Panik. Reinhold Eichacker
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Название: Panik

Автор: Reinhold Eichacker

Издательство: Автор

Жанр: Научная фантастика

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isbn: 9783945574591

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СКАЧАТЬ Vom Tisch kam ein Summen, und eine Lichtbirne blitzte.

      Earthcliffe nahm den Hörer. »Dr. Wepp? Sind Sie fertig? Was ist mit dem Punkt? Wie? So, bitte - jetzt Meldung.« Mit einer leichten Handbewegung schob er den zierlichen Stift auf den Schreibblock. Der Apparat schrieb jedes Wort des Gesprochenen nieder. »Schwarzer Punkt vor der Sonne auch hier aufgenommen. Erster Kontakt mit dem Sonnenrande: 19 h 30 m 22,47 s...«

      »X hoch nix!« schrie der Alte ins Sprachrohr und fuchtelte wild mit der Hand durch die Sonne. »Also sind wir dem Kerl doch um volle 2 Hundertstelsekunden im Rücken geblieben!« Der Stift auf dem Block stockte kurz und schrieb weiter.

      »...letzter Kontakt: 19 h 39 m 14,86 s. Passage des Mittelmeridians der Sonne: 19 h 34 m 49,815 s. Dauer des Vorübergangs vor der Sonne: 8 m 50,09 s. Positionswinkel: 15° und 75°. Durchmesser des Körpers: 0,17 Minuten.«

      »Very well, Dr. Wepp! Thanks, all right!« Wie ein Ball sprang der kleine Professor ins Zimmer und stieß nach den Möbeln. Ein Dutzend Zahlen und Formeln schnellte im Rennen von seinen Lippen. Seine Hand zog ununterbrochen an seinem Haarschopf.

      »Mabel, schnell! Telegramm! Hier den Block - da den Stift. Also Text: Schwarzer Punkt vor der Sonne hier heliokinographisch aufgenommen. Eintritt Positionswinkel 15° Austritt unter 75°. Dauer des Vorbeigangs 8 m 50,09 s. Bitte um nähere Mitteilungen. Earthcliffe.”

      »Hast du’s? Dann schnell das Register!« Mabel reichte zwei dicke Folianten herüber. Earthcliffe nahm nur den zweiten und blätterte grinsend und pfeifend die Seiten.

      »K bis Z. Dr. Nagel, Valparaiso. 23 778 428. - Notier die Adresse. All right? Wird den Mann mächtig freuen. Man wird langsam boshaft.«

      »Soll der Funkspruch nur an Dr. Nagel?«

      »Nein, an diesen Herrn und an sämtliche öffentlichen Sternwarten der Erde. Fix, Mädel, zum Funkturm!« Zwinkernd und tanzend schob er sie aus dem Zimmer.

      Wenige Minuten später übersetzte der Telegraphist die Depesche in Weltesperanto, in dem alle Meldungen abgefasst wurden, und gab sie im Senderaum drahtlos in den Äther. Einmal mit der Wellenlänge, die er auf neuntastigem Schaltbrett mit 023 778 428 einstellte, auf die Dr. Nagels Empfänger gestimmt war, einmal mit der Leitzahl 003 000100, die für internationale astronomische Telegramme alle Sternwarten anrief.

      Eine Stunde später, gegen zwei Uhr nachmittags Weltzeit, schrieb der Empfänger der Michigansternwarte schon eine Antwort. Den Spruch Dr. Nagels:

      »Ich beobachte eben mit meinem Zehnzöller die Sonne...« In diesem Augenblick trat eine heftige atmosphärische Störung auf und trennte die Meldung. Earthcliffe hörte den Funkspruch mit listigem Schmunzeln.

      »Na, schau du nur lustig mit deinem Zehnzöller! Diesmal, mein Freundchen, bist du der Blamierte! Dicht neben dir sitzt er, der wackre Don Ebro, und du hast geschlafen, m, v, i, t, cosinus 1500 y..., dreifach Integral nach dx, dy, dz...«

      Wie ein Jongleur warf er Zahlen und Formeln, den Haarschopf zerzupfend. Die Arabesken des Teppichs umtanzten gespenstisch die hüpfenden Füße. Plötzlich stürzte der Alte sich auf seine Tafel. Durch einen einzigen Schaltergriff löschte er alles, was auf ihr geschrieben und mühsam geformt war. Kratzend fuhr ein quadratischer Filz wie ein Schwamm durch die Zahlen. In wenigen Minuten sah alles tiefschwarz aus.

      »½ m v2,«, lachte Earthcliffe und sprang in den Sessel. »Sehen kann auch ein Laubfrosch, berechnen kann ich es nur!«

      Ein kurzer Druck auf den Hebel, und wie eine riesige Spinne schoss lautlos der silberne Fahrstuhl nach oben.

      2

      Monate waren seit der ersten Entdeckung vergangen. Monate fieberhaften Betriebs für alle Sternwarten der Erde. Jedes verfügbare Objektiv war auf die blendende Scheibe der Sonne gerichtet: Die weltberühmten Instrumente der Michigansternwarte, wie das kleinste Fernrohr der zahllosen LiebhaberAstronomen. Leuchtend klar, wie ein Hohn für die Menschen, lachte der ewige Lichtball von oben. Die Sommerhitze brannte entsetzlich. Die Augenärzte schwelgten in Hochkonjunktur. Jeder wollte der Wiederentdecker des Punkts sein. Das Wettrennen riss auch die Nüchternsten mit sich. Große Preise der führenden Presse waren der nicht mehr versagende Antrieb. Das unbeteiligte Publikum hatte die erste Notiz voller Gleichmut gelesen. Was ging es der Punkt an. Jetzt aber war es dabei, voll verbissenem Eifer und fast ohne zu wollen, mitschwimmend im Taumel. Die Fernrohre stiegen fast täglich im Preis, und was zuerst nur ein exotisches Hobby schien, war Jagd nach Millionen, das Glücksspiel der Armen.

      Außer den beiden ersten Entdeckern, der Michigansternwarte und jenem Don Ebro, hatte sich noch ein Forscher aus Oxford mit ähnlichen Daten gemeldet. Sonst war auf der ganzen verschlafenen Welt die große Entdeckung verborgen geblieben. Der Laie begriff diese Tatsache schwer. Doch wer im Betrieb einer Sternwarte stand, nahm dieses Versagen fast gleichgültig hin. Seit Jahrzehnten war die Erforschung des Himmels ein Schachspiel am Schreibtisch der Sternwartendirektoren geworden. Sternwartengelehrte rühmten sich selbst, seit Jahren kein Fernrohr angefasst zu haben. Für viele Gelehrte war Geburt und Sterben der kosmischen Welten nur noch eine Rechnung, ein Integralrebus mit Formeln und Wurzeln. Und die Assistenten der Großinstitute ermüdeten durch ihren reizlosen Tagdienst und wurden Statistiker, Handlanger, Träumer.

      Naturgemäß gab es auch Zweifler und Neider. Man erinnerte an die zahlreichen Sinnestäuschungen früherer Jahrzehnte. Man wies mathematisch und logisch Undenkbarkeit nach. Selbst die Witzblätter nahmen den dankbaren Stoff auf. Der Possenrefrain: »Du siehst schwarze Punkte - du bist wohl verrückt!« wurde ein geflügeltes Wort in allen Sprachen der Welt.

      Neue Theorien wurden heftig und laut in der Presse von mehr oder weniger anerkannten Fachleuten diskutiert. Im Gegensatz dazu verhielten sich die wahren Entdecker schweigend. Der Brite aus Oxford war selbst kein Fachmann und wollte sich in diesem Punkte nicht äußern. Der Forscher Don Ebro war spurlos verschwunden. Auch in Valparaiso war nichts zu erfahren. Man kannte weder den Mann noch seine Warte. Man wusste dort nur von der Sternwarte Nagels. So hing an den Fotos der Michiganwarte die ganze Beweislast. Ihr Ruf war die Säule des ganzen Gebäudes.

      Die Michigansternwarte schwieg aber weiter. Professor Earthcliffe war unerreichbar für jeden Reporter und schloss sich oft tagelang hintereinander ins Schreibzimmer ein, wo er nur mit Zahlen jonglierte. Trotzdem geschah einiges auf der Warte. Der fotographische Refraktor samt Kamera und Kinoapparat lief den ganzen Tag automatisch dem Sonnenball nach. Große Beobachtungsgenauigkeit war hierzu nicht mehr nötig. Eine Aufnahme in jeder Sekunde genügte vollkommen, das schwarze Objekt nicht entwischen zu lassen. Sofern man es antraf. Sofern...

      So erhielt man an lichtklaren Tagen bis zu 30.000 Sonnenaufnahmen. Die Filmstreifen schlangen das Geld und die Arbeit, jedoch tagtäglich erfolglos. Der Haarschopf des kleinen Professors schien dünner und dünner vom Zupfen zu werden. Herr Wepp machte mürrisch die tägliche Meldung. Der Punkt blieb verschwunden, ein offenes Rätsel.

      Nach etlichen Monaten öffnete Earthcliffe eines Morgens sein Zimmer, ging quer durch das Herbstlaub der Gartenanlagen zum Sternenturm hinüber und sah stumm und sinnend den Aufnahmen zu. Eine Stunde später gab er ohne lange Erklärung den kurzen Befehl, alle weiteren Nachforschungen einzustellen, durch das Telefon, klanglos.

      Ein befreites Aufatmen lief durch den riesigen Steinbau. Die Fernrohre zogen die Ringleiber ein. Die gigantische Kuppel des Sonnenturms schloss sich. Die Michigansternwarte, Stolz und Hoffnung der Astronomen, sank lautlos in Schlummer, dem Meister gehorchend.

      Professor Earthcliffe selbst zog sich ganz in sein seltsames Zimmer zurück. Tag für Tag turnte er vor seiner schillernden Tafel СКАЧАТЬ