Название: Rom - eine Biografie
Автор: Stephan Elbern
Издательство: Автор
Жанр: История
isbn: 9783943904314
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Dichtung und Wahrheit – die Anfänge der Tiberstadt (753 – 295 v. Chr.)
So könnte die „Stadt“ des Romulus ausgesehen haben – eine Siedlung der Villanova-Kultur (Rekonstruktion).
Von Sagen und Legenden umwoben, liegen die Gründung sowie die ersten Jahrhunderte Roms im Dunkel der Geschichte. Erst in den Punischen Kriegen entstand die lateinische Historiographie; zuvor berichtete – außer den Priesterannalen und den Archiven der Adelsfamilien – lediglich mündliche Überlieferung von den Anfängen der Stadt. Daher wurde die römische Frühzeit vom Mythos verklärt: Das traditionelle Gründungsdatum ist ebenso unhistorisch wie der trojanische Ahnherr Aeneas und die überlieferten sieben Könige, auf die man später zahlreiche politische und religiöse Einrichtungen zurückführte.
Erst seit dem 19. Jh. wurden die patriotischen Sagen durch die kritische Geschichtswissenschaft in Frage gestellt und aus den spärlichen literarischen und archäologischen Quellen ein – bis heute weitgehend umstrittenes – Bild der römischen Frühgeschichte erschlossen: Seit dem 10. Jh. entstanden auf den Hügeln am Tiber mehrere Siedlungen von Latinern und Sabinern, die sich später zusammenschlossen. Im 6. Jh. übernahmen etruskische Könige die Herrschaft; sie begründeten die führende Rolle Roms in Latium und schmückten die Stadt mit ersten Monumentalbauten.
Nach dem Sturz der Monarchie (um 500 v. Chr.) übernahmen die vornehmen Patrizier die Regierung; die Plebejer blieben von den Entscheidungen der Adelsrepublik ausgeschlossen. In den jahrzehntelangen Ständekämpfen erreichten sie jedoch ihre politische und gesellschaftliche Gleichstellung. Durch zahlreiche Kriege gegen die benachbarten Völker erkämpfte sich Rom erneut die Hegemonie über Latium; die Niederlage gegen die Gallier blieb ohne Folgen (387 v. Chr.). Nach der endgültigen Unterwerfung der wehrhaften Samniten stand Mittelitalien unter römischer Herrschaft.
Ein mythischer Ahnherr: Aeneas
Eine kleine Verssequenz der Ilias (20, 302 - 308) machte ihn zum Stammvater der Römer – den trojanischen Helden Aeneas. Denn sie verkündet, er werde den Untergang seiner Vaterstadt überleben. Darauf stützte sich die spätere Überlieferung, der Sohn der Göttin Venus sei der Katastrophe entronnen, nach langen Irrfahrten nach Italien gelangt und habe dort die Stadt Lavinium und eine Herrscherreihe begründet, an deren Ende Romulus stand – der legendäre Gründer der Ewigen Stadt.
Den Römern ermöglichte der fiktive Ahnherr, gleichberechtigt in den Kulturkreis der Hellenen (denen alle fremden Völker als „Barbaren“ galten) einzutreten. Denn die Abstammung von den Trojanern und der Welt Homers adelte in den Augen der Griechen die Ursprünge der Tiberstadt. Bereichert wurde die Sage um nationalrömische Züge; so diente die unglückliche Liebe zwischen dem Helden und Dido, der königlichen Gründerin von Karthago, zur Erklärung der späteren Erbfeindschaft zwischen Römern und Puniern.
Besondere Bedeutung besaß diese Tradition für Augustus, der sein Geschlecht auf den homerischen Ahnherrn zurückführte; unter seiner Regierung schuf Vergil die „Aeneis“, das römische Nationalepos, in dem die Taten und Tugenden des „pius Aeneas“ verherrlicht werden, des Stammvaters der Römer und ihres Herrscherhauses.
Der legendäre Stadtgründer: Romulus
„Sieben – fünf – drei: Rom schlüpft aus dem Ei“ – mit diesem Merkvers eigneten sich Generationen von Schülern das (unhistorische) Gründungsdatum der Ewigen Stadt an (21. 4. 753 v. Chr.), verbunden mit der Sage von Romulus und Remus.
Der antiken Überlieferung nach stammten die Zwillingsbrüder von Aeneas ab, dem trojanischen Urahnen der Römer. Einer seiner Nachfahren, Numitor, wurde von seinem machtgierigen Bruder Amulius als Herrscher der Stadt Alba Longa verdrängt. Um künftige Rivalen auszuschließen, zwang der neue König Numitors Tochter Rhea Silvia (nach anderer Version: Ilia), Priesterin der Göttin Vesta zu werden (und damit auf ewig jungfräulich zu bleiben). Dennoch gebar sie dem Kriegsgott Mars die beiden Zwillinge Romulus und Remus. Deshalb zum Tode durch Ertrinken bestimmt, wurde sie vom Flussgott Tiber als Gemahlin aufgenommen.
Auch die Kinder sollten sterben und wurden am Flussufer ausgesetzt; doch eine Wölfin – das ihrem göttlichen Vater geheiligte Tier – rettete sie. Von Hirten aufgezogen, wuchsen sie heran, bis sie ihre Herkunft erfuhren und ihrem Großvater wieder zur rechtmäßigen Stellung verhalfen. Selbst aber beschlossen sie, an der Stelle ihrer Errettung eine Siedlung zu gründen. Der Herrscher der neuen Stadt sollte durch den Vogelflug als göttliches Zeichen bestimmt werden; zwölf Geier erschienen dem Romulus, der nun seiner Stadt den Namen gab. Als er den künftigen Verlauf ihrer Mauer mit dem Pflug kennzeichnete, übersprang Remus die Furche zum Hohn und wurde von seinem Bruder erschlagen.
Die neue Siedlung nahm alle auf, die kommen wollten – Rom wurde zum Asyl für entflohene Sklaven und Verbrecher. Da die benachbarten Völker sich weigerten, ihre Töchter diesen Neuankömmlingen zu verheiraten, griff Romulus zu einer List: Er lud die Sabiner zu Zirkusspielen nach Rom ein; während des Schauspiels raubten seine Mannen die Töchter der Gäste. Diese unternahmen unverzüglich einen Rachefeldzug gegen die Frevler und drangen durch Verrat in die Stadt ein; doch bevor es auf dem Forum zur Schlacht kam, warfen sich die entführten Frauen – die ihre neuen Männer inzwischen lieb gewonnen hatten – zwischen die Heere und erzwangen die Versöhnung der Gegner.
Während eines Gewitters wurde der Gründer Roms nach 37-jähriger Herrschaft zu den Göttern entrückt und fortan unter dem Kultnamen Quirinus verehrt. Viele Institutionen wurden auf ihn zurückgeführt und man schrieb ihm zahlreiche militärische Erfolge zu. Mit der fiktiven Gestalt des Romulus gewann die Stadt nicht nur einen namengebenden Helden (tatsächlich geht ihr Name auf die etruskische Familie der Ruma zurück), sondern auch göttliche Abstammung – und wer konnte wohl eher der Ahnherr des unbesiegbaren Volkes sein, dessen Weltreich von Spanien bis Syrien, von Schottland bis Ägypten reichte, als der Gott des Krieges?
An den legendären Gründer erinnerten auch einige Monumente in der Stadt: Jahrhundertelang wurde die „Casa Romuli“ auf dem Palatin verehrt; auf dem Forum zeigte man sein angebliches Grab. Vor allem aber gemahnt die Kapitolinische Wölfin (im Konservatorenpalast) an den Sohn des Mars – ein Meisterwerk der etruskischen Bronzekunst – der die Renaissance nach einem römischen Münzbild die Knaben hinzufügte. Auch wenn umstritten bleibt, ob sie mit der historisch überlieferten Skulptur der „Lupa Martia“ identisch ist (gelegentlich wurde sie sogar in das Mittelalter datiert): Das majestätische Tier mit dem stilisierten Fell, den wachsam aufgestellten Ohren und der heulend geöffneten Schnauze ist das großartigste Zeugnis für die Gründungssage der Ewigen Stadt.
Fremde Tyrannen: Die Tarquinier
Als blasse Schatten, als Idealtypen herrscherlicher Eigenschaften – so erscheinen uns die sieben legendären Könige Roms. Nur die drei letzten – Tarquinius Priscus, Servius Tullius und Tarquinius Superbus – können eine gewisse Historizität beanspruchen (immerhin ist der Name ihres Geschlechts inschriftlich belegt), wenngleich auch bei ihnen die geschichtliche Wahrheit kaum noch von späteren Verfälschungen zu scheiden ist.
Aus der etruskischen Stadt Tarquinii zugewandert soll L. Tarquinius Priscus („der Ältere“) in Rom die Königswürde erlangt haben. Seiner СКАЧАТЬ