Название: Exodus
Автор: Ben B. Black
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783957770233
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»Musst du gar nicht.« Rolands Mund verzog sich nun zu einem richtigen Grinsen. »Die Rolle als Bedenkenträger steht dir viel besser zu Gesicht.«
»Ha, ha, sehr witzig. Ich lache später.«
»Deine Sache, aber vielleicht nicht gerade, wenn Gregor und ich unser Nickerchen halten.«
»Dann findest du meinen Vorschlag also gut?«, erkundigte sich Gregor.
»Nein, keineswegs. Aber haben wir eine andere Wahl?«
***
Tatsächlich fanden die Pilger nur wenige Kilometer hinter der Stelle, wo der Bus beinahe von der Straße abgekommen wäre, einen Parkplatz, der sogar über ein Toilettenhäuschen verfügte.
»Hah!«, freute sich Gregor. »Die Zivilisation hat uns wieder. Endlich mal wieder ein richtiges Klo!«
»Freu dich bloß nicht zu früh«, mahnte Roland. »Ich kann mir irgendwie vorstellen, wie es dort drin aussieht. Da geh ich zum Kacken lieber in den Wald und pfeife auf den Sitzkomfort einer Porzellanschüssel.«
»Ist das eure einzige Sorge?« Martin blickte entgeistert drein.
»Ich will dir mal was sagen, mein Freund.« Roland sah den anderen leutselig an. »Ich dachte zwar, du seist inzwischen von alleine darauf gekommen, aber ich erkläre es die gerne auch ein wenig ausführlicher. Der Mensch braucht genau drei Dinge, um zu überleben: Nahrung, Wasser und einen trockenen, warmen Platz zum Schlafen. Alles, was darüber hinausgeht, ist Luxus. Gregor und ich reden also gerade über Luxus. Willst du uns dieses kleine Vergnügen jetzt auch noch nehmen?«
»Das meine ich doch gar nicht.« Auf Martins Stirn bildete sich eine Unmutsfalte. »Meinetwegen könnt ihr euch bis an den Sankt-Nimmerleinstag Scheißhausgeschichten erzählen. Aber hat einer der Herren vielleicht einmal einen Gedanken daran verschwendet, dass sich dort vielleicht Knirscher ›niedergelassen‹ haben könnten?«
Statt einer Antwort wandte sich Roland den Kindern im hinteren Teil des Busses zu. »Tom?«
»Keine Knirscher im näheren Umkreis. Und ich müsste dann auch mal Pipi.«
»Tut, was ihr nicht lassen könnt.« Martin verdrehte schicksalsergeben die Augen. »Eine Welt, in der sich alles um Fäkalien dreht, welch ein erstrebenswerter Zustand!«
***
Nachdem die diversen körperlichen Bedürfnisse befriedigt waren, machten die Pilger es sich im Bus leidlich bequem. Als der letzte von draußen zurückgekehrt war, stellte Roland den Motor ab, um Treibstoff zu sparen. So gut es ging, mummelte sich jeder in eine Decke und rutschte so dicht wie möglich an seinen Nachbarn heran.
Es dauerte nicht lange, bis in dem Fahrzeug Stille einkehrte, die nur vom gleichmäßigen Atmen der Schläfer und gelegentlichen Schnarchern unterbrochen wurde. Immer wieder zappelte eines der Kinder im Traum, beruhigte sich dann aber schnell wieder, wenn es die Nähe eines Gefährten spürte.
Auf diese Weise vergingen fast fünf Stunden – ein sicheres Zeichen dafür, wie nötig alle den Schlaf gehabt hatten.
Martin wachte als erster auf. Gähnend rieb er sich den Schlaf aus den Augen. Sein Blick fiel nach draußen, und er war mit einem Mal hellwach.
Das Schneetreiben hatte aufgehört, und die weiße Pracht glitzerte in der Wintersonne wie in einem Werbeprospekt für Skiurlaub in den Alpen. Die Kraft der Sonnenstrahlen reichte sogar aus, um das Innere des Busses ein wenig zu wärmen, sodass es sich hier im Moment gut aushalten ließ.
Jetzt noch ein frisches Bad gefolgt von einem reichhaltigen und leckeren Essen, dann ist alles in Butter, ging es Martin durch den Kopf. Bei diesem Anblick könnte man fast vergessen, was mit dieser Welt nicht in Ordnung ist.
Ein Geräusch auf der anderen Seite des Ganges zog Martins Aufmerksamkeit auf sich.
Gregor erwachte ebenfalls und blinzelte. »Mann, ist das hell hier!« Er rieb sich noch eine Weile die Augen, dann starrte er mit offenem Mund nach draußen. »Geil!«
»Nicht so laut!«, flüsterte Martin. »Du weckst sonst die anderen.«
»Wenn gleich der Motor losrumpelt, werden die ohnehin wach«, gab Gregor gut gelaunt zurück. »Das da draußen ist so etwas wie Kaiserwetter, das müssen wir ausnutzen.« Sprach’s und begann, an der Schulter seines Freundes zu rütteln. »Los, Kutscher, erhebe er sich! Die Sonne scheint, wir können endlich weiter!«
Roland grunzte erst unwillig, sah dann jedoch ebenfalls hinaus. Mit einem Ruck setzte er sich kerzengerade auf. »Wieso habt ihr mich nicht früher geweckt? Wir müssen das schöne Wetter ausnutzen, und so weit nach Süden fahren, wie es irgend geht.«
»Witzbold.« Martin feixte. »Wir sind selbst gerade erst aufgewacht, wie hätten wir dich also früher wecken können, hm?«
»Stimmt.« Roland nickte. »Zimmerservice haben wir ja keinen an Bord. Also los, dann mal frisch voran! Gregor, es war eine gute Idee, hier ein Päuschen einzulegen. Ich fühle mich, als könnte ich Bäume ausreißen.«
***
Konzentriert aber dennoch entspannt so gut es ging, lenkte Roland den Bus über die verschneite Landstraße. Ein allzu hohes Tempo konnte er dabei nicht anschlagen, das verboten schon allein die Schneeketten. Außerdem musste er den Zustand der Straße genauestens im Auge behalten. Trotzdem kamen die Pilger im Vergleich zu den letzten Tagen gut voran.
»Ich hoffe, dieses Eden liegt direkt am Mittelmeer«, sinnierte Gregor. »Ein bisschen mediterranes Klima hat nämlich noch niemandem geschadet.«
»Du träumst wohl schon vom Dolce Vita in Bella Italia, wie?« Roland grinste. »Oder darf es gar Südfrankreich sein?«
»Die Details sind mir nicht so wichtig, Hauptsache aus dieser Kälte raus und mal wieder einen leckeren Vino.«
»Da sagst du was, mein Freund, da sagst du was …«
Eine Weile schwiegen die Männer. Jeder hing seinen Gedanken nach und malte sich Eden in den schönsten Farben aus.
Gregor schreckte aus seinen Träumereien auf, als Roland unvermittelt bremste. »Was ist?«
»Da vorne, das sieht nicht gut aus.« Roland brachte das Fahrzeug vollends zum Stehen und deutete etwa zehn Meter voraus auf die Straße. »Da kommen wir so nicht durch.«
Vor ihnen türmte sich der Schnee über einen Meter hoch auf. Da würde der Bus selbst mit Schneeketten nicht durchkommen, das Hindernis war einfach zu hoch.
»Dann müssen wir wohl schippen.« Gregor seufzte schicksalsergeben. »Zum Glück habe ich ein paar Spaten eingepackt. Wenn wir alle mit anfassen, sollte es kein allzu großes Problem sein.«
»Wie, schippen?« Martin sah den anderen verwundert an.
»Na, die Schneeverwehung wegschippen, damit wir weiterfahren können. Was denn sonst?«
»Ja, gute Frage«, stimmte Roland seinem Freund zu. »Was denn sonst? Die einzige Alternative ist umkehren, und das will, glaube ich, СКАЧАТЬ