Название: Karnische Hochzeit
Автор: Reinhard M. Czar
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783990403624
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„Ich weiß, Commissario“, entgegnete der örtliche Polizist, „es tut mir auch leid, Sie zu stören. Wo Sie doch übermorgen heiraten wollen. Aber Sie sind von der Kripo – und Sie sind hier. Ihre Kollegen in Tolmezzo, die eigentlich zuständig wären, gehen nicht und nicht ans Telefon.“
„Hm.“
„Und für die Spurensicherung brauchen wir einfach einen Profi am Tatort.“
Camilieri dachte kurz nach. „Stimmt“, meinte er dann. „Was man am Anfang nicht begutachtet und bewertet, ist unwiederbringlich verloren. Warten Sie eine Minute, ich komme mit Ihnen.“ Er ging zurück zum Bett und drückte Lydia einen Kuss auf die Lippen. „Ich bin so schnell wie möglich zurück, das verspreche ich.“
Lydia seufzte: „Ich bin schon zufrieden, wenn du unseren Hochzeitstermin schaffst.“
Ohne zu antworten, stürmte Camilieri aus dem Zimmer und eilte zu Forzas Tür. Er klopfte heftig und rief: „Aufwachen, Forza, es gibt Arbeit!“
Ein paar Minuten später sprangen die drei in den Alfa, der am Hotelparkplatz abgestellt war. Forza hinters Steuer, daneben auf den Beifahrersitz Camilieri und auf die Rücksitzbank der Beamte der Polizia municipale, der sie aus dem Bett geholt hatte. Der Mond tauchte das Gelände in fahles Licht, was sich schlagartig änderte, als Forza den Motor anließ und ungeachtet der Straßenverkehrsordnung, die für Ortsgebiet Abblendlicht vorsah, die Scheinwerfer einschaltete und aufblendete.
Als der Alfa mit quietschenden Reifen aus dem Parkplatz bog, wurde dem Dorfpolizisten im Fond rasch klar, warum Aufblendlicht: Schon nach ein paar Hundert Metern Fahrt, beim Einbiegen in die Viale delle Terme, brach aufgrund der Geschwindigkeit das Heck des Alfa aus. Doch Forza fing den Wagen geschickt ab. Nach rund dreihundert Metern in der schnurgeraden Straße, die vom höher gelegenen Ortsteil Piano d’Arta zum Fluss hinunterführte, hatten die Ermittler bereits hundert Sachen drauf. Dem Dorfpolizisten erstarrte das Antlitz zu Eis – sonst schrieb er an dieser Stelle bereits bei sechzig Stundenkilometern saftige Strafmandate. Und die Anrainer der abschüssigen Gasse dürften Forza mit seinem grellen Scheinwerferlicht und dem lauten Motorenlärm, die er ihnen durch die Fenster in die Schlafzimmer schickte, ohnehin von ganzem Herzen verflucht haben.
An der Kreuzung mit der Strada statale 52 bis Carnica, der Hauptstraße durch das Tal des But, lenkte Forza scharf nach links, wieder mit ausbrechendem Heck, um unmittelbar darauf in die Zufahrtsstraße zur Therme rechts wegzubiegen. Eine scharfe Kehre noch, mit leicht abhebenden Rädern ging es über die Brücke des Flusses und Forza stellte den Wagen direkt vor dem Eingang ins Thermalbad ab.
„Bene!“, lobte der Commissario, „das ging ja wirklich professionell.“
Nach einem zufälligen Blick auf Forzas Unterschenkel, den die Hose beim Aussteigen kurzfristig freigab, lachte Camilieri auf und fügte hinzu: „Besser als das Anziehen!“
Forza verstand nicht sofort. Erst nachdem der andere auf seine Füße gedeutet hatte, erkannte er das Malheur: Da hatte er doch glatt zwei verschiedenfarbige Socken erwischt!
„Merda“, murmelte er, „das kommt von der Hetzerei.“
Und Camilieri schoss durch den Kopf, dass Eleonora wohl noch ein gutes Stück Arbeit mit ihrem Giuseppe haben würde. Nur der Dorfpolizist dachte nichts. Seinem Gesicht fehlte nach dem Aussteigen völlig die Farbe, es glich den Nebelfetzen, die im bleichen Mondlicht gespenstisch vom Wasser des But aufstiegen.
*
In der Zwischenzeit herrschte in der Therme bereits Chaos. Menschen liefen wild durcheinander, ein Sinn, gar eine Struktur hinter ihrem hektischen Tun war nicht zu erkennen. Camilieri schnappte sich als Ersten den Nachtwächter, der – obwohl es eine weitere Befragung werden dürfte – erstaunlich gelassen dasaß und der Dinge harrte, die bis zu seinem wohlverdienten Frühstück noch kommen sollten.
„Sie haben die Leiche also gefunden“, begann der Commissario.
„Sì“, bestätigte der Mann.
„Wie lange waren Sie zu dem Zeitpunkt schon in der Therme?“
„Eine gute Viertelstunde, schätze ich.“
„Ist Ihnen vorher irgendetwas aufgefallen? War etwas anders als sonst?“
„No.“
„Denken Sie bitte genau nach, jede Kleinigkeit kann von Bedeutung sein.“
„Nein, Commissario, es war alles wie sonst. Obwohl … “, der Nachtwächter zögerte.
„Ja? Was obwohl?“
„Ein Fenster war offen. Ich bemerkte es an der Zugluft.“
„Zeigen Sie mir das Fenster!“ Und zu Forza sagte er: „Kommen Sie mit, Kollege.“
Der Nachtwächter führte die beiden zu dem Fenster und erklärte: „Hier, dieses Fenster war offen. Ich spürte gleich beim Hereinkommen Zugluft. Das ist aber nichts Besonderes. Jede zweite Nacht ist hier irgendwo ein Fenster geöffnet. Die Badegäste machen es tagsüber auf, wenn die Hitze zu groß wird oder die Luft schlecht ist, und das Personal merkt es beim Zusperren nicht.“
Vorsichtig, um nicht eventuell vorhandene Spuren zu zerstören, trat der Commissario an das Fenster heran und schaute hinaus.
„Viel sieht man nicht. Wir werden uns das Ganze nach Tagesanbruch von draußen anschauen“, sagte er zu Forza.
„Und was haben Sie dann gemacht?“, setzte dieser die Befragung des Nachtwächters fort.
„Na, das Fenster geschlossen“, antwortete der Mann leicht genervt.
„Und dann?“, drängte Forza.
„Dann habe ich meinen Rundgang fortgesetzt. Wie jede Nacht.“
„Dabei ist Ihnen nichts mehr aufgefallen?“
„Nein, alles war wie immer. Bis ich in die Halle mit dem Schwimmbecken gekommen bin. Da habe ich auf der Wasserfläche etwas treiben sehen.“
„Sonst war nichts anders?“, insistierte Forza. „Nicht die kleinste Kleinigkeit?“
„Na ja“, meinte der Nachtwächter nach einer kurzen Nachdenkpause, „es hat hier herinnen so komisch gerochen.“
„Wie – komisch?“
„Nach Verwesung. Zusätzlich zum Schwefelgeruch, der vom Wasser aufsteigt.“
Commissario Claudio Camilieri pfiff durch die Zähne. Er sagte zu Forza: „Wissen Sie, was das bedeutet?“
Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort: „Das bedeutet, dass unser Toter da gar nicht mehr frisch ist.“
„Sie meinen also, dass er woanders ermordet und erst danach hierher verfrachtet wurde?“, fragte Forza nach, ob er den Commissario richtig verstanden habe.
„Wenn er denn ermordet wurde“, antwortete Camilieri. „Es war ja noch nicht einmal ein Pathologe da. Wir kennen die Todesursache also nicht.“
„Alles СКАЧАТЬ