Название: Trost der Physik
Автор: Harald Lesch
Издательство: Bookwire
Жанр: Математика
isbn: 9783831257386
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Blödsinn, kein Mensch zählt Sterne im Angesicht des nahenden Endes. Denk nach, es gibt 100 Milliarden Sterne in unserer Milchstraße, es gibt 100 Milliarden Milchstraßen, das macht dann 1022 Sterne, das sind zehntausend Trillionen.
Sterne sind strahlende Gaskugeln und von denen gibt es eine ganze Menge! Und warum gibt es die Dinger? Weil ihre eigene Schwerkraft sie zusammenhält und derart zusammenpresst, dass sich in ihrem Allerinnersten, im Kern des Sterns, Atomkerne einander so nahe kommen, dass sie miteinander verschmelzen.
Atomkerne fusionieren in Sternen. Bei diesen Joint Ventures wird Bindungsenergie frei und die will raus; die drängt an die Oberfläche des Sterns, verursacht also einen Druck, der nach außen hin abnimmt. Am höchsten ist der Druck der freigewordenen Energie natürlich im Zentrum des Sterns, und je weiter man vom Zentrum entfernt ist, umso niedriger ist er. Es ist dieser Druckunterschied, der einer Kraft entspricht.
Oh, wie ich diese Physik liebe. Man versteht etwas, kann es ausrechnen, kann sich ein Bild machen – selbst von Dingen, die man gar nicht sehen kann. Was sich im Innersten eines riesigen Gasballes abspielen muss(sssss)!!! Das geht gar nicht anders, es muss so sein, dazu gibt es keine Alternative, nichts, nothing, rien!
Die Schwerkraft des Sterns erzeugt den Gegendruck, der nach innen hin wirkt und den Druck nach außen balanciert. Wunderbar! Sollte der Stern mal etwas zu viel Energie freisetzen, sich deshalb ein bisschen aufblähen, dann holt ihn seine eigene Gravitation wieder zurück.
Drückt des Sternes Masse sein Innerstes zu sehr zusammen, dann verschmelzen einfach mehr Kerne, es wird heißer und der Stern kollabiert nicht mehr, sondern dehnt sich wieder aus. Ein Stern ist mit sich im Reinen, solange er in Ruhe Wasserstoff zu Helium verschmilzt. Er weiß, was er ist, wo er ist und wo er hin will.
Ich bin jetzt auch mit mir im Reinen, ich werde jetzt schön einschlafen. Vielleicht ist das mit dem Zählen doch nicht so blöd. Sterne statt Schafe zählen …
Ich mache meine Augen auf und das Licht der Sterne ist immer noch da, aber es sind jetzt andere Sterne, da hat sich was getan am Himmel. Der Himmel dreht sich um mich. Eine schöne Vorstellung, dass sich alles um einen dreht, dass man der Mittelpunkt ist.
Das waren schöne Zeiten, als sich alles um die Erde drehte, falsch, aber schön falsch. Die Erde war etwas Besonderes, die Nabe des Himmelsrades, die Achse, das Zentrum. So was tröstet. Und die Sterne waren Lichter am Himmel.
Kaum war klar, dass das alles Quatsch ist, ging die Fragerei los. Wenn die Sterne sogar eigene Lichtquellen sind, woher bekommen die ihre Energie. Ein hochinteressantes Thema, aber ich schweife ab. Das gehört jetzt nicht hierher. Auf der anderen Seite, hey, wenn es zu meiner Beruhigung beiträgt.
Also, wie war das nochmal? Im 19. Jahrhundert wusste man oder ahnte zumindest, dass die Erde schon ziemlich alt sein muss. Es gab damals schon sehr ernstzunehmende Zeitgenossen, die sich folgende Gedanken machten: Wenn früher nicht alles besser war, sondern so wie es heute ist, dann braucht die Strömung eines Flusses einfach ziemlich lange, bis sie eine Schlucht ins Gestein gefräst hat. Für den Grand Canyon schon ein paar Millionen Jahre.
Also, die Herrschaften haben damals mit ihrem gesunden Menschenverstand schon leicht errechnet, dass die Kalkulation eines Bischofs, nämlich einfach das Alter der diversen biblischen Urväter zusammen zu zählen, und dann das Gesamtergebnis von ein paar Tausend Jahren als Weltalter zu verkaufen, dass diese Rechnung höchstens eine Milchmädchenrechnung war. Die Erde musste viel älter sein; spätestens seit Darwin von seiner Reise zu den Galapagos-Inseln zurückkam und die Welt mit der Evolutionstheorie erschütterte, da war klar: Was immer auch der Grund sein mag, aber die Sonne, als die Energiequelle schlechthin, muss mindestens so lange schon scheinen, wie die Erde alt ist; und das ist sehr sehr lange.
Im 19. Jahrhundert dachte man noch ganz mechanisch: Die Schwerkraft drückt den Gasball zusammen und erzeugt so Wärme. Diese Wärme existierte zwar für immerhin schon 30 Millionen Jahre, aber das reichte hinten und vorne nicht. Der tollste Vorschlag war, dass die Sonne durch einfallende Asteroiden ihre Masse erhöhen könnte und sich dadurch auch ihr Lebensalter verlängern würde.
Hey prima, nur würden sich dann auch die Planetenbahnen verändern. Die Planeten würden näher an die Sonne rücken. Das wäre für mich jetzt ganz schön, dann wäre wahrscheinlich der Atlantik auch nicht so tief, es gäbe mehr Inseln und ich hätte Chancen, doch noch zu überleben.
Aber leider alles Quatsch. Die Sonne strahlt, weil sich in ihrem Inneren Atomkerne miteinander verschmelzen. Alle Sterne strahlen, weil in ihnen Atomkerne fusionieren. Zuerst verschmelzen Wasserstoffkerne zu Helium, dann zu allen anderen Elementen. Je größer und deshalb schwerer ein Stern ist, umso mehr Elemente kann er erbrüten, bis zum Eisen.
Alle Elemente schwerer als Eisen entstehen in explodierenden Sternen. Sie geben ihr Material wieder ans Universum zurück und es können sich neue Sterne bilden. Und jetzt kommt der Hammer: Ich bestehe zu 92 Prozent aus Sternenstaub.
Mein Stern, die Sonne enthält bereits schwere Elemente. Im Vergleich zum Rest an Wasserstoff und Helium ist dieser Anteil zwar winzig, aber er ist da. Man sieht das nämlich an der Messung ihrer Strahlung.
Da kriecht die Gute über den Horizont. Komm nur meine Schöne. Leuchte, strahle, erwärme mir meinen vielleicht letzten Tag. Ach, was für ein Licht, das erste Licht des Tages!
Langsam wälzt sich mein Planet um seine leicht geneigte Achse. Sei mir geneigt, du Lichtreiche. Wenn ich doch deinen Photonenstrom nur zerlegen könnte, dann sähe ich die schwarzen Linien deiner Absorptionsspektren und die hellen Linien der Emission. Ich würde die Spektrallinien den chemischen Elementen zuordnen und wüsste von deiner Zusammensetzung.
Doch nicht nur das. Aus der Form deiner Linien, ihrer Position im Spektrum, würde ich sogar wissen können, was sich wie auf deiner Oberfläche bewegt. Kommt da etwas aus dir heraus oder versinkt es wieder in deiner brodelnden Oberfläche? Protuberierst du etwa wieder? Spritzt das glühend heiße Gas aus den Magnetfeldröhren ins All und rast mit 500 Kilometer pro Sekunde auf die Erde zu und wird in einigen Tagen am Nordpol den Himmel zum Leuchten bringen – Aurora borealis.
Dieser Stern da hält alles in seiner Nähe fest. Seine Schwerkraft hält die Planeten auf ihren Bahnen und das seit mehr als viereinhalb Milliarden Jahren.
Die Vagabunden im Sonnensystem, die Meteoriten und Asteroiden erzählen die ganze Geschichte. Aus ihrer chemischen Zusammensetzung und der Häufigkeit an radioaktiv zerfallenden Kernen lässt sich die ganze Dramatik der Urzeit des Sonnensystems ablesen.
Das können aber nur die lesen, die das radioaktive Alphabet der zerfallenden Atomkerne buchstabieren können. Wer die Elemente und ihre Zerfallsreihen kennt, der kann die Geschichte des Sonnensystems erzählen: 750.000 Jahre bevor unser Planetensystem und unsere Sonne entstanden, presste die Explosion einer Supernova deren Material in eine sich gerade in der Nähe befindende Gaswolke. Die wurde geschockt! Das Gas der Wolke wurde angereichert mit dem Supernova-Material und es wurde durch die Schockwellen der Sternexplosion zusammengepresst. Durch den erhöhten Druck spürten die Gasteilchen mehr voneinander und strahlten ihre überschüssige Energie immer intensiver ab.
Das Gas kühlte sich ab und fiel unter seiner eigenen Schwerkraft zusammen. Es entstanden viele neue Sterne in dieser Wolke.
Manche dieser neuen Sterne rasten recht nahe aneinander vorbei und drehten sich und ihre Kumpanen an. Das Gas der Umgebung fiel auf diese sich um ihre Achsen drehenden Gaskugeln und ordnete sich in Scheiben an.
Gas СКАЧАТЬ