Streben nach der Erkenntnis. Klaus Eulenberger
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Название: Streben nach der Erkenntnis

Автор: Klaus Eulenberger

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783957449665

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СКАЧАТЬ zur Haustür hinein, durch den Vorsaal in die Küche. Das war vielleicht ein Geschrei und Stimmengewirr, als wir entdeckt wurden. Fast alle stürmten gleichzeitig auf uns zu, drückten und küssten uns, da aber für die übrigen sonst nichts mehr übrig war von uns, fassten sie unsere Hände an und da diese auch schnell vertan waren, drückten sie uns irgendwo an der Schulter an der Hüfte oder sonst irgendwo, wo noch frei war. Das Ganze gefiel uns sehr. Wir fühlten uns wie Helden, sonnten uns in der Aufmerksamkeit und plapperten wild drauflos. „Ganz so schlimm war die Operation nicht, aber die Narkose war ein Ding für sich. Das war, als wenn uns jemand mit Gas vergiftet hätte. Wir wurden wie wahnsinnig dabei und sind unheimlich schnell weggetreten.“ Alle lachten. „Wenn ihr mit dem Wegtreten die künstliche Ohnmacht meint, dann ist das schon in Ordnung, denn das war ja beabsichtigt, damit ihr nicht merkt, wenn sie euch den Bauch aufschlitzen.“ Nach all dem emotionalen Stimmungsgewusel und den Umarmungsaktionen kam nun endlich meine Mutti dazu, mich zu begrüßen. Na ja, begrüßen konnte man das eigentlich gar nicht so richtig nennen. Ich hatte schon beobachtet, als die allgemeine Euphorie unseres Empfanges und unserer Wiedergeburt noch lief, dass Mama wahnsinnig abgespannt und erregt war. Als wir die Küche betraten, sah sie schmal und blass aus. Später wurde aus der weißen Gesichtsfarbe eine knallrote, die aber auch wieder zurückwechselte. Mutti war ganz einfach nervlich angeschlagen. Nun, als ich mich ihr endlich zuwenden, sie drücken und ihr einen Kuss auf die Wange geben konnte, brach ihre Aufgeregtheit voll durch. „Klausmann, wie könnt ihr der Selma und mir das antun? Das war doch ein großes Risiko, den Weg allein zu gehen und außerdem hatte ich doch den Wittasch, Erhard bestellt!“

      „Der aber überhaupt nicht kam, Mutti. Beruhige dich doch, es ist alles gut gegangen.“ Die Absicht hatte Mama aber überhaupt nicht. „Erik, wie konntest du denn zustimmen, dass ihr beiden zusammen losmarschiert? Du bist doch vielleicht vernünftiger als der Klaus.“

      „Frau Eulenberger, der Klaus hat das schon richtig gemacht und außerdem bin ich nicht unbedingt vernünftiger als er.“ Das Ganze war für Mutti noch längst nicht zu Ende. Sie wiederholte ein ums andere Mal, welchen Gefahren wir uns ausgesetzt haben, dass wir undiszipliniert sind und das so wahnsinnig viel hätte passieren können. „Gretel, beruhige dich doch. Jetzt sind doch die beiden hier und damit alles in Ordnung. Ich habe feines Gehirn gebraten und Kartoffeln gekocht, jetzt wollen wir erst einmal fein speisen. Übrigens – was hätte denn deiner Meinung nach überhaupt passieren können?“, versuchte Frau Kornblume die Situation zu beruhigen. Das hätte sie vielleicht nicht tun sollen – das Gegenteil trat ein. Mutti echauffierte sich unheimlich. „Die Narben von der Operation hätten bei dem Marsch wieder aufbrechen können. Beiden hätte schlecht werden können oder sie wären in den Straßengraben gestürzt oder sonst irgendetwas – sieh das doch mal ein, Selma.“ Alle verdrehten die Augen, Selma drückte Gretel und sagte: „Nun aber wirklich einmal Ruhe, Margarete, mit deinen Bedenken und deinem hätte, hätte passieren können. Jetzt wird gegessen!“ Mutti konnte aber immer noch nicht ihre Ruhe finden und sagte (wie üblich) „Es ist doch aber auch wirklich wooooohr!“

      Dadurch, dass ich auf meinem Schulweg immer am Gemeindeamt vorbeikam, war ich öfter als früher bei Mutti im Büro. „Komm uns doch mal besuchen, wenn du auf dem Heimweg bist, Klaus. Die Ursula und ich – wir freuen uns immer sehr, wenn wir dich einmal sehen.“ Also schaute ich häufig einmal nach dem Rechten im Gemeindeamt. Die Ursula – das war die Frau Walther, Muttis enge Vertraute und Freundin. Häufig erzählte sie mir: „Die Ursula ist eine ganz Liebe und der Fleiß in Person. Für mich ist sie der eigentliche Bürgermeister, denn wenn wir mit Aufgaben vom Kreisamt belegt werden, die gestern schon fertig sein sollten, bietet sie sich sofort an, eine Nacht, oder wegen mir auch mehrere, durchzuarbeiten, um das Beste herauszuholen. Natürlich hat sie auch bessere Bedingungen als ich, da sie nicht mehr verheiratet ist und nur mit ihrem Vater, einem Tischlermeister in Rente, zusammenlebt. Für Ursula ist der Partner ganz einfach das Gemeindeamt, für den sie alles tut. Das weiß auch der Jupp, unser neuer Bürgermeister, und ich finde, er nützt die gute Seele so richtig aus. Manchmal kommt mir der Jupp wie ein Hallodri vor, na ja, er ist ja auch aus dem Rheinland und durch die Kriegswirren hier bei uns irgendwie hängen geblieben.“ Die Ursula (ich sagte immer Frau Walther zu ihr) und Mutti freuten sich weiß Gott immer sehr, wenn ich in ihrem Büro erschien. Sie unterbrachen sofort ihre Arbeit – allerdings nur kurz, denn zumindest Ursula arbeitete, nach einer kurzen Rast, sofort weiter. Meist klingelte schon nach kurzer Zeit das Telefon und die beiden hatten eigentlich gar nicht so viel Zeit für mich. Ursula kramerte, ohne ihre Arbeit so richtig zu unterbrechen, manchmal in ihrer Tasche und, wenn ihre Hand, aus dem offensichtlichen Chaos, herauskam, umklammerte sie einen Pfefferminzbonbon, den sie mir sofort freundlich herüberreichte. Ursula war aber ganz anders als Mutti – ich meine, bezüglich ihres Aussehens und auch in ihrer Art. Sie hatte eine Frisur, die wie eine gesprengte Matratze aussah – ähnlich Angela Davis. Ihr Gesicht war schon ziemlich zerfurcht und die faltige Haut war irgendwie leicht gelblich. Sie trug eine starke Brille – eine solche, die in dem Brillenglas außen eine umlaufende Kante hatte und wo das Glas nicht konvex (wie üblich), sondern beidseitig konkav war. Zudem sprach Frau Walther so sanft, dass ich mir heimlich dazu den Passus zurechtlegte: „Frau Walter haucht“. Mutti erzählte mir später flüsternd, dass die Frau Walther überhaupt keinen Wert auf ihr Äußeres legen würde. Ich war erstaunt, da ich nicht begriff, weshalb die Ursula ihre Matratzenfrisur nicht in Ordnung bringen wollte. „Klaus, es gibt Menschen, die nur für ihre Arbeit leben. Alles andere interessiert sie nicht! Sieh mal, die Frau Schabracke, deine Klassenlehrerin! Diese gebildete Dame scheint ähnlich zu denken.“

      „Also, Mutti, nun fange mir nicht noch mit der Schabracken an. Die schaut genauso verbissen in die Welt wie ihre fettigen Haarloden!“

      „Nun ist aber Schluss! Wie redest du denn über deine Lehrerin? Das ist ja ein Skandal, mit welcher Respektlosigkeit du diese gebildete Frau hier verbal behandelst!“

      An einem Abend – zwei Jahre nach Kriegsende – holte ich meine Mama, wie fast jeden Tag, vom Gemeindeamt ab. Es war 20 : 00 Uhr und bereits ziemlich dunkel. Wie üblich, ging ich zu dem rechten Hochparterrefenster, hinter dem ihr Arbeitsraum war, stieg auf die Sohlbank des darunter befindlichen Kellerfensters und klopfte dreimal an das Fensterglas. Von innen kam die äußerst fröhliche Antwort: „Koooooomme gleich, Klausmann.“ Ich wartete. Da es mir aber zu lange dauerte, ging ich die paar Stufen hoch, durch die Haustür und dann rechts rein durch die Tür, an der Gemeindeamt stand. Ich trat ein in einen großen Raum, welcher aber, schon nach reichlich zwei Metern, durch einen Tresen von dem übrigen Arbeitsbereich getrennt war. Es war so, wie ich es eigentlich schon kannte – ich sah Frau Walther, welche wie immer (anders hatte ich sie eigentlich noch nie gesehen) äußerst fleißig arbeitete. Sie hatte handschriftliche Unterlagen vor sich liegen, wobei sie den linken Teil in die Höhe hielt, etwas suchte und dann in eine Tabelle übertrug. Mutti stand daneben und sagte in etwa so: „Ursula, du musst den Umsatz in Getreide, Ergebnis pro Bauer, auflisten und das hier dann in der Tabelle erfassen.“

      „Das ist aber mit einer unheimlichen Sucharbeit verbunden, Gretel, wie kommt das Kreisamt nur auf den Termin morgen?“ Mutti holte mitleidvoll tief Luft. „Du weißt, Ursula, für mich bist du der wahre Bürgermeister. Ich bin morgen früh pünktlich da und helfe dir. Jetzt muss ich erst mal mit dem Klaus gehen.“

      „Ja, ja, Gretel, gehe nur – ich tue mein Bestes!“ Für mich war aber kaum zu übersehen, dass Muttis Freundin Ursula arg strapaziert wirkte und abgekämpft war. Als wir zusammen gingen, sagte ich ihr dies. „Ach, mein kleiner Klaus, das Leben ist manchmal gar nicht so einfach. Die Ursula ist eine ganz liebe Freundin von mir und wahnsinnig ehrgeizig. Sie will immer alles allein machen, ist aber nicht die schnellste. Bei der Sache, die sie jetzt bearbeitet, durfte ich ihr nicht helfen. Da hat sie ganz einfach ihre schon fast krankhafte Strebsamkeit, alles allein schaffen zu wollen, in etwa so: Da muss ich durch – wenn ich dies allein für das Kreisamt fertig bringe, fragen die sicherlich, wer das denn so rasch zusammengestellt hat und ich habe dann meinen Platz hier im Gemeindeamt gesichert. Eventuell hat ja die Gretel Recht, wenn sie sagt, ich sei der eigentliche СКАЧАТЬ