Streben nach der Erkenntnis. Klaus Eulenberger
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Streben nach der Erkenntnis - Klaus Eulenberger страница 25

Название: Streben nach der Erkenntnis

Автор: Klaus Eulenberger

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

Серия:

isbn: 9783957449665

isbn:

СКАЧАТЬ und plötzlich wollten mich alle gleichzeitig begrüßen, wahrscheinlich, weil sie mich in dem Begrüßungstrubel einfach übersehen hatten. Das war ich aber schon gewöhnt. Nachdem sich das Begrüßungsgeplapper im Taubenschlag etwas gelegt hatte, gab es nur ein Thema. „Nun erzählt mal, was mit dem Hugo und seinen Stiefeln los war und warum dir dein Hinterviertel weh tut, Herbert.“ Mit immer noch leicht schmerzverzerrtem Gesicht erzählte mein Vater, Mutti ergänzte und Hugo saß unangenehm berührt da. Man sah es deutlich daran, wie er die Mundwinkel nach unten zog und leicht stöhnte. Offensichtlich war es ihm fürchterlich unangenehm, so im Mittelpunkt zu stehen und dazu noch mit solchen schlechten Nachrichten über ihn selbst. Alle lachten und machten so ihre Späße auf Kosten derer, die irgendwie leicht angeschlagen und geschädigt waren, so wie das halt in solchen Situation üblich ist. „Herbert, da wirst du nicht mehr mit deiner ILO auf Arbeit fahren können. Überleg dir mal, wenn die Erschütterungen von der Straße über dein Motorrad bei deinem Becken landen, Auweia! Die Liebe mit deiner Gretel im Bett ist nun endgültig vorbei. Bei solchen Beckenschäden muss man vorsichtig sein bei jeder Bewegung des Unterleibes.“ Sofort schaltete sich seine Frau Gerdi ein. „Schäme dich, Hagen, du sollst nicht immer so frech sein!“ Trotzdem schob er noch nach (und bekam dafür nun aber einen ernsthaften Ellbogencheck in die Rippen). „Das mit der nicht mehr möglichen körperlichen Liebe kann ein Leben lang dauern, sehr traurig für euch, Gretel und Herbert!“ Schäfer, Bernd beschäftigte sich mehr mit dem Förster. „Sage mal, du Waldarbeiter, musst du denn immer solche riesenlangen Stiefel anhaben, die den armen Herbert ins Verderben bringen, nicht ausziehbar sind, wie sich hier wieder einmal gezeigt hat, und überall Schmutz und Dreck hinterlassen!“ Jetzt war Herr Opel aber richtig beleidigt. Nicht nur die Mundwinkel blieben unten, auch die Oberlippe ging schmerzhaft auf eine Seite. Er war tief in seinem Inneren getroffen und beleidigt. „Bernd, du hast überhaupt keine Ahnung! Man merkt deutlich, dass du nur ein Bürohengst bist und von der Natur überhaupt keine Ahnung hast! Im Wald müssen wir nun mal geschützt sein gegen Steine, Geröll, sogar Schlangen und andre Unbill, die da auf uns zukommen kann!“ Plötzlich wurde er knallrot, verlor die Beherrschung und schrie: „Du bist so ein richtiges Büroarschloch! Ich werde jetzt die Gesellschaft verlassen, da ich hier nicht hingehöre!“, stand auf und wollte die Stube verlassen. Vater sprang erschrocken auf, legte eine Hand mit schmerzverzerrtem Gesicht auf sein Becken. „Hugo, das kannst du uns nicht antun, nachdem wir dir so fein die Stiefel ausgezogen haben und ich dabei fast im Krankenhaus gelandet wäre!“ Alle lachten und freuten sich königlich. Auch all die anderen redeten auf Hugo ein. „Sei doch nicht so beleidigt, sei ein Mann, wir wollen doch jetzt mit dir königlich speisen, Förster. Du kannst doch nicht schmollen wie ein kleines Kind!“ Man sah deutlich – Hugo war beeindruckt. Und, man muss es ja auch einmal so sehen, was sollte er denn zuhause? Keiner erwartete ihn, zu essen gab es auch nichts, also gab er von sich: „Ihr seid aber manchmal ganz schöne Biester und habt kein Verständnis dafür, wie schwer es ein Mensch hat, der von früh bis spät, bei Regen, Wind und Sturm im Freien ist“ und setzt sich wieder hin. Alle schmunzelten spöttisch und schadenfroh. „Ach, du armer Großwildjäger. Wie schwer du es doch in deiner Natur hast. Musst stundenlang auf dem Anstand sitzen. Das ist schlimmer als richtig schwer im Steinbruch zu arbeiten. Nun setze dich endlich hin und gib Ruhe, damit die Gretel ihr Supermenü auftragen kann. Hier, iss ein paar Hauspflaumen aus Schäfers Garten.“ Auf dem Tisch stand eine große Schüssel mit schönen dunkelblauen Pflaumen. Ich hatte auch schon häufig gekostet – einfach ein Genuss. Am meisten aber aß der Schäfer, Bernd selbst, obwohl er sie für alle anderen mitgebracht hatte, bis er plötzlich mit der erneut zugreifenden Hand zurückzuckte. „Schmecken wunderbar, aber jetzt ist Schluss! Die viele Blausäure bekommt meinem Corpus gar nicht gut!“ Dabei schaute er mich an. Offensichtlich hatte er diese Bemerkung für mich gemacht. Jetzt meldete sich aber noch einmal der Hartmann, Hagen. „Jetzt habe ich den Eindruck, dass das Thema mit dem Stiefelausziehen vom Hugo und dem Hinstürzen von Gretel und Herbert und der Beckenschädigung abgeschlossen ist. Damit das Thema nun einmal richtig ausgereift wird, müssten wir darauf einen richtigen Schnaps trinken. Herbert, ihr habt doch gemäß der neuen Regelung einen Schachtschnaps, den ihr einmal im Monat bekommt. Ich meine den Kumpeltod. Das wäre doch etwas, um den ganzen Ärger und Schmerz runterzuspülen.“

      „Keine Frage, das ist ein guter Gedanke, du alte Säuferseele, Hagen“, bestätigte Vati und holte schnurstracks eine Halbliterflasche, welche mit (ich dachte, es wäre Wasser, denn so sah es aus) dem erwähnten Kumpeltod gefüllt war. Mutti holte ein paar kleine Schnapsgläser und Vater füllte fleißig ein. Frau Jesus fragte interessiert: „Herbert, wieso heißt denn das Kumpeltod?“

      „Einfach deshalb, weil dieser Schnaps für die Bergleute, d. h. Kumpels unter Tage, als Anerkennung und Entschädigung für ihre schwere Arbeit gedacht ist. Wir im Büro bekommen aber auch etwas davon ab.“

      „Auf euer Wohl – vor allem, dass die Schmerzen im Becken bei Herbert vorbeigehen und er bald wieder lachen und auch das wieder erledigen kann, von dem wir vorhin gesprochen haben, nicht wahr, liebste Gretel?“ Jetzt schimpfte aber Mutti: „Schluss mit den frivolen Andeutungen – zum Wohl!“ Alle tranken und verzogen durchweg das Gesicht, vor allem die Frauen, die das halbvolle Glas wieder hinstellten und sich schüttelten. „Ihr habt schon recht – das ist wahrhaft ein Kumpeltod!“ Nun ging es endlich ans Essen. Alle Frauen halfen Mutti beim Auftragen. Ich saß neben Mutti, etwas auf die Ecke gedrängt und durfte natürlich mittun. Ständig fragte mich Mutti: „Schmeckt es denn, Klaus?“ Ich bejahte immer, obwohl ich ehrlich sagen muss – so berauschend war das Ganze gar nicht. Außerdem interessierten mich die Reden der Erwachsenen über wunderbare Steaks, Lenden, deren Zubereitungszeiten, Spargelsuppe und all diesen Kram betreffend nicht die Bohne. Schlichtweg – es war für mich langweilig. Nicht so für die Erwachsenen. Sie aßen mit Genuss, klapperten, schmatzten und plapperten, wie eigentlich immer, über Gebühr. Es war und blieb eben ein Taubenschlag. Sie redeten über die Faschingsveranstaltung bei Leistners und wie schlecht es ihnen am Tag darauf ging. Mutti erzählte ihre Story von der Umbestellung der Bauern durch Ursula, da sie nicht in der Lage war, die Beratungen zu führen. Ich sah sie noch in Gedanken mit ihrer Sturmhaube zum Fenster wanken, als sie dann Ursula ihr Vergehen beichtete. Vati schien es wieder besser zu gehen. Er hatte eine Superlaune und war, wie immer, der Mittelpunkt der Gesellschaft. Im Witzeerzählen war er immer Spitze und erzählte sehr viel – alle bogen sich vor Lachen (na ja, Ursula vielleicht nicht, sie war die Einzige, die nur vornehm und zurückhaltend lächelte). Meinen persönlichen Lieblingswitz, den er mir mindestens fünfmal schon erzählt hatte, brachte er auch an. Oma Elsa und Fritzchen sind zu Besuch bei einer vornehmen älteren Dame. Mitten im Kaffeetrinken ruft Fritzchen plötzlich äußerst aufgeregt „Omma, Omma, Omma! Sieh mal dort an der Wand – eine Wanze!“ „Ach, Fritzchen, du dummer Junge, du kleines Dummerle, das ist doch ein Nagel! Und nun sei endlich still!“ Oma Elsa ist das Ganze wahnsinnig peinlich und sie hofft innig, das Fritzchen nun endlich Ruhe gibt. Fritzchen ist auch wirklich zunächst still, meldet sich aber nach geraumer Zeit, vollkommen aufgelöst „Omma, Omma, Omma – sieh mal, jetzt looooft der Nagel!“ Er erzählte wahnsinnig viel, unterhielt alle mit seinen Anekdoten und Witzen und was markant war an seiner Art – er belustigte sich selbst am meisten. Schon beim Erzählen, noch mehr kurz vor der Pointe und dann bei dieser selbst, schüttete er sich fast vor Lachen aus und ich hatte den Eindruck, dass die meisten mehr über meinen Vater lachten als über den Witz selbst. Mutti fragte während des Essens: „Wünscht noch jemand Nachschlag an Sauce?“ Vater bestätigte und nachdem Mama diese gebracht hatte, monierte er: „Gretel, die ist aber nicht mehr ausreichend heiß, schade.“ Mutti konterte: „Herbert, sei nicht immer so pingelig. Die Sauce ist heiß genug.“ Vater wiegte den Kopf hin und her, schmunzelte. Dann lachte er schallend. „Es ist doch eiiiiiigenartig, dass die Frauen immer Recht haben wollen.“ Er brannte sich erneut eine ovale Zigarette von Leni an (meiner Meinung nach war es schon die achte, was mir überhaupt nicht passte, denn es roch schon fürchterlich in unserer Stube) und sagte: „Da fällt mir noch ein schöner, aber trauriger Witz dazu ein. In einem Ort ist ein Mord begangen worden und ein Ehepaar streitet sich hinsichtlich der Tatwaffe. Der Mann sagt: „Es war eindeutig ein sehr langes Messer.“ Die Frau behauptet stur und steif, es wäre eine Schere gewesen. Sie streiten und streiten – die Angelegenheit kulminiert und der Ehemann bekommt eine fürchterliche Wut und Rachsucht СКАЧАТЬ