Harka. Liselotte Welskopf-Henrich
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Название: Harka

Автор: Liselotte Welskopf-Henrich

Издательство: Автор

Жанр: Исторические приключения

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isbn: 9783957840004

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СКАЧАТЬ Aufbruch zu dem großen Zug in unbekannte Prärien.

      Aber es war etwas anderes, was ihn schon nach einigen Stunden wieder weckte. Der Wind, der tagelang geweht hatte, war plötzlich in einen Sturm übergegangen. Er raste über die weite Prärie, er brach sich an den Waldbergen, fauchte in den Wipfeln und blies selbst wider die Zelte auf der geschützt liegenden Waldwiese, so dass sich die Planen bauchten und die langen Fichtenstangen zitterten. Hoch oben am Berg krachte, dröhnte und kreischte es, wie es splitternde und stürzende Stämme tun. Es war ein Geräusch, das sofort das ganze Zeltlager alarmierte. Im Wald entstand ein Windbruch. Harka schlang rasch den Lendengürtel um und weckte den jüngeren Bruder. Die Großmutter war schon auf; die Mutter holte eben das Mädchen Uinonah aus dem Schlaf. Harka blickte sich nach dem Vater um, aber dieser musste das Zelt schon verlassen haben; er war nicht mehr zu sehen. Das Krachen und Kreischen verstärkte sich. Der Sturm schien ganze Waldhänge niederzubrechen.

      Harka kroch auf allen vieren aus dem Tipi, um sicher zu sein, dass ihn der Sturm auf der Wiese nicht umreißen würde. In den Wipfeln rauschte es ringsum mit unheimlicher Macht, die Stämme bogen sich tief, und schon wieder schrie und dröhnte es von brechenden Stämmen weiter oben am Berg. Das Geräusch ging durch alle Nerven. Die Zelte wurden geschüttelt. Man konnte sie nicht einmal abschlagen, weil die Planen, von den Pflöcken gelöst, sofort vom Winde gepeitscht die Zeltstangen umgerissen und zerbrochen hätten.

      Die Frauen, Kinder und Alten fanden sich in der Mitte der Wiese zusammen, wo die geringste Gefahr bestand. Dorthin drängten sich auch die Pferde und die Hunde. Die Männer und Burschen blieben bei den Zelten, um sofort anzufassen, wenn ein Zelt losgerissen werden sollte. Das Tipi war neben den Waffen der wertvollste Besitz jeder Familie und nicht leicht zu ersetzen, wenn es verlorenging. Denn die Büffel, aus deren Haut die Zeltplanen bestanden, mussten erst aufgespürt und gejagt werden, und das Trocknen und Gerben der Häute, die jede Nässe und Kälte auszuhalten und abzuhalten hatten, dauerte mit dem Gerbverfahren der Indianer sehr lange.

      Harka wachte mit Tschetan zusammen bei den Zelten Mattotaupas und Sonnenregens; die beiden hielten die aus Büffelsehnen bestehenden Zeltschnüre und die Pflöcke fest, wo die Planen sich loszureißen drohten. Hin und wieder äugten sie zueinander hin. Der Sturm wehte nicht gleichmäßig. Zuweilen ließ er nach, dann kam wieder eine Bö. Die größte Gefahr war, dass Luftwirbel entstehen konnten. In der höheren Luftregion schien das schon der Fall zu sein. Harka beobachtete, wie ein ganzer Baum mit Wurzeln und dürrem Geäst vom Berg herab durch die Luft gewirbelt wurde; er konnte seine Bahn nur ein Stück weit im eigentümlich milchig gefärbten Luftraum verfolgen. Wahrscheinlich schleppte der Sturm seine Beute weit auf die Prärie hinaus.

      Vom Berg polterte ein Felsblock, der von Eis und Tauwetter schon gelockert gewesen sein mochte und der jetzt vielleicht mit einem losgerissenen Baum zusammen in Bewegung gesetzt worden war. Er rollte und sprang, das gefahrdrohende Geräusch näherte sich der Waldlichtung mit den Zelten, und es blieb Menschen und Tieren nichts anderes übrig als zu warten, wohin der Block treffen würde.

      Mit einem dumpfen Krach blieb er genau zu Beginn der Wiese in der Erde stecken; mit einer Spitze und Kante hatte er sich festgebohrt. Alle atmeten auf.

      Endlich nahm das Rauschen und Brausen etwas ab, und der Druck auf die Zelte ließ allmählich nach. Die Tiere rührten sich wieder. Mattotaupa sprang auf den großen Block, so dass ihn alle sehen konnten, und gab das Zeichen dafür, dass man essen und dann aufbrechen wolle.

      Untschida, die Großmutter, gab im Zelt Mattotaupas ein karges Frühstück aus. Die Kinder und die Frauen erhielten aus kleinen Lederbeuteln zerriebene Beeren und Wurzeln, Mattotaupa aß eine Handvoll getrocknetes Büffelfleisch, das noch von einer Herbstjagd stammte. Das war alles, und es musste den Hunger für den ganzen Tag stillen. Vor dem Abend würde es nichts mehr zu essen geben.

      Die Großmutter Harkas, Mattotaupas Mutter, galt jetzt als die angesehenste Frau im Zeltdorf, da Mattotaupa nach dem Tod des Weißen Büffel bis zur Bestallung eines neuen Friedenshäuptlings der alleinige Anführer der Jägergruppe war. Sie ging hinaus und löste die erste Plane von den Stricken, so dass diese im immer noch stark wehenden Winde wie eine große Fahne donnerte. Das war das Zeichen zum allgemeinen Aufbruch.

      Alles war schnell zusammengepackt, denn die Jägerfamilien besaßen nicht viele Habseligkeiten. Die Frauen und Mädchen kletterten an den Zeltstangen hinauf und lösten die Sehnenstricke, die die Stangenspitzen zusammenhielten; bei dieser Arbeit half auch schon die zehnjährige Uinonah. Harka und seine Spielgefährten und Altersgenossen brachten die Pferde herbei. Den Lastpferden wurden die Rutschen angehängt. Zwischen je zwei Zeltstangen, die sich mit dem einen Ende über dem Pferderücken kreuzten und deren andere Enden nachschleiften, wurde eine Lederdecke gespannt; in diese Decke legte man die Habseligkeiten, dorthinein setzte man auch die Kinder, die schon zu groß waren, um noch von der Mutter auf dem Rücken getragen zu werden, und auch noch zu klein, um selbst zu reiten. Wagen besaßen die Indianer nicht, da sie keine Räder herstellten.

      Harka und der neunjährige Harpstennah hatten schon eigene Pferde und schwärmten mit den berittenen Burschen und Kriegern um den sich bildenden langen Wanderzug. Die Frauen und Mädchen ritten die Lastpferde. An der Spitze des Wanderzuges fand sich Hawandschita ein, der über achtzig Jahre alte Zaubermann, dürr, sehnig, ein wenig gebückt stand er da. Ehe der Zug sich in Bewegung setzte, sprach er das uralte Morgengebet um »Nahrung und Frieden« für die ganze Schar.

      Dann tat er den ersten Schritt, und Mattotaupa, der Kriegshäuptling, trieb seinen Scheckenhengst an, um vorauszureiten und den Zug durch den sturmverwehten Wald hindurch auf die Prärie zu geleiten.

      Der Wanderzug musste den Fluss durchqueren, an dem die Jungen abends zuvor gespielt hatten. Hawandschita und Mattotaupa führten am Ufer ein Stück flussabwärts, um eine Furt in der Mittelrinne zu benutzen, die den Übergang erleichterte. Harka wusste, dass die Furt tausend Schritte abwärts lag, und da hier, noch in der Nähe des bisherigen Zeltlagers, kaum eine Gefahr drohen konnte und die Ordnung für die begleitenden Reiter daher nicht streng eingehalten wurde, ritt er mit Tschetan zusammen ein Stück voraus. Er fand den Platz, wo sich die Rinne verbreiterte und die Wasser seicht über den Sand fluteten. Hier hielten Harka und Tschetan an, warteten und schauten sich ein letztes Mal in dieser Gegend um, die sie seit früher Kindheit gut kannten und nun für lange Zeit, vielleicht für immer, verlassen sollten. Die neuen Jagdgründe, das Ziel der Wanderung, lagen mehrere Tagesritte weiter südlich.

      Harkas Aufmerksamkeit richtete sich auf die Verwüstung, die der Sturm auch an den Flussufern angerichtet hatte. Das elastische Weidengesträuch war unversehrt geblieben, aber zwei junge Bäume, die sich auf Schwemmland angesiedelt hatten, waren entwurzelt, und das Wasser sammelte sich in der aufgerissenen Erde. An dieser Stelle blinkte etwas. Harka fiel das auf, und da er Zeit hatte, ritt er hin, um zu prüfen, was denn hier die milchig-blassen Sonnenstrahlen fing und zurückwarf. Er schaute vom Pferd herunter auf den ungewöhnlich glänzenden Gegenstand. Es schien ein kleiner Kiesel zu sein, aber er schimmerte gelb-rötlich, viel schöner als jeder andere, und Harka glitt von dem Pferd, das er sattellos ritt, und bückte sich, um den Fund näher zu betrachten. Es schien wirklich nichts weiter zu sein als ein ungewöhnlicher Stein, den das Wasser früher einmal mitgeführt, dann mit Sand und Erde bedeckt hatte und der jetzt unter den aufgerissenen Wurzeln wieder zutage gekommen war.

      Harka wog ihn in der Hand und steckte ihn dann in einen Beutel am Gürtel, um ihn als Erinnerung mitzunehmen. Von dem Wert und der Bedeutung seines Fundes hatte er noch keine Ahnung.

      Der Wanderzug näherte sich der Furt wie eine lange Schlange und gewann nach Überwindung einiger Hindernisse im Wald die freie Prärie.

      Der starke Wind wehte von Nordosten; die Mähnen der Pferde und die Haare der Jungen flatterten. Von Südosten her schien die Sonne, der man entgegenreiten musste. Sie blendete in die Augen. Alle blinzelten und spähten in die große Weite des Graslandes hinaus. Am ersten Tag bewegte sich der Zug noch СКАЧАТЬ