Название: Roter Glamour
Автор: Dominique Manotti
Издательство: Автор
Жанр: Современная зарубежная литература
isbn: 9783867549745
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»Dies ist ein seriöses Haus, müssen Sie wissen. Fragen Sie Inspektor Santoni, er isst oft hier zu Abend.«
Santoni, Macho, Wampe und offenbar gut im Viertel eingeführt, der fehlte gerade noch.
»Möchten Sie etwas trinken, einen kleinen Suze vielleicht?«
»Danke nein, Madame. Ich bin gekommen, um mit Ihnen über Ihre Anzeigen wegen der Knallfrösche zu reden.«
»Wir haben auch Anzeige erstattet«, rufen die anderen im Chor.
»Es ist nicht nur wegen der Knallfrösche. Das sind ungezogene kleine Rowdys. Sie kommen aus den Sozialwohnungsblocks weiter unten und machen hier auf dem Hügel nichts als Ärger.«
»Sie spielen spät abends auf der Straße Fußball und drehen dabei ihre Radios auf volle Lautstärke, diese Hottentottenmusik.«
»Würden Sie sie wiedererkennen?«
»Die sehen doch alle gleich aus, sind alles Araber …« Madame Aurillac verstummt und sieht Noria verlegen an. »Das wollte ich so nicht sagen.«
»Was wollten Sie denn sagen?«
»Glauben Sie, Sie können diesem Treiben ein Ende machen?«
»Ich halte Sie auf dem Laufenden.« Sie steht auf.
»Nicht doch ein kleines Tröpfchen?«
Draußen atmet sie tief durch. Das entspannt. Heute Abend einen Bericht … Worüber? Die Puff-Oma-Gang? Santonis Freizeitgestaltung? Da wären mir die Pekingenten doch lieber gewesen.
Mal unten bei den Sozialbauten vorbeischauen. Direkt gegenüber ein Geschäft mit Spielwaren, Bürobedarf, Büchern, geführt von einem alten Ehepaar in weißen Kitteln, klein, krumm, freundlich.
»Polizei«, sagt Noria.
Die beiden sehen sich an, sie schiebt sich hinter ihn.
»Routinebefragung. Verkaufen Sie Knallfrösche?«
»Sicher. Vor allem jetzt, vor dem 14. Juli. Wie alle Spielwarenläden. Nicht wahr, Mutti?«, sagt er und dreht sich zu seiner Frau um.
Sie nickt.
»Knallfrösche mit langer Lunte?«
»Ja, auch.« Er zögert. Natürlich weiß er von der Sache mit der Hundekacke. Aber deswegen gleich die Polizei rufen …
»Und Ihre Kunden sind …«
»Da sind sie ja«, sagt die kleine Alte, »wie immer um die Mittagszeit, wenn’s draußen schön ist.«
Zwei Jungs, zehn, zwölf Jahre alt, im Trainingsanzug, arrogante kleine Machos. Noria nimmt sie an der Hand und lässt sie auf einer Bank gegenüber dem Geschäft Platz nehmen.
»Noria Ghozali, Polizeiermittlerin.«
»Nasser«, sagt der größere der beiden.
Ende der Vertraulichkeiten.
»Die Knallfrösche in den Hundehaufen hier auf dem Hügel sind von euch.«
»Wen stört das? Wir sind nicht die Ersten und nicht die Einzigen.«
»Aber ihr seid die Letzten. Ihr hört auf, ihr sagt das euren Kumpels, und wir reden nicht mehr darüber. Ihr findet schon was anderes, da habe ich volles Vertrauen in euch. Man muss flexibel sein.«
Zurück im Kommissariat. Noria durchquert den Bereitschaftsraum, grüßt die uniformierten Polizisten, steigt die Treppe zu den Büros im ersten Stock hoch – und bleibt stehen. An die Wand geheftet drei kleine fotokopierte Plakate: »Keine Kanaken bei der französischen Polizei«, dazu eine Zielscheibe auf einer Silhouette, die der ihren gleicht. Sie steht wie gelähmt auf der Treppenstufe. Allein. Lass dich nicht fertigmachen. Das bist nicht du. Steuert langsam auf die Toiletten zu, stocksteif. Schließt sich ein. Wäscht sich gründlich die Hände, dann das Gesicht, betrachtet sich dabei prüfend im Spiegel, bringt den Haarknoten in Ordnung. Dann geht sie in ihr Büro und schreibt den Bericht. Urheber der Anschläge identifiziert. Problem erledigt.
Am Abend steigt sie die Treppe mit zusammengekrampftem Magen wieder hinab. Die Plakate sind nicht mehr da. Sie durchquert den Bereitschaftsraum, vorbei an den uniformierten Polizisten, es herrscht Schweigen.
Donnerstag, 28. November
Hoch über einsamen, schneebedeckten Bergen und einem tiefgrünen See hinterlässt ein Flugzeug seine Spur am stahlblauen Himmel. Das abgedroschene Werbebild einer altmodischen Luftfahrtgesellschaft. Und dann geht das Flugzeug in Flammen auf, explodiert, zerfällt in ein Dutzend großer Feuerbälle, die zu Sternen zerstieben, bevor sie in einem Regen brennender Trümmer langsam in Richtung Erde trudeln. Die Detonation wälzt sich als endloses Echo durch das Gebirge.
Ein behaglicher Salon in Beige- und Brauntönen: zwei Ledersofas, ein paar wuchtige Sessel, Couchtisch aus Glas und Stahl, dicker weißer Wollteppich, zwei große Fenster, von schweren Samtvorhängen verdeckt. An der Wand eine von einem Spot angestrahlte, auf artige Weise anzügliche Rötelzeichnung von Boucher, auf der eine rundliche, nackte junge Frau aufs Anmutigste von einem kaum bekleideten jungen Mann bedrängt wird. Männer zwischen vierzig und sechzig, dunkler Anzug und Krawatte, sehr konventionell, reden, trinken Champagner, Whisky, Cocktails, serviert von Frauen zwischen zwanzig und dreißig, die vom einen zum anderen gehen, alle hinreißend schön, eng anliegende Kleider, gut geschnitten, gedeckte Farben, dezente Dekolletés, zurückhaltender Schmuck, lächelnd, aufmerksam.
Gerade wurde ein Waffengeschäft mit dem Iran unter Dach und Fach gebracht, eintausend Raketen, illegal geliefert, da das Land mit einem Embargo belegt ist. Da war die Anspannung natürlich groß. Zumal die Lieferung im letzten Moment um ein paar Tage verschoben werden musste. Der Flughafen von Malta, über den die Fracht laufen sollte, war Schauplatz einer regelrechten Schlacht zwischen ägyptischen Spezialeinsatzkräften und palästinensischen Geiselnehmern gewesen. Zu guter Letzt aber, ein paar Dutzend Tote später, war der Flughafen befreit und gestern wieder für den Verkehr freigegeben worden, und heute Morgen nun war die mit Raketen beladene Boeing 747 Cargo von Brüssel-Zaventem über Malta-La Valetta in Richtung Teheran abgeflogen. Sie muss zur Stunde in Teheran gelandet sein. Und jetzt, da das Geschäft abgewickelt ist, darf gefeiert werden.
Bornand spielt den Hausherrn. Groß, sehr schlank, ein attraktiver Sechziger, leicht gelocktes, volles Haar, ein wenig angegraut, langes schmales Gesicht, dessen Züge durch die vertikalen Falten und den quer dazu verlaufenden dichten Schnurrbart, sorgsam gestutzt und komplett weiß, noch markanter wirken. Er trägt einen körpernah geschnittenen hellgrauen Anzug, der seine schlanke Statur noch betont, und geht von Gruppe zu Gruppe, um ein Wort zu sagen, eine Schulter zu berühren, ein Glas nachzufüllen.
Flandin, Chef der Elektronikfirma SEA, die den Iranern die Raketen verkauft hat, linke Hand auf dem Hintern eines Mädchens, Champagnerglas in der Rechten, unterhält sich mit einem libanesischen Banker, groß, fett, der ihm in den leuchtendsten Farben ein Kamelrennen in der Wüste schildert, das ein saudischer Prinz organisiert hatte. Flandin lacht, und als Bornand hinzutritt, hebt er sein Glas. »Auf unseren Gastgeber, СКАЧАТЬ