Die Forsyte-Saga. John Galsworthy
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Читать онлайн книгу Die Forsyte-Saga - John Galsworthy страница 58

Название: Die Forsyte-Saga

Автор: John Galsworthy

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 4064066499952

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      Mit den dicken, halbgeöffneten Lippen unter seinem wohlgepflegten Schnurrbart und den frechen Augen, die von der Seite auf sie blickten, hatte er den tückischen Ausdruck eines Satyrs.

      Auf der Himmelsbahn zwischen den Gruppen der Baumwipfel drängte sich Stern an Stern; wie Sterbliche hienieden, schienen sie zu schwärmen, sich zu bewegen und zu wispern. Dann brach der Lärm auf der Terrasse aufs neue los, und Dartie dachte: »Ah, was für ein armer hungriger Narr ist dieser Bosinney!« und preßte sich wieder an Irene.

      Die Bewegung hätte besseren Erfolg verdient. Sie stand auf, und alle folgten ihrem Beispiel.

      Der Mann von Welt war fester denn je entschlossen zu sehen, aus was für Stoff sie gemacht war. Die Terrasse entlang hielt er sich dicht an ihrer Seite. Er war des guten Weines voll. Nun kam die lange Heimfahrt, die lange Fahrt, das warme Dunkel und die angenehme Engigkeit des Wagens mit der Abgeschlossenheit von aller Welt. Der hungrige Laffe von Architekt konnte mit seiner Frau fahren – er wünschte ihm viel Vergnügen mit ihr! Und sich wohl bewußt, daß seine Stimme nicht ganz sicher klang, war er so vorsichtig nicht zu sprechen; aber ein Lächeln hatte sich auf seinen dicken Lippen festgesetzt.

      Sie wanderten nach der andern Seite zu, wo ihre Droschken sie erwarteten. Sein Plan hatte den Vorzug aller großen Pläne, eine fast brutale Einfachheit – er wollte nur an ihrer Seite bleiben bis sie einstieg und schnell hinter ihr einsteigen.

      Aber als Irene an ihre Droschke kam, stieg sie nicht ein, sondern schlüpfte statt dessen nach vorn zu dem Pferde. Dartie war im Augenblick nicht genügend Herr seiner Beine um ihr folgen zu können. Sie streichelte die Nase des Pferdes, und zu seinem Ärger war Bosinney zuerst neben ihr. Sie drehte sich um und sprach mit leiser Stimme schnell zu ihm; die Worte ›der Mann dort‹ fing Dartie auf. Er blieb hartnäckig am Wagentritt stehen und wartete auf sie. Er kannte einen Kniff, der seiner zwei wert war!

      Hier im Lampenlicht mit seiner wohlgestalteten (nicht mehr als mittelgroßen) Figur, in der weißen Weste, den hellen Überzieher über den Arm geworfen, eine rote Blume im Knopfloch und diesem Ausdruck von keckem, gutmütigem Übermut in dem dunklen Gesicht, kam er am besten zur Geltung – war er durch und durch der Mann von Welt.

      Winifred war bereits in ihrer Droschke. Dartie überlegte, daß Bosinney ein armseliges Vergnügen darin haben werde, wenn er nicht aufpaßte! Plötzlich erhielt er einen Stoß, der ihn beinah zu Boden warf. Bosinneys Stimme zischte ihm ins Ohr: »Ich fahre mit Irene zurück, verstehen Sie?« Er sah ein Gesicht, weiß vor Leidenschaft, und Augen, die ihn anfunkelten, wie die einer wilden Katze.

      »He?« stammelte er. »Wie? Keine Spur! Sie fahren mit meiner Frau!«

      »Fort!« zischte Bosinney – »oder ich werfe Sie auf die Straße!«

      Dartie trat zurück; er sah deutlich, daß der Mensch es ernst meinte. Als Irene an der Stelle, die er frei gemacht, vorüberschlüpfte, streifte ihr Kleid seine Beine. Bosinney stieg hinter ihr ein.

      »Fahren Sie!« hörte er Bosinney rufen. Der Kutscher trieb das Pferd an, und es griff aus.

      Dartie stand einen Augenblick betäubt, dann stürzte er zu der Droschke, in der seine Frau saß, und kletterte hinein.

      »Fahren Sie zu!« schrie er dem Kutscher zu, »und verlieren Sie ja nicht den Burschen da vor uns aus den Augen!«

      Als er neben seiner Frau saß, brach er in Verwünschungen aus. Schließlich beruhigte er sich mit äußerster Anstrengung und sagte: »Eine schöne Geschichte, daß du den Bukanier mit ihr nach Haus fahren läßt; warum in aller Welt konntest du ihn nicht festhalten? Er ist toll vor Liebe; jeder Narr kann das sehen!«

      Er übertäubte Winifreds Erwiderungen mit neuen Anrufen des Allmächtigen und hörte auf dem ganzen Wege nicht auf mit seinen Jeremiaden, in denen er sie, ihren Vater, ihren Bruder, Irene, Bosinney, den Namen Forsyte, seine eigenen Kinder schmähte und den Tag verwünschte, an dem er geheiratet hatte.

      Als Frau von starkem Charakter ließ Winifred ihn gewähren, worauf er endlich in verdrossenes Schweigen versank. Er wandte den zornigen Blick nicht von der Rückseite der Droschke, die wie ein verlorenes Glück in der Dunkelheit vor ihm spukte.

      Glücklicherweise konnte er Bosinneys leidenschaftliche Ergüsse nicht hören – Ergüsse, die das Benehmen des Mannes von Welt zum Überfließen gebracht, gleich einer Flut. Er konnte Irenens Erschauern nicht sehen, als wäre sie eines ihrer Kleidungsstücke beraubt, noch ihre Augen, dunkel und traurig, wie die Augen eines geschlagenen Kindes. Er konnte nicht hören, wie Bosinney unaufhörlich inständig bat und bat; konnte ihr plötzliches leises Weinen nicht hören, noch sehen, wie der arme hungrig blickende Teufel verschüchtert und zitternd, ihre Hand demütig berührte.

      Am Montpellier Square fuhr ihr Kutscher, den Weisungen buchstäblich folgend, getreulich hinter der Droschke vor ihnen her.

      Darties sahen Bosinney herausspringen, dann Irene ihm folgen und mit gesenktem Kopf die Stufen hinaneilen. Sie hatte offenbar ihren Schlüssel in der Hand, denn sie verschwand sogleich. Es war unmöglich zu sagen, ob sie sich umgewandt, um mit Bosinney zu sprechen oder nicht.

      Dieser ging an ihrer Droschke vorüber; beide Gatten konnten sein Gesicht im Licht einer Straßenlaterne deutlich sehen. Es kämpfte mit einer heftigen Bewegung.

      »Gute Nacht, Mr. Bosinney!« rief Winifred.

      Bosinney stutzte, riß seinen Hut herunter und eilte davon. Er hatte ihre Existenz offenbar vergessen.

      »Da!« sagte Dartie, »hast du das Gesicht der Bestie gesehen? Was habe ich gesagt? Schöne Geschichten!« Er machte sich die Gelegenheit zunutze.

      So sicher war es zu einer Krisis in der Droschke gekommen, daß Winifred nicht imstande war ihre Theorie zu verteidigen.

      »Ich werde nicht darüber sprechen,« sagte sie. »Es hat doch keinen Zweck viel Wesens davon zu machen!«

      Mit dieser Anschauung stimmte Dartie ganz überein. Da er James als Privatrückhalt betrachtete, war er durchaus dagegen, daß er durch die Nöte anderer beunruhigt wurde.

      »Sehr richtig,« sagte er, »mag Soames selber aufpassen. Er hat ganz das Zeug dazu!«

      Damit betraten Darties ihre Wohnung, deren Miete James bezahlte, und suchten die wohlverdiente Ruhe. Es war Mitternacht, und kein Forsyte blieb draußen in den Straßen, um Bosinneys Wanderungen auszuspähen, ihn zurückkehren zu sehen, am Gitter des Square Gartens, fern vom Licht der Straßenlaternen im Schatten der Bäume stehen zu sehen und das Haus anstarren, wo sie im Dunkeln verborgen war, die für einen einzigen Augenblick zu sehen, er die Welt gegeben hätte – sie, die für ihn jetzt der Hauch der Linden, der Inbegriff von Licht und Dunkel, der Schlag seines eigenen Herzens selber war.

      Zehntes Kapitel

      Diagnose eines Forsyte

       Inhaltsverzeichnis

      Es liegt in der Natur eines Forsyte nicht zu wissen, daß er ein Forsyte ist; aber der junge Jolyon war sich wohl bewußt einer zu sein. Er war sich bis nach dem entscheidenden Schritt, der ihn zu einem Ausgestoßenen gemacht, nicht klar darüber geworden; doch seitdem hatte das Bewußtsein davon ihn nicht wieder verlassen. Er fühlte es bei seiner Vermählung, bei all seinem Tun und seiner zweiten Frau gegenüber, die wohlgemerkt keine Forsyte СКАЧАТЬ