im Anschluss erfolgt – ausgehend von allgemeinen Überlegungen zum Priesterbegriff – eine systematische Erschließung des gemeinsamen Priestertums in Analogie und Zuordnung zu dem universalen Hohepriestertum Jesu Christi und dem hierarchischen Priestertum. Als Leitfaden dient dabei der mit dem Priesterbegriff assoziierte Ternar Gottesunmittelbarkeit, Stellvertretung und Opfer – freilich in genuin christlicher Lesart.

      Mit dem Referat von Weihbischof Karlheinz Diez wird der Blick dann vorrangig auf das besondere Priestertum gerichtet. Die titelgebende Frage „Amt ‚von oben‘ – Amt ‚von unten‘? Zur Frage nach dem Sinn des priesterlichen Dienstes!“ wirft dabei bereits das vielfältige christologische, pneumatologische und ekklesiologische Bezugsfeld des Sakraments der Priesterweihe auf. Ausgangspunkt der Überlegungen ist Romano Guardinis Reflexion auf die eigene priesterliche Berufung, an der sich deutlich die ekklesiale Verortung des Priestertums zeigt. Es folgen Ausführungen zum Verhältnis des Amtes zum Charisma, das nicht als Konkurrenzverhältnis, sondern partizipativ zu denken sei, wobei Charisma als Dienst an der Kirche den Oberbegriff darstelle. Diez umreißt anschließend die Grundlegung des Priestertums in der Sendung Christi sowie dessen frühkirchliche Entwicklung. Es folgt eine Darstellung der theologischen Bedeutung des Weiheamts anhand der Unterpunkte der (zeichenhaften und werkzeuglichen) Repräsentation Christi, der Repräsentation der Kirche, des Weihecharakters (als „lebenslanger Verpflichtung“) sowie der Ausgestaltung der Zulassung zur Weihe, die deutlich die letzte Einheit des Priestertums „von oben“ und „von unten“ dokumentiert. In der gebotenen Kürze referiert der erfahrene Ökumeniker im Folgenden die Unterschiede zwischen katholischem und evangelischem Amtsverständnis, die er ekklesiologisch begründet sieht, nämlich in der Frage nach der Sakramentalität der Kirche. Der Beitrag stellt den Priester abschließend noch einmal als „Mann der Hoffnung“ vor Augen.

      Der Beitrag von Cornelius Roth befasst sich unter dem Titel „,Stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes!‘ – Zur Theologie und Liturgie der Priesterweihe“ mit der historischen Entwicklung des Ritus der Priesterweihe und zeigt anhand dieser zugleich veränderte Schwerpunktsetzungen in der Theologie des Weihesakraments auf. Nach einem kurzen Abriss der Entwicklung von der neutestamentlichen Zeit bis ins 15. Jahrhundert stellt Roth dann ausführlich den seit 1485 nahezu unveränderten Ritus den beiden Fassungen der Weiheliturgie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gegenüber. Hierbei wird deutlich, wie sich die erneuerten weihe- und liturgietheologischen Vorgaben des Konzils in der Umgestaltung, Straffung und Vereinfachung des neuen Ritus niedergeschlagen haben – ein ganz konkretes und sehr deutliches Beispiel für die Interdependenz und Reziprozität von lex credendi und lex orandi. Anschließend referiert Roth kritisch die Vorschläge von Stefan Knobloch zur Reform der Weiheliturgie und stellt ihnen eine Weiterentwicklung des Ritus am Leitgedanken des „Priesters als Mystagogen“ gegenüber, wie sie sich bereits in dem zum Vortragstitel gewählten Wort zum ausdeutenden Ritus der СКАЧАТЬ