Название: 39 Karate-Kata
Автор: Roland Habersetzer
Издательство: Автор
Жанр: Спорт, фитнес
isbn: 9783938305348
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Inneres Empfinden
Es geht darum, beim Ausüben einer Kata unaufhörlich das Gefühl zu haben, sich im Kampf zu befinden. Man muß versuchen, jeden Abschnitt der Kata zu verstehen. Es gibt eine ständige Wechselbeziehung zwischen dem inneren Verstehen einer Kata und der Meisterung ihrer äußeren Form. Jede Bewegung, jeder Rhythmuswechsel, jeder Stop erklärt sich aus dem Gesamtzusammenhang und tritt genau im richtigen Moment auf. Man muß den Rhythmus der Kata suchen und respektieren, sei er langsam oder schnell. Dies gestattet einem, den »Augenblick am Schopf zu fassen«, den Gegner zu übertrumpfen. Es gibt keine Stillstandzeiten. Selbst, wenn einem die Kata einen Augenblick des Innehaltens auferlegt, muß man dabei einen wachen und aufmerksamen Geist (Zanshin15) bewahren. Hinter jedem ausgeführten Schlag steht immer der Geist, der ihn beabsichtigt. Man sagt, daß sich der Geist zu Beginn »in allen vier Ecken« befindet – unfokussiert, aber bereit, in jeder Richtung einzugreifen. Doch mit der ersten Bewegung der Kata richtet er sich durch den ersten Gegner hindurch aus, ohne aber vollständig die Aufmerksamkeit aus den anderen Richtungen abzuziehen. Am Ende der Kata verweilt der Geist noch ein wenig beim letzten, besiegten Gegner, bevor er sich entspannt. Die Bewegungsfolgen müssen von ein und derselben Empfindung durchdrungen sein: Angreifen, kontern, blocken – alles erfolgt mit dem Gefühl, den Gegner zu umwickeln, sich an ihn zu heften, bis zum Ende, und ihn allein durch den Geist zu besiegen. Zumindest sollte man nicht an die Technik, die man gerade ausführt, denken, sondern an jene, die folgen (könnten). Durchlebt man eine Kata auf diese Weise, geht es in erster Linie um den Kampfgeist und erst in zweiter Linie um die Einzelheiten der Positionen. Der Blick ist scharf, flink und entschlossen und in Richtung der Handlung ausgerichtet. Er begleitet die Aktionen unaufhörlich, nimmt sie oftmals voraus und wird niemals gesenkt, auch nicht, während man sich umwendet. Das Gesichtsfeld muß so weit wie möglich sein. Dies erreicht man, indem man keinen bestimmten Punkt fixiert. Der Blick ist sozusagen »auf ein weit entferntes Gebirge« gerichtet; man sieht durch den Gegner »hindurch« (Enzan no metsuke)16 .
Das Üben der Kata
Die Bewegungen werden, wo dies erforderlich ist, mit maximaler Energie und Schnelligkeit ausgeführt. Bei jedem Aufschlag erfolgt ein Kime. Andere Sequenzen werden langsam und voll Konzentration geübt. Man macht schnelle Schritte, doch ohne zu hasten. Die Hüften sind abgesenkt, die Region des Hara ist angespannt. Der Mund ist geschlossen, das Kinn zurückgezogen, das Gesicht sollte nicht verzerrt sein. Der Körper wird als eine stabile Einheit bewegt, als ein Ganzes und ohne daß die Ortsveränderung zuvor signalisiert wird. Jede Kata beinhaltet mindestens ein oder zwei Techniken, die von einem Kiai begleitet werden. Nach dem Kiai verharrt man ein bis zwei Sekunden an seinem Ort, als würde man den Stoß geistig unterstützen. Dabei soll man für einen Augenblick »vom Ki, der Lebensenergie, erfüllt sein«.
Bei allem darf nicht vergessen werden, daß man sich mit den jeweiligen Grundtechniken des Stils, dem die Kata entstammt, vertraut machen muß.
Das Erlernen der Kata: Die Form und das Wesen
Es gibt Punkte, die sowohl bei der Ausführung von Grundtechniken als auch von Kata unbedingt zu berücksichtigen sind, und es gibt Aspekte, die eher von sekundärer Bedeutung sind oder gänzlich unbedeutend. Das Problem besteht darin, letztere von ersteren unterscheiden zu können. Auf keinen Fall haben alle Details dieselbe Wichtigkeit. Oft begeht man einen Fehler, wenn man sich damit begnügt, die äußere Form der Ausübung dieses oder jenen Experten zu imitieren, sie zu kopieren, ohne zu erkennen zu versuchen, was daran wirklich wertvoll ist und was vielleicht sogar der Experte selbst mißbilligen würde, wenn es ihm nur bewußt wäre. Solche Dinge lassen sich nur durch stetes Forschen ergründen und durch ein inneres Verstehen, das eines Tages unausweichlich daraus resultiert. Dies ist eine Frage der Zeit und des Willens. Die Unterscheidungsfähigkeit kommt mit der Erfahrung. Das ist der Grund, weshalb man die Dinge nach fünf, zehn oder zwanzig Jahren anders empfindet als zuvor. Selbst, wenn man versuchen würde, alles genau zu erklären, ist es nicht sicher, daß man verstanden würde. Das ist der Grund, weshalb ein Buch bestenfalls ein Leitfaden sein kann. Man kann dieses Wissen nicht mit einem Mal auf eine andere Person übertragen.
Dieses Handbuch enthält eine große Fülle an Details, aus denen der Leser mit der Zeit eine Auswahl treffen kann. Zu Beginn muß man auf alles achtgeben, so getreu wie möglich die geringste Einzelheit kopieren, ohne dabei allzu viele Fragen zu stellen. Nach einigen Jahren der Praxis wird man weiter gehen können. Wer dieses Buch dann von neuem liest, wird mit seiner Hilfe das Grundlegende entdecken, das wichtiger ist als die Form: Das Wesen der Kata, d. h., die Empfindung und der Geist, den ihr Schöpfer durch sie vermitteln wollte. Keine Zeichnung und kein Foto kann das vermitteln. Und doch sollte man darauf vertrauen, daß der beste Weg, zum Wesentlichen zu gelangen, darin besteht, zu Beginn die Form zu respektieren.
Eröffnung und Abschluß
Man steht in natürlicher Haltung (Shizentai), entspannt, mit herabhängenden Armen, den Kopf aufrecht. Gegebenenfalls ist die Haltung entsprechend zu korrigieren. Die Fersen werden zusammengeführt, die Fußspitzen gespreizt (Musubi dachi), die Hände sind offen neben den Oberschenkeln, und man verbeugt sich langsam zum Gruß (Ritsurei) am Ausgangsort der Kata, Kiten, in Richtung der Zentralachse der Kata. Man richtet sich wieentschlossener Stimme den Namen der Kata. Nun wird erst der linke, dann der rechte Fuß ein Stück zur Seite genommen (Hachiji dachi), und man nimmt die Bereitschaftshaltung Yoi ein; die geschlossenen Fäuste werden dabei vor dem Körper gekreuzt. Man ist ruhig und entspannt und steht aufrecht, wobei die Beine leicht gebeugt sind. Die gesamte Kraft konzentriert sich im Hara, der Geist ist aufmerksam (Zanshin), der Blick geht in die Ferne.
Am Ende der Kata nimmt man die gleiche Haltung ein. Dies ist das Yame bzw. Naore, die Rückkehr in die Position Yoi. Danach werden die Füße in den Musubi dachi zusammengeführt – erst wird der rechte, dann der linke Fuß in Richtung Mitte gesetzt. Man entspannt sich (Yassme) und grüßt wie zu Beginn. Am Ende richtet man sich wieder auf.
Anmerkung: Manche Experten versetzen sowohl bei der Eröffnung als auch beim Abschluß der Kata lediglich den rechten Fuß, der linke bleibt nach dem Gruß bzw. der letzten Bewegung der Kata an seinem Ort. Im Gôjû-ryû, aber auch in manchen Kata anderer Stilrichtungen – was deutlich die gemeinsamen Ursprünge zeigt – beginnt die Kata oft unmittelbar nach dem Gruß, während man sich noch in der Position Musubi dachi befindet.
Kata – Dô oder Jutsu?
Es ist bedauerlich, daß für viele Karateka die Kata letztendlich nichts weiter bedeutet als eine Abfolge von Techniken, die unter praktischen Gesichtspunkten, der Eignung für den Kampf, beurteilt werden, und dies unter dem Aspekt ihrer offenkundigen Anwendungsmöglichkeiten, der elementaren Bunkai. Solch eine formelle Herangehensweise wirkt sich verarmend auf die Welt der Kata aus. Darüber hinaus geschieht es oft, daß man die Techniken der Kata ausführt, ohne zu verstehen zu versuchen, wie man sie im realen Kampf anwenden kann. Das kann aus der Gewohnheit heraus geschehen oder aus Desinteresse, zumal es oft um nichts weiter geht, als durch das Ausführen der Kata höhere Graduierungen zu erhalten. Manch einer geht sogar so weit, daß er nach einem möglichen Nutzen der Kata gar nicht mehr fragt, überzeugt davon, daß Kata und Kumite sehr verschiedene Angelegenheiten sind. Wird die Kata aber nur noch als sportliche Übung betrachtet, als Krafttraining oder ästhetische Vorstellung, dann besteht die Gefahr, daß sie eines Tages verschwindet. Führt eine Gruppe von Karateka sie vor – mitunter gar zu Musik! –, so ist sie schön und spektakulär anzusehen … und doch nichts weiter als eine sinnentleerte СКАЧАТЬ