Название: Anjuli Aishani
Автор: Janina Gerlach
Издательство: Автор
Жанр: Любовное фэнтези
isbn: 9783957442062
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»Du bist neu in der Stadt, stimmt´s? Ich habe dich gestern schon hier gesehen«, sagte er unerwartet freundlich. Beim Klang seiner Stimme klopfte mein Herz schneller. Die Melodie, die darin mitschwang, war einfach atemberaubend schön.
»Ehm, ja stimmt.«
Ich spürte wie Unmengen von Blut in mein Gesicht gepumpt wurden und konnte mir gut vorstellen, wie rot ich wohl sein musste. Mit einem Grinsen im Gesicht streckte er mir die Hand entgegen und sagte:
»Nathan Hawk. Sorry noch mal wegen eben. Ich hatte es ein wenig eilig.«
Eilig? Wieso nimmt er sich dann die Zeit mit mir zu reden?
Ein winzig kleiner Teil in mir bestand darauf, sauer auf diesen arroganten Nathan Hawk zu sein, doch der restliche Teil meines Verstands verzieh ihm sofort und wie ferngesteuert streckte ich auch meine Hand aus und stellte mich vor.
»Anjuli Aishani. Macht nichts. Ist ja nix passiert.«
Mit der freien Hand strich er sich ein paar Strähnen zur Seite und ich konnte sehen, wie er die Stirn runzelte.
»Anjuli Aishani? Das ist aber nicht sehr amerikanisch. Wo kommst du ursprünglich her, wenn ich fragen darf?«
Diese Frage kannte ich nur zu gut, da sie mir schon viele Leute zuvor gestellt hatten – zu Recht, wenn man nicht wusste, dass meine Mutter indischer Abstammung war, ich mich jedoch durch und durch als Amerikanerin fühlte und nicht ein Wort Indisch konnte. Ich wusste lediglich was mein Name bedeutete. Anjuli, der Segen, und Aishani, die Göttin.
Du bist wirklich ein Segen Gottes, hatte mir meine Mutter immer ins Ohr geflüstert, als ich klein war.
Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke etwas höher, da ein kräftiger kalter Windstoß von hinten kam, meine Haare in Nathans Richtung wehte und mich leicht frösteln ließ. Ich wollte ihm gerade die passende Antwort auf seine letzte Frage geben, da bemerkte ich seinen Gesichtsausdruck, der sich schlagartig von jetzt auf gleich verändert hatte.
Seine Züge ließen erahnen, dass er die Augen geschlossen hatte, und ich konnte deutlich sehen, wie er die roten Lippen aufeinander presste, so als hätte er eine Fliege verschluckt und wollte sie auf keinen Fall wieder aus seinem Mund lassen.
Verwundert sah ich ihm zu, wie er das Gesicht in den Wind hielt und kräftig einatmete. Mein Verstand musste mich täuschen, denn das, was ich da vor mir sah, erinnerte mich mehr an ein wildes Tier, das die Fährte seiner Beute aufnimmt, als an einen Menschen.
Seine Hände verkrampften sich und ich konnte deutlich die blauen und grünen Adern erkennen, die sich darauf abzeichneten. Ich hatte Angst, sie könnten aufplatzen, so fest drückte er darauf. Völlig erschrocken trat ich einen Schritt zurück, um Abstand zwischen uns zu bringen. Angst um mich hatte ich in diesem Moment keine.
Warum sollte dieser Mensch mich angreifen? Ich habe ihm nichts getan.
Vielmehr sorgte ich mich um sein Wohlbefinden. Vielleicht hatte er einen Anfall? Ich biss mir leicht auf die Lippe, so wie ich es immer tat, wenn ich mir in einer Sache unsicher war, und fragte ganz leise:
»Ist alles in Ordnung, Nathan?«
Endlich entspannten sich seine Züge. Er schien wieder zu sich gekommen zu sein.
»Ich muss los«, presste er zwischen den Lippen hervor. Anstatt mir zu versichern, dass alles klar war, wie es normale Menschen für gewöhnlich taten, verzog er das Gesicht, rückte seine Brille zurecht, während er einen unheimlich arroganten Blick aufsetzte und sich dann schließlich umdrehte und in schnellen Schritten den Parkplatz verließ. Zu meiner Überraschung, die durch dieses Verhalten sowieso schon riesig war, ging er jedoch nicht in Richtung Schule, sondern verschwand in ein anderes Gebäude, das ich jedoch noch nicht kannte. Ich überlegte einen Moment lang, ob ich ihm nachrufen sollte, verwarf diesen Gedanken jedoch schnell wieder. Ich würde aus diesem Jungen wohl so schnell nicht schlau werden. Außerdem war ich bereits mehr als spät dran und so eilte ich in das Schulgebäude, welches ich wohl für die nächsten zwei Jahre so gut wie täglich besuchen würde.
In der großen Eingangshalle angekommen, zerrte ich den geknickten Stundenplan aus meinem Rucksack und versuchte vergeblich herauszufinden, in welchem Raum ich eigentlich schon vor dreißig Minuten hätte erscheinen sollen. Die Halle war verlassen. Keiner, den ich hätte fragen können. Natürlich nicht – alle saßen bereits im Unterricht. So blieb mir nichts anderes übrig, als noch einen kurzen Abstecher ins Sekretariat zu machen, um die zum Glück freundliche und verständnisvolle Mrs. Jacobs nach dem Weg zu fragen.
Ich war leicht außer Atem, als ich endlich die Tür des Klassenzimmers erreichte, noch einmal tief durchatmete und dann leise aber hörbar anklopfte. Ein älterer Mann, graue Haare, Halbglatze, groß und schlaksig, öffnete mir und starrte mich mit zornigem Blick an. Er rückte seine altmodische Brille zurecht und verkündete spöttisch:
»Ah, sie müssen zweifellos Miss Aishani sein, habe ich Recht? Wir haben Sie bereits erwartet.«
Beschämt nickte ich, betrat den Raum und setzte mich kleinlaut auf den einzigen freien Platz, auf den Mr. Black, mein neuer Lehrer, mich verwiesen hatte. Ich spürte, wie alle Blicke auf mich gerichtet waren, während ich meine Jacke auszog, sie über den Stuhl hängte und mich schließlich darauf niederließ. Neben mir saß ein Junge, der mich mit schwarzen kurzen Haaren, grünen Augen und Sommersprossen anlächelte und sich als Daniel Reed vorstellte. Er schien nett zu sein und ich hoffte nur, dass er mir helfen würde, dieses grauenhafte Fach zu überleben.
Mr. Black war nicht gerade der Mathelehrer, den ich mir gewünscht hatte, und um direkt zu demonstrieren, dass man bei ihm besser niemals zu spät kam, holte er mich auch schon an die Tafel und ließ mich eine verdammt schwere Aufgabe vorrechnen. So etwas Gemeines hatte ich an meinem ersten richtigen Schultag nun wirklich nicht erwartet. Ich würde mich zum Schulgespräch Nummer eins machen – jedoch nicht auf positive Weise.
Ich wollte gerade verzweifeln, da ich nicht mehr weiter kam, als es plötzlich an der Tür klopfte. Wenige Sekunden später streckte Nathan seinen Kopf durch die Tür, setzte seine Sonnenbrille ab und murmelte etwas, dass wie »Entschuldigung, verschlafen«, klang. Mr. Black setzte dieselbe Miene auf wie auch bei mir vorhin und wies ihn zurecht.
»Tja, tut mir leid, Mr. Hawk, aber ich fürchte, ihr Platz wurde soeben vergeben. Da Sie es ja sowieso vorziehen, gar nicht, oder wenn, dann viel zu spät zu meinem Unterricht zu erscheinen, denke ich, es macht ihnen bestimmt nichts aus zu stehen.«
Verblüfft sah ich von Nathan, dessen Augen wütend funkelten, zu Mr. Black, der in der Ecke stand und zu seiner Genugtuung grinste.
»Wie wäre es, Hawk«, fuhr er schließlich fort, »wenn sie gastfreundlich wären und für unsere neue Schülerin, Miss Aishani, diese Aufgabe zu Ende rechnen würden?«
Ich atmete auf. Danke lieber Gott – ich bin gerettet.
Mit gepresster Stimme würgte Nathan ein »Aber liebend gerne doch«, was mehr als zynisch klang, heraus und kam in Richtung Tafel auf mich zu. Ich reichte ihm die Kreide und ging auf meinen Platz zu. Gerade als ich mich wieder neben Daniel setzte, hörte ich noch ein leises »Vielen Dank« seinerseits. Von der schönen Melodie, die ich vorhin noch in Nathans Stimme vernommen hatte, war nun nichts mehr übrig.
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