... und die Geist lachte. Hermann Küster
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Название: ... und die Geist lachte

Автор: Hermann Küster

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783957449948

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СКАЧАТЬ gibt! Hinter einer Hecke ein sanftes Schnaufen, begleitet von einem rupfenden Geräusch. Judith stellt den Zeigefinger der Rechten auf: „Esemuh“, erklärt sie mir mit bedeutsamer Miene, was heisst: Das ist eine Kuh. Und „Miau“ lauert auf der Wiese vor dem Mausloch. „Esegook“ scharrt Würmer aus der Erde oder macht ein Mordgeschrei um das eben gelegte Ei – „Hoich“ (Horch), sagt Judith mit aufgestelltem Zeigefinger. „Vööle“ fliegt in vielfacher Ausfertigung über Weiden und Büsche, zwitschert in den Bäumen: „Hoich, Vööle!“. Ein tiefes Brummen in der Nähe wird als „Wesseps“ (Wespe) identifiziert. Als das Insekt sichtbar wird, ist es eine Hummel und wird von Judith als Biene bezeichnet. „Hummel“, sage ich. „Aha“, sagt Judith. Und hat schon wieder etwas anderes erhorcht und bald einmal auch mit dem Blick erfasst: „Foschla“ (Flugzeug), das hoch über uns seine Bahn zieht. Ich wundere mich darüber, was mein kleines Töchterchen alles so sieht und zwar meist bevor ich es wahrnehme. Das kleine Adlerauge sieht einfach alles überall gleichzeitig. Da muss ich mich voll konzentrieren, wenn ich ihr, ihrem Interesse an allem und ihrem Mitteilungsbedürfnis gerecht werden will. Bei all dem entspanne ich mich. Schultern und Nacken werden wieder geschmeidiger. Der Schmerz lässt nach. Ich geniesse den Spaziergang, der erheblich länger wird als vorgesehen. Jeder Gedanke an meine Predigt ist längst aus meinem Hirn herausgefiltert, hat sich wie Nebel verflüchtigt. Wie schön und frei ist doch das Leben!

      Dann taucht ein befreundeter Kirchgemeinderat (Kirchenvorsteher) auf. Er freut sich, uns Zwei so zufrieden zu sehen. Auf eine Zigarettenlänge (damals habe ich noch geraucht, das ist, Gott sei Dank, lange her) stehen wir beieinander und reden lustvoll über Gott und die Welt und freuen uns gemeinsam über die „Gesprächsbeteiligungen“ der Kleinen, die immer wieder unsere Aufmerksamkeit beanspruchen und erhalten. Dann begegnen wir der Küsterin, einer Berlinerin, die Herz und Mund am rechten Fleck hat. Man kann sehr ernsthaft mit ihr reden. Sie steht mit beiden Beinen mitten drin im Leben. Man kann aber auch sehr viel Spass mit ihr haben, denn sie weiss immer zu allem irgendeinen Spruch, irgendeine träfe (treffende) Bemerkung. Mit Kindern weiss sie trefflich umzugehen. Mein Töchterchen geniesst es und kugelt sich vor Lachen über „Mutter Hochs“ kindgemässe Scherze. Judiths Lachen steckt an. Man muss mitlachen, ob man nun will oder nicht.

      Andere Begegnungen folgen.

      Die letzte: Eine Frau aus der Gemeinde, die sehr traurig ist, mir den Grund ihrer Traurigkeit mit Rücksicht auf mein Töchterchen nur mal eben ganz kurz umreisst und dann ihren Anruf ankündigt, um mit mir einen Termin für ein seelsorgliches Gespräch abzumachen. Wir verabschieden uns voneinander. Ich kann anschliessend nicht anders, ich muss dem Problem dieser Frau nachstudieren.

      Und plötzlich, während ich dies tue, macht es Klick! Umschaltung. Übergangslos das Gefühl einer Erleichterung und etwas in meinem Hirn wie eine Lichterscheinung. Ich weiss jetzt, wie meine Predigt weitergehen und gestaltet werden muss. Nun habe ich es, zu Judiths grossem Erstaunen, plötzlich sehr eilig heimzukommen. Unterwegs klärt sich das Konzept der Predigt immer mehr. Ich weiss: So wird es gehen!

      Wir kommen heim. Ich übergebe meiner Frau in Windeseile meine Tochter.

      „Nimm du sie“, rufe ich ihr zu, „Ich weiss jetzt, wie die Predigt weitergehen muss. Ich muss jetzt ganz rasch an die Schreibmaschine, bevor ich es wieder vergesse.“

      Meine Frau wundert sich nicht über mein Verhalten. Sie kennt solche Momente.

      Mit innerlichem Jauchzen, an dem die Geist Gottes gewiss ihre Freude hat, vielleicht sogar beteiligt ist, mit einem Lächeln übers ganze Gesicht hetze ich die Treppe zu meinem Arbeitszimmer hinauf, jeweils zwei Stufen auf einmal nehmend. Ich decke die Schreibmaschine ab, reibe mir die Hände, ein verhaltenes „Juhui!“ ausstossend. Dann haue ich in die Tasten, überwinde mühelos die vorhin noch so unüberwindlich scheinende Klippe, die Stelle, an der ich nicht weiter wusste. Und vollende danach die Predigt innert kürzester Zeit.

      Meine Hochstimmung hält danach noch an. Mit Frau und Kind herze und scherze ich an diesem Abend, als ob sie schuld daran wären, dass die Predigt nun steht. Und am Sonntag, angesichts der anerkennenden und dankbaren Rückmeldungen vieler Gemeindeglieder, steigt meine Hochstimmung noch einmal. Es ist ein grosses Lachen und eine grosse Freude in mir.

      Jetzt wird vielleicht manch aufgeklärter und informierter Mensch den Drang verspüren, mir auszureden, dass es sich bei diesem wie bei manchem ähnlichen Ereignis in meinem Leben um eine Erwirkung der Heiligen Geist gehandelt habe. Das sei natürlich unzutreffend! Vielmehr verhalte es sich so, dass mir mein Gehirn einfach sozusagen zuvor gekommen sei. Es habe sich nämlich unentwegt weiter mit der Predigt beschäftigt und so unter Umgehung meines Bewusstseins die Lösung gefunden.

      Tja, ich weiss nicht. War es nicht vielmehr so, dass mein Hirn im oben geschilderten Falle voll und ganz mit einer ganz anderen seiner Funktionen beschäftigt gewesen ist, der vielleicht wichtigsten? Nämlich mit der Funktion, mich vor Irrsinn zu bewahren?! Im Klartext: Mit der Funktion, alle überflüssigen Reize wegzufiltern, die ich auf meinem Spaziergang mit Töchterchen Judith nicht gebrauchen konnte und die mich nur abgelenkt und verwirrt hätten?! Nichts wäre ja auf jenem Spaziergang so störend und überflüssig gewesen wie Gedanken an meine Predigt. Nichts hat also mein Gehirn so dringend wegfiltern müssen wie solche Gedanken. Zumal mein Töchterchen meine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog und ich ihm diese auch widmen wollte, nicht zuletzt, weil diese „Fesselung“ meiner Aufmerksamkeit mir wohl tat und somit hochwillkommen war! Also doch die Heilige Geist auf diesem Spaziergang?

      Meine Antwort lautet: Ja.

      Das lasse ich mal so stehen.

      Es hat den jungen Pfarrer unglaublich viel Überwindung gekostet, sich aufzuraffen und sich auf den Weg zu dem am äussersten Rande des Dorfes, schon bereits ein Stück weit im Wald gelegenen Haus der alten Frau Trummer zu machen. Er hat sich sozusagen selbst am Hemdskragen nehmen und sich dorthin zerren müssen. Dies nicht etwa des langen Weges wegen (er ist ein passionierter Velofahrer, dem eine Strecke von dieser Länge nicht imponieren kann) und schon gar nicht, weil ihm die alte Frau etwa unsympathisch oder gar zuwider wäre. Im Gegenteil, er besucht sie an sich sehr gern. Er mag sie.

      Nein, eine heftige Depression, die ihn seit Monaten bis fast an den Boden niederdrückt, lähmt ihn und verursacht sein Unvermögen, seiner Arbeit so nachzugehen, wie er es gern täte. Er muss für alles, was er zu tun hat, die letzten Willensreserven aufbieten, was ihn unsäglich viel Kraft kostet.

      Aber nun ist er da und Frau Trummer sitzt ihm in ihrem etwas altväterlich möblierten, etwas überstellten Wohnzimmer gegenüber. Sie ist eine schlanke, fast hagere, etwas herbe Altersschönheit, eine kühl und emotionslos wirkende, nüchtern denkende Person, die der Pfarrer aber sehr schätzt, weil sie gerade heraus ist ohne zu verletzen – und weil sie unverstellt die ist, die sie ist.

      Vor etwas mehr als anderthalb Jahren sind sie an diesem Tisch, in diesem Raum noch zu Dritt gesessen. Der nicht immer ganz einfach zu nehmende Herr Trummer ist noch dabei gewesen, ein Original, der sich dem Pfarrer bei dessen erstem Besuch, einem Routinebesuch, um Trummers kennen zu lernen, als „Agnostiker, wenn nicht gar Atheist und auf alle Fälle Kirchenkritiker“ vorgestellt, dann aber, als der Pfarrer sich nach dem Besuch mit einem „Adjö“ hatte verabschieden wollen, heftig insistiert und einen „geistlichen Schluss“ verlangt hatte – mit Gebet und Lesung eines „hoffentlich gut gewählten Bibelspruches“. Dies mit der Begründung, wenn denn der Pfarrer schon einen Besuch machen komme, solle er seine Arbeit auch „anständig“ und „so, wie es sich gehört“ machen, denn das dürfe man doch wohl von ihm erwarten und verlangen, auch wenn man Atheist sei, dafür bezahle man „Pfärrer“ schliesslich – und wenn dies nicht mehr gewährleistet sei, dann wisse er vollends nicht mehr, warum er noch nicht zur Kirche ausgetreten sei. Nach dieser ersten СКАЧАТЬ