Das Attentat auf die Berliner U-Bahn. Horst Bosetzky
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Название: Das Attentat auf die Berliner U-Bahn

Автор: Horst Bosetzky

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783955522124

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СКАЧАТЬ Schwägerin, ich möchte nicht, dass meine Hertha auf einer Reise von einer Bekanntschaft befruchtet wird.«

      »Psst, Gustav, es sind Kinder im Hause!«

      Waren sie aber nicht, und erst jetzt fiel den Erwachsenen ihre Abwesenheit auf. Hermann und Ludolf hätten schon längst wieder zu Hause sein müssen.

      »Es wird ihnen doch nichts passiert sein …« Hertha Mahlgast war einer Ohnmacht nahe.

      Germanus Cammer versuchte, sie zu beruhigen. »Die beiden sind doch verrückt nach ihrer Eisenbahn, da werden sie gar nicht auf die Zeit geachtet haben.«

      »Vielleicht sind sie auch auf einen haltenden Zug aufgesprungen und zum Bahnhof mitgefahren«, sagte Gustav Mahlgast. »Das haben sie schon ein paar Mal gemacht, obwohl ich es ihnen streng verboten habe.«

      Hertha Mahlgast schob die beiden Männer zur Tür. »Los, lauft zum Bahndamm, sie suchen!«

      Einer der Gäste war ans Fenster getreten, um auf die Straße hinunterzuschauen. Vielleicht waren die beiden Jungen ja gerade im Anrücken. Doch was er sah, war lediglich ein Schutzmann, der gerade in der Haustür verschwand. Also rief er ins Zimmer: »Die Polizei!«

      In diesem Augenblick wurde auch schon an der Wohnungstür geläutet, und alle erstarrten, weil sie dasselbe dachten: Jetzt kommt die Polizei, um zu melden, dass den Jungen etwas Schreckliches passiert war. Hertha Mahlgast fiel nun wirklich in Ohnmacht. Und während sich die Frauen um sie bemühten, ging Germanus Cammer zur Tür. Er glaubte, die stärksten Nerven zu haben. Doch auch er zögerte. Im Stillen dankte er Gott, dass seine Kinder nicht mitgekommen waren. Aber sein Schwager hatte keinen Kindergeburtstag feiern wollen. Nur Ludolf Tschello war zugelassen worden, weil dessen Eltern an diesem Tage nicht in der Stadt waren.

      Nun hatte auch Gustav Mahlgast die Kraft gefunden, sich aus seiner Erstarrung zu lösen, und beide zusammen öffneten die Tür zum Treppenhaus – um sofort zusammenzuzucken, denn der Schutzmann sah wirklich so aus, als würde er eine schreckliche Nachricht überbringen.

      »Herr Mahlgast …?«

      »Ja …«

      »Es tut mir sehr leid, aber …«

      »Hermann und Ludolf sind tot!«, schrie Gustav Mahlgast.

      »Nein, aber sie liegen im Krankenhaus. Ein Zug hat sie erfasst und zur Seite geschleudert.«

      »Mein Gott! Wie schlimm ist es denn?«

      »Nicht so schlimm, dass sie …« Der Schutzmann kam ins Schwitzen und musste sich erst einmal mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn tippen. »Nur ein bisschen was am Kopf, soweit ich weiß, und ein bisschen was gebrochen.«

      »Ein bisschen was gebrochen?«, wiederholte Gustav Mahlgast.

      »Wo liegen sie denn?«, fragte sein Schwager.

      »Im Krankenhaus Bethanien.«

      Sie brauchten eine gute Viertelstunde, bis der eilig herbeigerufene Hausarzt Hertha Mahlgast mit Hilfe einiger Duftstoffe und einer speziellen Medizin so weit wiederhergestellt hatte, dass sie es wagen konnte, mit einer Droschke ins Krankenhaus zu fahren.

      Als sie am Mariannenplatz eintrafen, stießen sie mit Auguste Tschello zusammen. Diese hatte ihren krank gewordenen Vater am Schwielochsee besucht und war gerade nach Hause gekommen, als ein Schutzmann bei ihr am Klingelzug riss, um ihr mitzuteilen, was ihrem Sohn widerfahren war.

      Die beiden, Hertha und Auguste, lagen sich in den Armen und schluchzten.

      Gustav Mahlgast und Germanus Cammer verdrehten die Augen. Dass sich die Frauen immer so haben mussten! Schließlich war die Sache ja noch einmal glimpflich abgegangen.

      »Nun kommt mal langsam ins Krankenhaus rein, die Kinder warten sicher schon auf uns.«

      Das taten sie aber nicht. Sie lagen vielmehr auf ihren Betten und spielten schon wieder trotz ihrer Verbände – aber Hochbahn, nicht Eisenbahn. Von der hatten sie vorerst die Nase voll.

      »Bahnhof Schloßplatz!«, rief Hermann Mahlgast. »Alles aussteigen, Zug endet hier!«

      Ludolf Tschello tippte sich mit der linken Hand, soweit er sie trotz seines Gipsverbandes bewegen konnte, gegen die Stirn. »Schloßplatz wird doch nie ’ne Hochbahn erhalten. Meinst du denn, der Kaiser wird sich den schönen Ausblick verbauen lassen?!«

      »Bei mir fährt der Kaiser selber Hochbahn.«

      »Erst fahren doch mal seine Minister zur Probe, um zu sehen, ob der Zug auch nicht runterfällt.«

      Hermann Mahlgast war diesmal kompromissbereit. »Na schön: Alles einsteigen zur Ministerfahrt!«

       1878

      Georg Grasmuck war 1840 als Sohn eines Großbauern in Radensleben geboren worden. Nahebei, in Wustrau, lag das Schloss des legendären Reitergenerals Hans Joachim von Ziethen, der Friedrich dem Großen zu manchem Sieg verholfen hatte. So zog es denn auch Grasmuck zu den Husaren, und während seines Militärdienstes entdeckte er seine Liebe zu den Pferden. Er pflegte, streichelte und liebkoste sie weit mehr, als es zu seinen Pflichten gehörte, und er besaß das, was die Leute einen Pferdeverstand nannten. Es gab kein Trinkgelage, bei dem nicht darüber gespottet wurde, dass er es gelegentlich sogar mit seiner Lieblingsstute triebe wie mit einem Weibe. Das mit der Sodomie war zwar nichts weiter als üble Nachrede, aber Grasmuck begriff schnell, dass er sich dagegen nur wehren konnte, wenn er zum einen heiratete und zum anderen seinen Mitmenschen verständlich machte, dass ein Pferd für ihn nichts anderes sei als ein Gegenstand, mit dem sich Geld verdienen ließ. So stürzte er sich in die Pferdezucht und schaffte es nach einigen Jahren, ein Gestüt in der Nähe von Neuruppin und eines im Dorf Lübars im Norden Berlins sein Eigen zu nennen. Aber damit nicht genug, er erwarb Anteile an den Pferdebahnen, die ab 1865 überall in Berlin und seinen Vororten gegründet wurden.

      Kurzum, Georg Grasmuck war so gut im Geschäft, dass es zu einem stattlichen Haus am Kupfergraben gereicht hatte. Zu dem, was er mit Pferden und Pferdebahnen verdiente, kamen noch die Einnahmen aus einem Fuhrgeschäft, und wenn sich die Dinge weiter so entwickelten wie bisher, konnte er durchaus damit rechnen, an seinem fünfzigsten Geburtstag zum Kommerzienrat ernannt zu werden. Aber schon heute hatte er allen Grund, mit stolzgeschwellter Brust Unter den Linden zu flanieren. Er war halt wer.

      Seine Frau war seit Ostern zur Kur in Karlsbad, um ihre chronisch werdende Bronchitis auszukurieren, und Grasmuck nutzte ihre Abwesenheit, um wie ein Junggeselle durch die Stadt zu schlendern und nach hübschen weiblichen Wesen Ausschau zu halten.

      Doch wem lief er gegenüber der russischen Botschaft in die Arme? Keiner der marchandes d’amour, sondern seinem Intimfeind Germanus Cammer. Seit Jahren schon kämpften sie um die Vorherrschaft im Berliner Musikantenbund »Äolsharfe«. Jeder wollte das Sagen haben, und ihr Streit war bereits so weit eskaliert, dass sie sich in aller Öffentlichkeit Prügel androhten. Man hatte sie auch flüstern hören, den anderen eines Tages umbringen zu wollen. Sie hätten sich längst duelliert, wäre das noch möglich gewesen.

      »Sie hier?«, fragte Grasmuck. So einfach aneinander vorbeigehen konnte man auch nicht, die Form musste schließlich gewahrt werden.

      »Ich konnte doch nicht wissen, dass Sie auch …« Cammer war sichtlich verlegen und fürchtete, СКАЧАТЬ