Ein Sommer in Berlin. Beate Vera
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Название: Ein Sommer in Berlin

Автор: Beate Vera

Издательство: Автор

Жанр: Контркультура

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isbn: 9783955522162

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СКАЧАТЬ »Wieder. Ich führe ihn wieder. Ich war zwölf Jahre lang in Irland und hatte den Buchladen deinem Nachfolger überlassen.«

      »Irland? Was hat dich denn nach Irland verschlagen?«

      Quinn hatte gerade wieder in seinen Burger gebissen, so dass die Antwort ein wenig auf sich warten ließ. Er hatte den Laden aufgegeben und war nach Irland gezogen? Noch mehr als dieser Umstand überraschte mich seine Antwort auf meine Frage. Wenig positiv allerdings.

      »Meine Frau. Aileen ist Irin, und ich beschloss zum Millenniumswechsel, ihr auf die grüne Insel zu folgen. Das goldene Zeitalter des keltischen Tigers war in vollem Gange. Ich dachte, es sei eine gute Zeit für einen Neuanfang.«

      Aus einem mir unerklärlichen Grund war ich konsterniert. Eine Irin? »Du bist mit einer Irin verheiratet?« Meine Frage klang sicherlich nicht besonders intelligent.

      Quinn zuckte mit den Schultern. »Ja. Aileen kam in den Buchladen, das muss in der Woche gewesen sein, nachdem du gegangen warst. Sie suchte einen Reiseführer für Berlin. Aileen verbrachte ein Gastsemester an der TU, sie hat einen Abschluss in Geophysik. Wir kamen ins Gespräch, ich empfahl ihr ein Buch, und wir verabredeten uns. Dann feierten wir den Jahrtausendwechsel zusammen – mit einer Million anderer Partygänger vor dem Brandenburger Tor. Da fragte sie mich, ob ich sie nach Dublin begleiten würde.« Er legte seine Hände auf den Tisch, die Handflächen nach oben. »Ich hatte feststellen müssen, dass mich in Berlin nichts mehr hielt. Den Laden überließ ich zunächst dem neuen Geschäftsführer. Aileen und ich heirateten noch im Februar 2000. Im Mai darauf lebte ich bereits in Dublin.«

      Tu es nicht, sagte ich mir, frag ihn nicht! Doch ich fragte ihn: »Habt ihr Kinder?«

      Er schüttelte den Kopf. »Nein, wir haben keine Kinder.«

      Das hatte ihm sicher gut in den Kram gepasst, dachte ich. Aileen allerdings tat mir leid. Falls sie sich überhaupt Kinder gewünscht hatte. Vielleicht hatte sie ja aber auch Quinns Einstellung zu diesem Thema geteilt und hätte sich sowieso keineswegs ihre vermutlich aberwitzig gute Figur ruinieren wollen. Was ging mich diese Aileen eigentlich an? »Und warum seid ihr nach Berlin zurückgekehrt?«, fragte ich dennoch.

      »Ich bin alleine zurückgekommen. Wir haben uns getrennt, und dann hielt mich wiederum nichts mehr in Dublin. Irland ist ein atemberaubendes Land, aber ich konnte einfach keine richtigen Wurzeln dort schlagen. Ich hatte dort auch einen Buchladen, mit einer deutschsprachigen Abteilung, versteht sich. Aber das war mehr ein Hobby, der Laden lief nicht so gut. Mir fehlte dann sehr bald der intellektuelle Austausch. Mein Englisch wurde zwar nach ein paar Jahren ganz passabel, aber Aileens Freundeskreis bestand nur aus Wissenschaftlern – Physikern, Chemikern, Geologen. Ein sehr eigener Menschenschlag, fand ich. Sie schienen mir zu nüchtern, ich verstand ihren Humor überhaupt nicht und sie den meinen nicht. Dann begannen Aileen und ich, mehr und mehr zu streiten und getrennte Wege zu gehen. Vor zwei Jahren zog ich die Reißleine und kam nach Berlin zurück.«

      Nun gut, da gab es sicherlich auch noch einen ausgedehnten Mittelteil, aber ich bezweifelte, dass der die Geschichte besser machen würde. »Das tut mir leid für dich.« Das war nicht einmal gelogen, denn ich wusste ja, wie furchtbar man sich fühlen konnte nach einer Trennung.

      Quinn legte seine Hand auf meine. Sie war warm, aber gerade nicht weich genug, um sich angenehm männlich anzufühlen. Trotz seiner feingeistigen Art war er in der Lage gewesen, die meisten praktischen Dinge in seinem Umfeld selbst zu erledigen, von der Reparatur des tropfenden Wasserhahns oder der defekten Deckenbeleuchtung bis hin zum Ein- und Aufbau seiner Küche. Ich erinnerte mich für einen kurzen Moment lang daran, wie ich seine Hände auf meiner Haut genossen hatte. Nur ein kräftiger Schluck von meinem alten Freund Jacques verhinderte, dass ich diesem Gedankenpfad folgte. Ein wenig rot wurde ich dennoch.

      »Das ist lieb von dir«, sagte Quinn mit seinem strahlenden Lächeln, das ein wenig traurig wirkte. »Aber erzähl doch mal! Was ist bei dir los? Warum brauchst du Stefans Hilfe? Lässt du dich etwa scheiden?«

      Täuschte ich mich, oder leuchteten seine Augen bei dieser Frage? Den Eindruck vermittelte vermutlich nur das Flackern der Kerze auf unserem Tisch, aber der Gedanke gefiel mir.

      Ich hatte eine schöne Rede vorbereitet, mit der die Ereignisse der letzten Monate souverän und objektiv beschrieben werden sollten. Was ich dann aber rausblökte, war: »Ja, Hanno hat mich gegen ein neueres Modell eingetauscht. Eine langbeinige, rassige Polin. Er hat uns das Haus unter dem Hintern wegverkauft, und jetzt will er die Scheidung. So schnell wie möglich.«

      Quinn pfiff leise durch die Zähne. »Das ist hart. Ihr habt doch sicher Kinder?«

      Ich nickte. »Ja, drei. Helene ist dreizehn, Vincent zehn und Daniel sieben. Wir waren die verdammte Toffifee-Familie. Es hat nur der Hund gefehlt.«

      »Aber das wolltest du doch. Du wolltest doch eine Familie …«

      »Natürlich wollte ich eine Familie! Aber keinen Ehemann dazu, der meint, mich mit vierzig mit den Kindern sitzenlassen zu müssen, um sich eine viel jüngere Frau zu angeln und mir dann auch noch die Kinder wegzunehmen. Was ich wollte, war eine glückliche Familie. Mit einem Vater, der sich um seine Kinder kümmert und der mit mir alt wird, der mich auch mit Falten noch schön findet.« Ich schnaubte verächtlich. »Als er ging, sagte er mir, ich hätte mich gehenlassen und er brauche eine junge, dynamische Frau an seiner Seite. Nett, was?«

      »Autsch!«, kommentierte Quinn und verzog das Gesicht. »Das ist bitter.« Dann schaute er mich an, sein Blick schien mein Gesicht zu streicheln. »Catia, der Mann ist ein Esel. Und ein blinder obendrein. Ich finde dich genauso schön wie damals. Schöner sogar, deine Ausstrahlung ist noch viel stärker als früher …«

      Flirtete er etwa mit mir? Es war verwirrend, mit ihm an einem Tisch zu sitzen und meine Nöte vor ihm auszubreiten. Gleichzeitig spürte ich die alte Nähe, die gewohnte Vertrautheit wiederaufkommen, die vor all den Jahren zwischen uns existiert hatte. Und die in einem einzigen Moment durch meine Bemerkung wie eine Seifenblase zerplatzt war. Das durfte ich nicht vergessen! Vermutlich war mir der Calvados bereits mehr zu Kopf gestiegen, als ich mir eingestehen wollte.

      Im weiteren Gespräch versuchten wir, die letzten fünfzehn Jahre möglichst unbefangen Revue passieren zu lassen. Dabei blickten wir uns mehr als einmal tiefer in die Augen. Irgendwann sah ich auf die Uhr und stellte mit Entsetzen fest, dass es bereits elf war. Ich wollte doch um halb zwölf zu Hause sein! Mit dem Bus würde das nichts mehr werden, und für ein Taxi hatte ich eigentlich kein Geld, verdammt! »Quinn, ich muss ganz dringend los, es tut mir leid! Ich muss den Babysitter ablösen. Das schaffe ich gar nicht mehr mit dem Bus. Ich werde mir ein Taxi rufen.«

      Quinn winkte der Bedienung und bat sie, ihm die Rechnung zu bringen. »Lass mal! Ich fahre dich nach Hause. Ein Jacques, das geht schon, das Bier war alkoholfrei. Wo wohnst du denn jetzt?«

      »In Zehlendorf-Mitte, gleich hinter der Dorfkirche. Das wäre echt riesig von dir, dann bin ich noch pünktlich.«

      Wir verließen die Phoenix Lounge und liefen ein kleines Stück die Straße hinunter. Dann standen wir vor seinem alten silbergrauen Citroën DS – der Göttin. Ich stieß einen verhaltenen Freudenschrei aus. »Du hast sie immer noch? La Déesse – wie großartig!«

      Ich hatte dieses Auto geliebt, genau wie die Touren ins Brandenburger Umland, die wir mit dem Wagen so oft gemacht hatten. Ich ließ mich in den Beifahrersitz hinabgleiten und genoss die Fahrt nach Hause.

      Eine Viertelstunde später hielt Quinn in der Einfahrt neben dem kleinen leerstehenden Ladengeschäft im Erdgeschoss unseres Hauses. Er schaute die Straße hinunter in Richtung Zehlendorf Eiche und dann mich an. Wieder schien СКАЧАТЬ