Название: ... und die Geist lachte
Автор: Hermann Küster
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783957449948
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„Gut gekontert!“, grinst er dann. Und lacht nochmals laut vor sich hin. Dann sagt er: „Also gut. Muss ich mir halt jemand anderen suchen. Sie haben ja Recht, mein Gott!“ Er berührt leicht ihre Schulter und begibt sich wieder in sein Büro zurück. An der Tür dreht er sich nochmals um, hebt grüssend die Hand, schüttelt lachend den Kopf: „Einen schönen Feierabend wünsche ich Ihnen“, sagt er, lacht nochmals auf und verschwindet in seinem Büro.
Sie ist ungeheuer erleichtert. Dass sie sich eine Zusatzaufgabe hat vom Leibe halten können, das ist eine befreiende Erfahrung und tut ihr gut. Dass sie nicht mit Anerkennungs- und Liebesentzug bestraft wurde, freut sie. Und sie weiss, dass sie richtig geantwortet hat, endlich einmal richtig, so, wie es ihren Empfindungen und Bedürfnissen entspricht. Wenn sie mit Liebesentzug bestraft worden wäre, hätte sie dann jetzt wohl Angst? Sie vermutet eher nicht, sie wäre dennoch erleichtert. Dass sie nicht mit Liebes- und Anerkennungsentzug bestraft wurde, sagt ihr, dass der Chef sie wirklich schätzt. Vielleicht, weil sie beruflich besser ist als sie selbst glaubt? Sie summt eine Melodie vor sich hin, als sie am Abend ihre Wohnung betritt. Und merkt es nicht einmal. Die Mutter spricht sie darauf an. Und sie berichtet der Mutter das Vorgefallene.
Die Mutter fällt aus allen Wolken: „Kind, wie konntest du das tun? Bist du denn von allen guten Geistern verlassen?“
„Nein“, sagt die Tochter, „ich habe eher das Gefühl, die bösen Geister haben mich verlassen, hoffentlich für immer. Und jetzt erst – erst jetzt! –, Mutter, bin ich wirklich auf der Wellenlänge der Geist Gottes, die Menschen nicht schindet und treibt, sondern die eine Geist der Freiheit ist. Und des Lachens!“
Die Mutter staunt mit offenem Mund.
„Hoffentlich ist das nicht bloss ein kurzes euphorisches Strohfeuer, was ich jetzt erlebe“, denkt die Tochter, „die Welt sieht auf einmal so heiter aus, hoffentlich folgt dem nicht etwas Dunkles, ein Absturz, auf dem Fusse.“
Aber trotzig sagt sie dagegen an: „Stopp!“ Das nennt man Gedankenstopp, ein autosuggestives Gegenmittel gegen negative Gedanken. Das hat sie in einem Buch gelesen. Es ging darin um Biblisch-Therapeutische Seelsorgeausbildung.
„Ich sollte einmal etwas für mich tun“, denkt sie und nimmt sich vor, sich einmal einen Kurs zu gönnen, der ihr gut tun wird, dessen Besuch keinen anderen Zweck haben soll als eben diesen.
Als sie sich wieder ihrer Mutter zuwendet, lacht sie ein, wie ihr scheint, Geistes gegenwärtiges Lachen, das sogar auf die überraschte Mutter ansteckend wirkt.
4 DIE GEIST IN GEISTESGEGENWART
Ein Mann geht durch die Stadt.
Den Kopf hält er gesenkt. Auf seiner Stirn stehen steile Falten. Sie ist umwölkt.
Der Mann hat ein Ziel. Dennoch wirkt er ziellos.
Er wirkt ziellos, weil ihn das Ziel, das er hat, keinen Deut interessiert. Er ist zu seinem Ziel verpflichtet. Nur darum hat er es.
Leer fühlt sich der Mann. Obschon er randvoll ist. Randvoll von Lebensüberdruss.
Nicht, dass er sich umbringen möchte. Wenn er das wollte, wäre er nicht auf dem Weg zu seinem Ziel. Er wird sein Leben nicht wegwerfen. Aber es interessiert ihn auch nicht. Er steht seinem Leben gleichgültig gegenüber. Aber auch der Tod erscheint ihm nicht erstrebenswert. Was erscheint ihm heute schon noch erstrebenswert? Er sehnt den Tod nicht herbei. Aber wenn der ihn ereilen würde, jetzt, diesen Moment, es wäre ihm recht, er würde ihn annehmen.
Warum diese Wurstigkeit und Freudlosigkeit aufs Mal, diese Trauer, die ihn heute überfallen hat – nicht zum ersten Mal übrigens?! Er fragt es sich nicht. Es ist halt so. Heute. Morgen kann es schon anders sein. So war es immer. Bisher. Er könnte es wissen. Aber heute ist heute. Und heute geht es ihm schlecht. Darum denkt er nicht an das, was bisher war und als Möglichkeit von morgen in Frage kommt. Dächte er daran, so würde er es nicht glauben und sich sagen: „Bisher war es zwar jeweils so, dass sich die Dinge am nächsten Tag oder an einem späteren positiver ausnahmen, ja, aber diesmal wird es gewiss anders sein. Diesmal geht es nun endgültig einen anderen, den wüsten Weg. Es ist nun soweit.“ Aber daran, wie gesagt, denkt er nicht. Nicht einmal daran. Es ist halt so. Er wehrt sich nicht dagegen.
Blicklos schaut der Mann auf den Weg vor seinen Füssen. Darum auch stolpert er. Auf der Treppe, die zum Fluss hinunterführt, stolpert er. Er hat die Höhe der Stufe falsch eingeschätzt, offenbar. Da es ihm gleichgültig ist, ob er geht oder steht oder steht oder fällt, wehrt er sich nicht gegen den Fall. Er streckt nicht die Hand nach dem Treppengeländer aus, um sich daran festzuhalten. Er fällt.
Er fällt einem aufmerksamen Passanten, der ihm von unten entgegenkommt, in die Arme. Der Passant ist stark. Er macht einen Ausfallschritt nach hinten auf die nächstuntere Stufe und stemmt sich dem Mann mit ganzer Kraft entgegen. Er stoppt dessen Fall. Er hält den Mann. Der Passant lacht dem Mann ins Gesicht.
„Alles Gute kommt von oben!“, sagt er.
„Welches Gute?“, fragt der Mann.
„Na, Sie!“, antwortet der Passant und tritt neben ihn, ihn an beiden Oberarmen haltend und diese lachend herzlich drückend.
Der Passant hat geistesgegenwärtig die richtigen Worte für den Mann gefunden. Das hat Folgen.
Der Mann hört sich sagen: „Täuschen Sie sich nicht!“. Er hört, wie er das sagt und wie er dazu lacht. Er muss einfach lachen. Ob er will oder nicht. Wie könnte er in dieser Situation nicht lachen? Und er spürt, dass ihm sein Lachen recht ist. Es ist ihm sozusagen ernst damit.
„Es gibt doch noch gute Menschen“, muss der Mann unwillkürlich denken. Und der Gedanke gefällt ihm.
Der Passant und gute Mensch sagt lächelnd: „So. Das ist ja nun Gott sei Dank noch mal gut gegangen! Das freut mich für Sie. Ehrlich.“
Das glaubt der Mann dem guten Menschen und denkt: „Manch anderer hätte vielleicht gesagt: Können Sie nicht aufpassen? Sie sind ja eine Gefahr für sich und Ihre Mitmenschen!“ Dass der gute Mensch das nicht gesagt hat, daran lebt der Mann wohl.
Da der gute Mensch merkt, dass der Mann wieder fest auf den eigenen Füssen und Beinen steht, löst er seine Hände von dessen Oberarmen und scherzt: „Das geschehe Ihnen ja nicht noch einmal. Wenn aber doch, so möge Gott Ihnen wieder einen solchen ‚Engel-mit-dem-B-davor’ senden wie mich, auf dass er Sie auffange.“
Sie lachen miteinander.
Das Lachen geht dem Mann unter die Haut, beginnt sozusagen subkutan zu wirken. Ein Anflug von Leichtigkeit ist da aufs Mal. Eine sanfte Freude.
„Stellen Sie Ihr Licht bloss nicht unter den Scheffel“, sagt der Mann, „von wegen ‚Engel-mit-dem-B-davor’! Für mich waren sie heute wirklich einfach ein Engel! Ohne ‚B’ davor. Sie haben mich in jeder Beziehung aufgefangen, Sie Engel!“
„Akzeptiert“, erwidert der gute Mensch trocken, „dankend angenommen.“
„Ich habe zu danken“, erklärt der Mann.
„Dafür doch nicht“, grinst der gute Mensch, schlägt ihm mit der Linken auf die linke Schulter und verabschiedet sich: „Adjö!“
„Ja. A Dieu“, nickt der Mann und fügt zu seinem СКАЧАТЬ