Название: Somatische Intelligenz
Автор: Thomas Frankenbach
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783867287357
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Das Maß aller Diätetik ist letztlich der Mensch und nicht das Nahrungsmittel. Eine Ernährungsform, so Pirlet, sei folglich nur dann naturgemäß, wenn sie der Natur des Einzelnen und seiner Verdauung entspricht.
Eine dogmenhaft betriebene Naturkost, wie sie von vielen Seiten propagiert und praktiziert wird, birgt die Gefahr, mehr zu schaden als zu nützen.
Wie reagiere ich?
Ein wichtiges Kriterium, die eigene, individuelle Verträglichkeit gegenüber antinutritiven Stoffen oder anderweitig unverträglichen Stoffen herauszufinden, bietet uns die Beschäftigung mit unserer Somatischen Intelligenz und den Signalen, die sie uns zukommen lässt: Wie reagiere ich auf bestimmte Speisen? Warum fühle ich mich von manchen Nahrungsmitteln lustvoll angezogen, während ich anderen regelrecht aus dem Weg gehe und sie meide? Und nicht zuletzt: Wie bekommt mir das, was ich esse? Fühle ich mich mit meiner Nahrung gut, oder kommt es vor, dass ich mich nach bestimmten Nahrungsmitteln unmittelbar, mittel- oder langfristig in meiner Stimmung oder körperlich beeinträchtigt fühle?
Rätselhafte Sternfruchtvergiftung
Dank des weltweiten Handels werden immer mehr exotische Früchte bei uns angeboten. So auch die meist aus den Tropen oder den Subtropen stammende Karambole, die bei uns gewöhnlich als Sternfrucht verkauft wird. Sie wird landläufig als Obstrohkost uneingeschränkt empfohlen. Ihr leicht säuerliches bis süßes Fruchtfleisch bereitet gesunden Menschen meist keine größeren Probleme: Bei Menschen mit Niereninsuffizienz führt ihr Genuss jedoch oft zu fatalen Vergiftungserscheinungen, die von Erbrechen und einer Eintrübung des Bewusstseins über Muskelschwäche und Taubheit der Extremitäten bis hin zu Lähmungen und Krampfanfällen reichen können. Eine unverzügliche Dialyse (»Blutwäsche«) kann hier Leben retten. Patienten, bei denen nicht dialysiert wird, versterben häufig. Das für die Vergiftungswirkung zuständige Gift in der Karambole konnte von Forschern bisher nicht identifiziert werden.
Die Wirkung vermeintlich harmloser Nahrungsmittel
Die sogenannte Weintrauben-Vergiftung gilt als ein veterinärmedizinisch gesichertes Krankheitsbild: Bereits eine verabreichte Menge von etwa 10 Gramm Trauben pro Kilogramm Körpergewicht oder vergleichbar knapp 3 Gramm Rosinen führt bei manchen Hunden zu Bauchschmerzen, Abgeschlagenheit und in schweren Fällen sogar zum Tod des Tieres durch Nierenversagen. Die dafür verantwortlichen Substanzen konnten bislang nicht gefunden werden. Als sicher gilt jedoch, dass es sich um Stoffe handelt, die sowohl in den Weintrauben selbst als auch im bei der Traubenpressung anfallenden Trester vorhanden sind. Auch reagieren nicht alle Hunde gleich auf Weintrauben. Offenbar besteht bei den Vierbeinern eine individuelle Disposition zur Verträglichkeit oder Unverträglichkeit der Beeren, so wie wir es im Hinblick auf viele andere, oft als harmlos angesehene Nahrungsmittel bei den Menschen kennen.
Natürlich lässt sich dieses Beispiel nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen. Es zeigt jedoch, zu welch drastischen Reaktionen eine von uns oft verklärend angesehene »Gesundkost« mit den in ihr natürlich enthaltenen Giften in der Lage sein kann.
Wechselwirkungen von Naturkost und Medikamenten
Ohne Frage tut Naturkost vielen Menschen gut. Wie wir gesehen haben, muss sie dennoch nicht immer und uneingeschränkt so harmlos und heilbringend sein, wie oft dogmatisch behauptet wird. Trotz – oder gerade wegen – ihrer vielen möglichen positiven Eigenschaften kann Vorsicht geboten sein. Und zwar auch aufgrund der Wechselwirkungen mit einer ganzen Reihe von Arzneistoffen. Es ist sogar zu vermuten, dass mit zunehmenden Forschungserkenntnissen auf diesem Gebiet noch weitere Wechselwirkungen entdeckt werden.
Gerade als gesund bezeichnete Nahrungsmittel können Arzneimittel in ihrer Wirkung abschwächen, sie aufheben, verstärken oder auch deren Nebenwirkungen verstärken. Die Folgen können je nach Kombination in schweren Fällen sogar Therapieversagen und Tod durch Vergiftung sein.
Zuweilen zeigt sich allerdings nicht nur im Rahmen bestimmter Erkrankungen eine Veränderung der Ernährungsvorlieben des betreffenden Patienten, sondern auch, wenn ein Mensch bestimmte Medikamente einnimmt. Nicht selten verändern sich durch Medikamente sowohl die Essgelüste eines Menschen als auch die Bekömmlichkeit dessen, was er zu sich nimmt.
Selbst wenn der Somatischen Intelligenz bezüglich der Wechselwirkungen zwischen Nahrung und Medikamenten enge Grenzen gesetzt sind, ist es ausgesprochen hilfreich, mit den Signalen des Körpers achtsam umzugehen.
Um den Gesundheitsstatus zu verbessern, greifen immer mehr Menschen zu Vitaminpräparaten. In Kombination mit bestimmten Arzneien kann die Einnahme der Präparate allerdings schwerwiegende Folgen haben. Wird etwa zu dem Antiepileptikum Phenytoin zusätzlich Folsäure verabreicht, führt dies unter Umständen zu längeren und häufiger auftretenden epileptischen Anfällen.
Werden Mineralstoffe und Spurenelemente, wie Calcium, Eisen oder Zink, ohne fachlichen Rat eingenommen, kann dies die Aufnahme und Wirkung von Antibiotika hemmen. Durch die in Vollkornprodukten vorkommende Phytinsäure wiederum kommt es zu einer beträchtlichen Drosselung der Mineralstoffaufnahme (
siehe auch den Abschnitt »Getreide«).Auch die Tannine genannten Gerbstoffe – zum Beispiel im oft völlig ahnungslos als uneingeschränkt gesund bezeichneten und damit beworbenen Grünen Tee sowie in Walnüssen, der Heilpflanze Hamamelis oder in Schwarztee – können die Aufnahme von Eisen und eisenhaltigen Medikamenten behindern. Tannine können außerdem die Wirkung des Asthmamittels Theophyllin unerwünscht verstärken. Ebenfalls aufgrund des erhöhten Tanningehalts können ähnliche Effekte bei Kakifrüchten auftreten, allerdings nahezu ausschließlich, wenn sie in unreifem Zustand gegessen werden; die reifen Früchte enthalten ungleich weniger Tannin und sind daher wesentlich besser bekömmlich.
Ballaststoffe aus faserreicher Ernährung, wie Müsli, Weizenkleie, Haferflocken, Haferkleie sowie Vollkornbrot oder -nudeln, können Körperfunktionen günstig oder ungünstig beeinflussen. Zudem schränken sie häufig die Wirkung von Schmerzmitteln, Antibiotika, Schilddrüsenmedikamenten und Antidepressiva ein.
Besonders schwerwiegenden Einfluss haben Grapefruit, Pampelmuse, Bitterorange mit ihren Säften auf die Wirkung von Herz- und Blutdruckmitteln, Cholesterinsenkern, Antiallergika, Schlaf- und Schmerzmitteln, Antidepressiva und Asthmamitteln: Die bitteren Zitrusfrüchte enthalten nämlich die sekundären Pflanzenstoffe Naringin und Bergamottin, die den Abbau der genannten Medikamente in der Leber stark hemmen. Medikamentenvergiftungen, mitunter sogar mit Todesfolge, können daraus resultieren.
Piperin, der Träger des scharfen Geschmacks im schwarzen Pfeffer, hemmt den Abbau des Bronchien-erweiternden Asthmamittels Theophyllin. So kann der rege Gebrauch von Pfeffer unerwünschte Wirkungsverstärkungen des häufig verordneten Asthmamittels nach sich ziehen.
Antidepressiva enthalten vielfach sogenannte MAO-Hemmer. Diese schränken die Funktion der Enzyme ein, die bestimmte Botenstoffe abbauen und so die Konzentration stimmungsaufhellender Botenstoffe im Gehirn erhöhen. Allerdings geraten die Stimmungsaufheller in Konflikt mit protein- und tyraminhaltigen, gegärten, fermentierten, lange gelagerten Lebensmitteln wie Sauerkraut, weißen Bohnen, Käse, Joghurt, Sojasoße und Rosinen. Werden nun solche Lebensmittel zusammen mit MAO-Hemmern eingenommen, kann dies zum Teil drastische Bluthochdruckkrisen auslösen. Als problematisch gelten wegen ihres Tyramingehalts auch Bananen, Ananas, Muskatnuss und Feigen, wenn diese zusammen mit MAO-Hemmern verzehrt werden.
Auch die Kombination von Nahrungsmitteln beeinflusst die Bekömmlichkeit
Einerseits gibt es Unverträglichkeiten gegenüber Nahrungsmitteln, weil diese bestimmte Stoffe enthalten, mit denen СКАЧАТЬ