Die Perfektionismus-Falle. Reinhold Ruthe
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Название: Die Perfektionismus-Falle

Автор: Reinhold Ruthe

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783865066121

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      Dieser innere Antreiber kann sich lebensbedrohlich auswirken.

       Der introvertierte und der extrovertierte Perfektionist

      Da ist Frau Fischer. Eine penetrant ordentliche und zuverlässige Frau. Sie ist Buchhalterin in einer Textilfirma und bei der Firmenleitung beliebt. Ihre Arbeit ist einwandfrei. Wenn sie nicht fertig wird, macht sie Überstunden. Sie will die Arbeit erledigen. Was nicht erledigt ist, bereitet ihr enorme Kopfschmerzen. Am Ende des Jahres war ihr »ein kleiner Patzer« bei der Jahresabschlussbilanz unterlaufen. Sie war untröstlich. Die Firmenleitung beklagte sich nicht, aber Frau Fischer lag mit sich im Krieg. Sie konnte zu Hause ihren Haushalt nicht schaffen, war unglücklich und nicht zu genießen.

      »Ich bin eine dumme Pute. Der Fehler hätte nicht geschehen dürfen. Eine ordentliche Buchhalterin ist gegen solche Fehler gefeit. Wenn mir das wieder passiert, werfen mich die Chefs raus. Ein Buchhalter muss perfekt sein, sonst kann er gleich gehen.«

      Was sind die Kennzeichen eines introvertierten Perfektionisten?

      – Er ist unerbittlich gegen sich selbst.

      – Er kann sich Fehler und Sünden nicht vergeben.

      – Er kann Fehler bei anderen entschuldigen, aber nicht bei sich.

      – Er wertet sich selbst ab.

      – Er leidet an sich.

      Herr Weber ist ein extrovertierter Perfektionist. Er ist Kontrolleur in einer Elektrofirma. Er ist genau und überkorrekt. Aber er hat eine Schwäche. Ihn ärgert ungemein, wenn eine Kollegin oder ein Kollege etwas vergisst. Jede Großzügigkeit des anderen ist ihm ein Dorn im Auge. Als Kontrolleur – auf diesem Posten ist er goldrichtig – sieht er alles, hört er alles und weiß alles. Seine Kollegen meiden ihn, weil sie in ihm einen »Stänkerer« sehen. Den Spitznamen trägt er seit Jahren. Wenn in der Firma von »Stänker« die Rede ist, weiß jeder, wer gemeint ist.

      Herr Weber ist verheiratet und hat zwei Söhne von 13 und 15 Jahren. Das Verhältnis zu ihnen ist mehr als schlecht. Wenn der Vater nach Hause kommt, geht die Kritik los. Irgendwas findet er immer. Einer seiner Söhne hat ihm eines Tages das böse Wort in Riesenlettern an sein Arbeitszimmer geheftet: »Wer sucht, der findet. Wer nicht sucht, findet auch immer.« Der Vater kann darüber nicht lachen. Ihn ärgert diese Kritik, weil er darin eine unverschämte Rebellion sieht.

      Was sind die Kennzeichen eines extrovertierten Perfektionisten?

      – Er sieht bei andern Fehler und Schwächen.

      – Er kritisiert die Unvollkommenheiten anderer.

      – Er kann sich leichter verzeihen.

      – Er macht lieber die Arbeit selbst, um nicht die Unvollkommenheit anderer ertragen zu müssen.

      – Er hat ständig Schwierigkeiten mit anderen Menschen.

      – Er leidet an anderen.

       Perfektionismus: Irrationale Idee Nr. 11

      Der amerikanische Therapeut Dr. Albert Ellis, der Begründer der Rational-Emotiven-Therapie, hat in einem seiner Bücher elf »irrationale Ideen« veröffentlicht, die psychische Störungen verursachen und aufrechterhalten. Er geht davon aus, dass wir in unseren Familien und in unserer Gesellschaft von abergläubischen und unsinnigen Ideen indoktriniert werden. Solche Vorurteile und irrationalen Vorstellungen gelten als Hauptursache für Neurosen, Verhaltensauffälligkeiten und psychosomatische Störungen. Die Formulierung der irrationalen Idee Nr. 11 lautet:

      »Die Vorstellung, dass es für jedes menschliche Problem eine absolut richtige, perfekte Lösung gibt und dass es eine Katastrophe sei, wenn diese perfekte Lösung nicht gefunden wird.«1

      In der Welt der Unvollkommenheit und Unsicherheit glauben viele Menschen, nicht glücklich sein zu können. Sie suchen Sicherheit, absolute Beherrschung der Lage, die vollkommene Wahrheit und die totale Kontrolle.

      Alle diese »irrationalen Überzeugungen« sind falsche Erwartungen, beinhalten übertriebene Hoffnungen und enden in großen Enttäuschungen. Ellis geht davon aus, dass der Mensch, der diesen »irrationalen Ideen« nachläuft, genau die Katastrophe herbeiführt, die er vermeiden will. Irren ist menschlich und perfektionistische Lösungen werden zum Albtraum.

       Perfektionismus und Magersucht

      Überall wird deutlich: Den Perfektionismus gibt es nicht. Es gibt lediglich verschiedene Perfektionismus-Aspekte, die bei unterschiedlichen Personen spürbar werden.

      Da sind die Magersüchtigen. Sie haben perfektionistische Neigungen. Wahrscheinlich ist ihr Vollkommenheitsstreben eine der Hauptwurzeln für ihr Elend. Sie haben die Überzeugung, sie seien zu dick und nicht gut genug.

      Sandra Litty, eine ehemalige Magersüchtige, schrieb über ihr Leben:

      »Ich war weit gelaufen auf dem Weg, den ich meinen eigenen nannte, denn ich hatte ihn selber gewählt. Ich perfektionierte alles in meinem Leben, weil Perfektion das Ziel unserer Gesellschaft ist. Ich wanderte jahrelang auf meinem Weg, wollte es allen Menschen recht machen, wollte gut sein, alle Erwartungen erfüllen und Anerkennung sammeln, um mich selber zu mögen. Ich wurde mehr und mehr von meinen Fähigkeiten und – schlimmer noch – von den Unfähigkeiten abhängig. Wie konnte es anders kommen: Ich musste versagen, immer wieder fallen, denn wer kann diese Ansprüche schon erfüllen? … Auch als ich schon viele Bereiche meines Lebens von dem Zwang zur Perfektion befreit hatte, stand das Essen noch unter meiner Herrschaft. Alles hatte ich weggeworfen, aber die Herrschaft über meinen Körper wollte ich nicht aufgeben.«2

      Unmissverständlich spricht die Magersüchtige über ihren Perfektionismus. Die Ansprüche sind neurotisch. Das Vollkommenheitsstreben ist lebensfeindlich. Der Zusammenbruch des Lebenswillens voraussehbar. Wie geht die Magersüchtige damit um?

      Sandra Litty beschreibt es so: »Wäre ich dick, dann müsste ich vor Gram vergehen. Doch was soll ich tun? Die einzige Alternative war Selbstmord.«3

      Sie wurde wie ein Wunder davor bewahrt, aber der Weg war vorgezeichnet. Wer perfektionistische Ziele anstrebt, landet in einer Sackgasse. Die Anstrengungen sind übermenschlich und die Ziele überspannt.

       Perfektionismus und Kontrolle

      Eine Spielart des Perfektionismus ist Kontrolle. Kontrolle gehört zu bestimmten Lebensstil-Leitmelodien. Sie kennzeichnen die Einmaligkeit dieses Menschen.

      – Sie zeigen, was dieser Mensch am höchsten bewundert.

      – Sie zeigen, was dieser Mensch am intensivsten anstrebt.

      – Sie zeigen, was dieser Mensch auf alle Fälle vermeiden will.

      Die Lebensstil-Leitmelodie Kontrolle spiegelt ein Bewegungsgesetz des Menschen wider, eine Stellungnahme zu den Lebensproblemen und zum Zusammenleben in der Gemeinschaft. Man kann sie auch Prioritäten nennen. Prioritäten sind also hervorstechende Eigenschaften, Verhaltens- und Einstellungsmuster, die diesen Menschen besonders wichtig sind.

      Die Priorität Kontrolle kennzeichnet ein Wesensmerkmal des Perfektionisten. Dieser Mensch wünscht СКАЧАТЬ