Название: Chronik von Eden
Автор: D.J. Franzen
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783957771285
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Tot und doch nicht tot.
Hungrig.
Nicht mehr sein Vater, sondern einer von denen.
Ein Knirscher.
Gerhard sah der Reihe nach die anderen an.
»Wenn wir Frank und den anderen nicht entgegengehen, sitzen wir hier fest, bis wir verhungert oder verdurstet sind. Sie schaffen es nicht bis hierher, und das weißt du genau, Jonas. Wer ist also dafür, dass wir es versuchen?«
Nacheinander nickten die Kinder Gerhards Vorschlag ab. Jonas zögerte, doch dann nickte auch er.
»Dann lasst es uns versuchen. Rosi, glaubst du, du schaffst es?«
»Ja«, sagte sie und stellte sich mit ausgebreiteten Armen so hin, dass sie die verbarrikadierte Tür des Kellers sehen konnte. Jonas nahm ihre linke, Gerhard ihre rechte Hand. Peter und Michael stellten sich ganz außen hin, und gaben jeweils Jonas und Gerhard die Hand. Im schwächer werdenden Licht der Propangaslampe sahen die Fünf aus wie ein Scherenschnitt, der als Dekoration für einen Kindergeburtstag gedacht war. Kaum hatten die Kinder eine Linie gebildet und ihre Augen geschlossen, wurde es dunkler und die Luft schien dicker zu werden. Die Zeit wirkte wie zähflüssiges Glas, gewann eine nahezu greifbare Konsistenz. Die Stühle und andere Gegenstände, die die Kinder als zusätzliche Barrikade auf den oberen Treppenabsatz vor der Tür gestapelt hatten, begannen zu zittern. Ein leises Wispern erfüllte den Raum, obwohl die Kinder alle schwiegen, vollkommen in ihre Konzentration versunken waren.
Dann riss Rosi die Augen auf.
Und die Tür zum Keller explodierte nach außen.
Sandra hielt ihr Tempo bei, wofür Frank sie verfluchte. Sie rannten am Rheinufer entlang in Richtung Innenstadt. Nicht weit voraus sah er schon das Schokoladenmuseum. Hinter sich hörte er die festen Schritte von Pfarrer Stark, der trotz seiner Panzerung und seiner enormen Körpergröße scheinbar mühelos mithalten konnte. Das Gewitter hatte sich inzwischen verzogen, aber der Regen und der schrille Gesang der Sirenen waren geblieben. Rechts zog an Frank der Rhein vorbei, und immer wieder sah er, wie vereinzelte Reanimierte es ans Ufer schafften. Er wagte es nicht, zurückzublicken, ahnte aber, dass die unheimliche Streitmacht der Zombies, angeführt von seinem speziellen Freund Hausmeister Krause, ihnen auf den Fersen war.
Unaufhaltsam.
Schweigend.
Sie passierten die Severinsbrücke und liefen am deutschen Sport- und Olympiamuseum vorbei. Frank sah aus dem Augenwinkel hinter den Fenstern Bewegungen, hörte trotz seines rasselnden Atems das Klopfen von toten Händen, sah gierig aufgerissene Münder mit fauligen Zähnen und die hilflose Wut über ein Schicksal, dass die hungrigen Untoten von den leckeren Häppchen fernhielt, die da unten um ihr Leben rannten.
Verdammt, da drin gab es noch mehr von denen!
Hoffentlich hielten die Türen!
Plötzlich zischte ein Fauchen über den Himmel. Ein Geräusch so erschreckend in diesem Augenblick und zugleich doch so schön in seiner Erinnerung an bessere Zeiten, dass sogar Sandra stehen blieb und in den verregneten Himmel spähte.
Über Köln schoss ein Düsenjäger der Einsatzkräfte im Tiefflug hinweg!
Frank und Stark schlossen zu ihr auf.
»Ob es noch Hoffnung gibt?«, fragte Stark, während er dem Flugzeug hinterher sah. Sandra schüttelte den Kopf.
»Wegen eines einzigen Flugzeugs am Himmel? Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, und ein einzelner Düsenjäger am Himmel ist noch keine Hilfe.«
Frank drehte sich um und sah zum Rheinufer hinab.
»Leute, ich würde vorschlagen, unser kleines Sit-in zu vertagen. Wir bekommen Besuch.«
Sandra und Stark drehten sich ebenfalls um. Die Horde Zombies, mit Hausmeister Krause an der Spitze, hatte inzwischen gewaltige Ausmaße angenommen. Sie liefen nicht, aber sie waren trotzdem schnell und ungewöhnlich sicher unterwegs.
»Möge der Herr uns beistehen! Das ist eine Armee der Untoten«, hauchte Stark und bekreuzigte sich.
Frank verkniff sich einen Kommentar und lief los. Schweigend lief Sandra hinter ihm her und nach einem letzten Blick auf die Horde Zombies folgte Stark ihnen.
Kapitel IX - Die Kinder
Die Kinder gingen in einer Reihe durch die Kirche. Nach wie vor hielten sie sich an den Händen. Rosi, die jetzt an der Spitze der Kette ging, hatte die Augen weit aufgerissen, während die anderen ihre in tiefer Konzentration geschlossen hielten. Die Finger der Kinder waren mit solcher Intensität ineinander verkrallt, dass die kleinen Knöchel wie weiße Spitzen aus ihren Handrücken hervortraten. Die Zeit in der Kirche schien stillzustehen, während unbekannte Kräfte dunkel um die kleine Gruppe aus Flüchtlingen waberten.
Rosi war ihr Fokus, Rosi war Augen und Ohren für sie.
Ein unglaublicher Kraftaufwand, der seine Spuren an dem kleinen Mädchen hinterließ. Ihr dunkles Haar bekam allmählich weiße Strähnen und aus ihren Augenwinkeln flossen blutige Tränen. Hinter den Kindern lagen verdrehte und zerschmetterte Körper vor dem Altar und über den Bänken. Vor ihnen standen mehrere Zombies, die zwischen Gier und Unbehagen wankten.
»Lasst uns passieren«, sagte Rosi mit einer Stimme, die wie ein atonaler Chor aus mehreren Kinderstimmen klang. Die Zombies reagierten nicht, neigten nur wie fragend ihre Köpfe zur Seite.
»Lasst uns passieren«, wiederholte Rosi mit der merkwürdigen Stimme ihren Befehl. Die Zombies wichen zurück. Langsam. Dann schwang die Tür des Gotteshauses auf. Ein Zombie in der Kampfuniform der Einsatzkräfte stand dort. Sein Gesicht war zu einem zähnefletschenden Grinsen verzerrt. Rosi zuckte zurück, als Gerhards Geist in der Kette ihrer verbundenen Bewusstseine aufschreckte. Sie konnte die gebündelte Energie ihrer Freunde einen Sekundenbruchteil lang nicht halten. Blitze zuckten durch das Gotteshaus, Bänke klapperten auf dem harten Boden. Die zurückweichenden Zombies wurden von unsichtbaren Fäusten weggeschleudert, zerdrückt, zerrissen. Blut spritzte grausige Muster an die Wände und auf den Boden. Knochensplitter rasten als schreckliche Schrapnells durch die Kirche. Aufstöhnend sank Rosi in die Knie, ließ unbewusst Gerhards Hand los, um den Sturz abzufangen. Die Kette der Energie zerriss. Haltlos fielen die Kinder nacheinander stöhnend zu Boden. Die Anstrengung war zu groß gewesen, forderte ihren Tribut.
Langsam kam das, was das Virus aus Gerhards Vater gemacht hatte, in die Kirche. Speichel lief sein zähnefletschendes Grinsen herab.
*
Franks Beinmuskeln waren glühende Stacheldrähte, seine Lungen fühlten sich trotz der Kälte des Regens so trocken an, dass er befürchtete, sie könnten sich mit jedem nächsten Atemzug selbst entzünden. In seinen Ohren klingelte es. Ob es durch das Heulen der Sirenen oder durch die ungewohnte Anstrengung verursacht wurde, wusste er nicht. Sie waren weiter am Rheinufer entlanggelaufen, hatten die verwaisten Schiffs-Anlegestellen der Köln-Düsseldorfer passiert, waren an der Frankenwerft vorbeigelaufen und standen nun vor einem Hotel direkt am Rhein. Linker Hand würde es zu der Kirche gehen, in der die Kinder sich versteckt hielten. Sandra hatte eine kurze Pause befohlen, da sie mit Widerstand rechnen mussten. Die Hände auf die Knie gestützt und nach Luft ringend, glitt sein Blick den Weg entlang, den sie zurückgelegt hatten.
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