Streben nach der Erkenntnis. Klaus Eulenberger
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Название: Streben nach der Erkenntnis

Автор: Klaus Eulenberger

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

Серия:

isbn: 9783957449665

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СКАЧАТЬ Gott sei Dank hatte Herr Opel nicht gehört, was Mutti entnervt mit halblauter Stimme, einen Moment vorher, von sich gegeben hatte. „Der Hugo kann einem wirklich auf den Geist gehen. Ich sehe schon jetzt seine Schlammstiefel vor mir – und dann noch zu zeitig kommen!“ Vati schaute erschreckt auf Mutti, hielt den rechten Zeigefinger senkrecht auf die Lippen und brummelte erschreckt:Pst, pst – bist du verrückt, Gretel?“ Gleich rechts von der Eingangstür stand ein Stuhl. „Herr Opel, bitte sind Sie so gut, nehmen Sie Platz. Meine Eltern kommen gleich.“ Hugo setzte sich hin und streckte die Stiefel weit von sich. Von Beruf war er Förster, riesengroß und hatte immer äußerst schmutzige Stiefel. Ich habe Herrn Opel nie anders als in beträchtlicher Schräglage sitzen gesehen. Vor allem jetzt, wo er warten musste, hatte er fast eine 45 Grad Neigung. Aber auch sonst, wenn er in Gesellschaft am Tisch saß, war seine Körperschräge bemerkenswert und oftmals beschwerten sich die ihm gegenüber Sitzenden, da sie mit seinen Füßen in Kollision kamen. Herr Opel hatte grundsätzlich einen grünen Lodenmantel an und auf dem Kopf einen grünen Hut mit Gemsbart. Wenn er Mantel und Hut abgelegt hatte, sah er aber immer noch komplett grün aus, da er eine grüne Hose, grünes Hemd und grüne Jacke trug. Er war vielleicht fünfundfünfzig Jahre alt und nach den Bemerkungen meiner Eltern ein urtypischer Junggeselle. Er lebte allein und Mutti sagte häufig: „Mich interessiert brennend, wie es bei dem zuhause aussieht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da alles ordentlich, sauber und frisch geputzt ist. Und außerdem möchte ich mal wissen, wie er sich denn so versorgt, denn kochen kann der keinesfalls. Sicher schlingt er nur Gekauftes aus dem Papier in sich hinein. Es ist für mich absolut verständlich, dass da überhaupt keine Frau einen Bock darauf hat, mit ihm zusammen zu sein.“ Da er häufig bei uns war, konnte ich auch miterleben, wie das dann war, wenn Minustemperaturen waren und das Eis an seinen Stiefeln auftaute. Sofort bildeten sich regelmäßig um die Stiefelfersen (mit Sicherheit hat er eine Schuhgröße von 26 - 28), denn nur mit denen hatte er Bodenberührung, kleine Pfützen, die immer größer wurden und am Ende schon als Lachen bezeichnet werden mussten. Mutti kam dann immer mit einem Scheuerhader und Eimer angeflitzt, trocknete und wischte den Fußboden, aber auch seine Stiefelenden, denn die waren ja letztlich die Verursacher der Dreckorgie. Glücklicherweise war der Untergrund Linoleum, so dass keine bleibenden Schäden entstanden. Nun kamen aber meine Eltern, einverstanden, etwas nervös und aufgeregt, aus der Stube. „Hugo, schön dich zu sehen, hast du deinen Dienst am deutschen Wald heute erfolgreich zu Ende gebracht?“

      „Ja, ja, Gretel, mir ist etwas sehr Dummes passiert. Ich wollte euch doch als Gastgeber eine Flasche selbstgemachten Stachelbeerwein mitbringen. Ich habe ihn leider vergessen, sehr peinlich!“ Mutti schaute verständnisvoll und lieb, wie immer. „Ist nicht so schlimm, Hugo – bringst sie eben das nächste Mal mit!“ Plötzlich sah sie auf seine Füße, die in riesenlangen Stiefeln steckten, welche schon zwei braune Schmutzlachen und ein paar kleine Schlammbatzen, mit etwas Gras darin, auf dem frisch gebohnerten Linoleum hinterlassen hatten. Augenblicklich schlug ihre gute Laune in zornige Kratzbürstigkeit um. „Aber, Hugo, bei aller Liebe, wir erwarten außer dir noch sieben Gäste und das kannst du denen und uns nicht antun! Die Stiefel müssen auf der Stelle runter – du bekommst ein paar Hauslatschen – und ich kann unser schön gepflegtes Linoleum wieder in Ordnung bringen!“ Vater schaute erstaunt. „Du bist doch einverstanden, Hugo? Die Gretel hat schon Recht – es sollte so sein, auch für unsere Besucher!“, versuchte er mit sanfter, ich fand, leicht bebender Stimme, zu vermitteln. Es war aber auch zu erkennen, dass Herr Opel ziemlich irritiert war. „Das war doch noch nie bei euch notwendig. Ich hab doch meine Filzhausschuhe gar nicht mit.“

      „Du warst ja auch noch nie in der Stube, wo unser bester Perserteppich liegt. Bisher waren wir ja nur hier in der Küche, wo du vor dich hinschmanden konntest“, hängte sich Mutti mit inzwischen ziemlich zittriger Stimme hinein. „Außerdem bekommst du von uns ein paar Pantoffeln, was Herbert schon erwähnte. Nun aber endlich los – mir wird so sachte angst, denn unsere Gäste kommen und ich muss auch sehen, dass meine schönen Steaks nicht verbrennen und so weiter und so fort. Ich hab viel zu tun!“

      „Gretel, du warst doch bisher immer so sanft. Was ist denn los heute? Bei mir zuhause habe ich einen wunderschönen Stiefelknecht, der im Vorsaal fest im Fußboden verankert ist und oben habe ich eine Reckstange, die mein Vorgänger immer für sportliche Übungen benutzt hat. Was denkt ihr denn, wie schwer das ist und wie viel Kraft das erfordert, die Stiefel runter zu zerren?“

      „Hebe doch mal dein rechtes Bein, Hugo. Ich ziehe jetzt. So schwer kann das doch gar nicht sein. Du weißt, ich habe Bärenkräfte“, sagte Vater und trat in Aktion. Zuvor muss ich sagen, dass mein Vater zwar nicht sehr groß (wie schon erwähnt – sehr zum Leidwesen meiner Mutter), aber, für meine Begriffe, enorm muskulös war. Sein Brustkorb war enorm. Vater zog und ich fand, dass dies mit enormer Zugkraft geschah. Ich ertappte mich dabei, dass ich genauso wie Vater vor Anstrengung mitstöhnte, obwohl ich nur zusah. Hugo hielt sich an seinem Stuhl fest und zog dagegen, aber es passierte nicht viel, d. h. der Stiefel löste sich keineswegs vom rechten Fuß. Jetzt wurde Mutti, die zwischenzeitlich nach ihren Steaks geschaut hatte, so richtig energisch. Für mich war es in dieser hektischen Art das erste Mal und sehr erstaunlich. „Also, Herbert, streng dich an! Nein, besser, ich ziehe mit, sonst sind die anderen da, ohne dass hier etwas Entscheidendes passiert ist!“ Um es kurz zu machen – Mutti kochte vor Wut. „Herbert, lege beide Hände um die Ferse und ziehe wie ein Bulle! Ich lege meine Hände über deine und versuche mein Maximales! Ziiiiiiiiiehe – jetzt!“ Beide waren knallrot im Gesicht, besonders Vater, seine Zornesader trat hervor und war so prall wie nie zuvor. Außerdem keuchten sie wie wahnsinnig! Hugo klammerte sich am Stuhl fest und versuchte den Fuß im Stiefel zu bewegen, damit er locker wurde. Herbert schrie: „Gretel, meeeehhhehr!“ – und stöhnte wie verrückt. Schlagartig löste sich der Stiefel (wahrscheinlich durch die inneren Bewegungen von Hugo) und mit angstvollem, lautem Geschrei stürzten Herbert und Gretel auf ihren Rücken. Ehrlich gesagt – ich war sehr erschrocken. Man hörte nur noch, wie beide jammerten. Besorgt hörte ich, wie Vater ächzte und lamentierte. „Mein Hintern! Oh, tut das weh. Das ist ja fürchterlich!“ Ich stürmte zu den beiden hin. Mutti stand schon wieder, war etwas irritiert und schüttelte sich, war aber wieder gut drauf. „Hugo, geschafft! Das kannst du nicht noch einmal mit uns machen! Um Himmels willen! Herbert’l, was hast du denn?“ Ich versuchte, Vater aufzuhelfen, hatte aber zu wenig Kraft. Er schaffte es mit der rechten Hand an die Türklinke zu kommen und zog sich hoch. Dabei stöhnte er mächtig gewaltig. Mir wurde regelrecht angst. „Vati, wo tut es dir denn weh?“

      „Ach, ich bin hier oberhalb vom Hintern auf den Rücken gefallen und das schmerzt enorm.“ Er zeigte mit dem Handrücken oberhalb vom Popo und Hugo rief: „Herbert du bist auf dein Becken geflogen. Das kann lange dauern, bis der Schmerz vergeht, weil das dort meist geprellt ist!“

      „Du machst mir ja mächtig Hoffnung, Hugo. Wegen dir …“ Weiter kam er nicht, denn es klingelte. Mutti ließ die Gäste herein, die alle auf einen Schlag gekommen waren – Herr Jesus und Frau, Hartmann, Hagen und seine Frau Gerdi, Ursula, Schäfer, Bernd und seine Frau Leni – großes Begrüßungsszenario! Etliche riefen: „Was ist denn los, Hugo? Wieso hast du nur noch einen Stiefel an? So was aber auch!“ Nachdem Mutti alle abgeschmatzt und begrüßt hatte, erklärte sie: „Wir haben gerade, Herbert und ich, mit Gewalt Hugos rechten Schmutzstiefel heruntergezerrt. Beim plötzlichen Lösen sind wir zwei auf den Rücken gestürzt und Herbert hat sich wahrscheinlich das Becken geprellt. Das war vielleicht eine Kraftaktion! Na eben! Wer hilft denn nun dem grünen Oberförster bei der Aktion Linker Stiefel runter, ohne auf den Rücken zu fallen?“ Alle Gäste schauten belustigt, begriffen irgendwie, dass hier eine ziemlich peinliche Situation, geradeso, bewältigt wurde und Hilfe für den Rest der Aktion vonnöten war. Die sonst nur sinnloses Zeug redende Leni, benahm sich plötzlich und erfreulicherweise recht praktisch. „Bernd und Hagen, ihr kräftigen Kerle, nehmt euch mal Hugos linken Stiefel vor, damit endlich einmal Ruhe wird und unsere Feier beginnen kann!“ Die beiden ließen sich nicht zweimal bitten, feixten kurz, bückten sich und zogen gemeinsam. Mit einem kräftigen Ruck war das Ganze geschafft. Bei dem Stimmengewirr und Begrüßungsdurcheinander wurde ich übersehen und dachte nach. Mit mir sind es damit elf Personen. Ich schaute bei dem СКАЧАТЬ