Название: Die Schuhleiche
Автор: Michael Schlinck
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783960085027
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„Viel haben wir noch nicht. Der Wachmann, der heute Vormittag seine Runde drehte, hat die Leiche entdeckt und den Lagerleiter und uns verständigt. Die Leiche ist männlich und etwa Anfang fünfzig.“
„Schon identifiziert?“, will ich wissen.
„Nein, noch nicht. Würgemale am Hals deuten auf ein Kapitalverbrechen. Gefunden wurde er in einer Kiste zwischen Schuhkartons, in Folie verpackt auf einer Europalette.“
Da Lara nun ihre Ausführungen beendet hat, beginne ich mit meinen Ermittlungen. „Was sagt der Arzt?“
Nun wird Timo aktiv: „Wie gesagt, Tod durch Ersticken ist naheliegend, was die Hämatome im Halsbereich bestätigen. Die fortgeschrittene Leichenstarre deutet darauf hin, dass unser Opfer schon vor mehr als 36 Stunden von uns gegangen ist. Alles Weitere will er bei der Obduktion feststellen.“
„Okay, und was sagen die Jungs der Spusi?“ Spusi ist unser gängiges Kosewort für die Spurensicherung.
„Also, ein gewaltsames Eindringen in das Lager konnte nicht festgestellt werden. Auch Fingerabdrücke konnten sie nirgends nachweisen.“
„Habt ihr die Anwesenden schon vernommen?“
„Nein, Dieter, damit wollten wir auf dich warten.“
„Okay, dann lassen wir die Leute nicht zu lange warten. Ich werde die Befragung durchführen. Timo, wenn du das Protokoll führst, kann Laura aus der zweiten Reihe das Verhalten der Befragten beobachten.“ Beide nicken zustimmend. Zufrieden mit der Arbeitsteilung frage ich, um die beiden mit einzubeziehen: „Mit wem fangen wir an?“ Einstimmig sind wir der Meinung, zuerst mit dem Wachmann zu sprechen, der die Leiche gefunden hat.
Nachdem ich mich und meine Kollegen kurz vorgestellt habe, beginnt der ältere Mann mit leiser, fast schon piepsiger Stimme zu reden: „Mein Name ist Georg Mayer und ich bin bei der Wach- und Schließgesellschaft Müller in Pirmasens beschäftigt. Gegen 10 : 00 Uhr heute Vormittag kam ich hier in der Firma an, um meinen Routinerundgang durchzuführen.“ Herr Mayer scheint viel Erfahrung beim Berichten zu haben, also werde ich ihn einfach mal reden lassen. „Nachdem ich in den Verwaltungsräumen sämtliche Kontrollpunkte abgescannt hatte, kontrollierte ich den Auszeichnungsbereich und das Lager.“
„War irgendetwas auffällig?“ Jetzt wollte ich doch mal einhaken, damit ich nicht teilnahmslos wirke.
„Nein. Bis dahin war alles wie immer. Beinahe wäre ich auch schon gegangen, wenn ich nicht plötzlich ein leises Piepen aus dem Bereich des Wareneingangs gehört hätte. Ich dachte, dass ein Mitarbeiter sein Handy vergessen hätte und nun der Akku zur Neige ginge. Doch auf dem Schreibtisch beim Wareneingang war keins zu sehen. Aber das Piepen war wieder zu hören, und zwar aus einer der Paletten mit Waren darauf, die gleich hinter dem Wareneingangstor abgestellt sind. Da mir das nun doch sehr ungewöhnlich vorkam, hab ich Herrn Jost verständigt.“
„Wer ist Jost?“, will ich wissen.
Timo hakt gleich ein: „Jochen Jost ist hier der Lagerleiter. Er hat die Schlüsselgewalt und ist auch noch im Haus.“
Diese Antwort von Timo stellt mich vollends zufrieden. „Und wie ging es weiter?“, wende ich mich wieder an Mayer.
„Ich habe dann auf Herrn Jost gewartet und derzeit die Palette identifiziert, aus der das Geräusch gekommen war. Als er dann eingetroffen ist, haben wir entschieden, die Ware auszupacken, um nachzusehen. In einem großen Karton unter den vielen kleinen Schuhkartons machten wir dann die grausige Entdeckung.“
Die Information reicht mir vorerst. Nachdem ich den Wachmann für Montagfrüh in mein Büro bestellt habe, um das Protokoll aufzunehmen, entlasse ich ihn ins Wochenende.
Nun ist Jochen Jost an der Reihe. Er bestätigt die Geschichte von Mayer in jedem Punkt, ich habe aber noch weitere Fragen an ihn: „Wie wurde die Palette angeliefert und woher stammt sie?“
„Die zwölf Paletten beim Wareneingang kamen gestern noch kurz vor Feierabend herein. Ich hatte den Fahrer schon abgewiesen, da wir eigentlich nur bis eine halbe Stunde vor Feierabend annehmen.“
„Wieso haben Sie dennoch die Lieferung angenommen?“
„Ja, das lag daran, dass mir der Fahrer erklärte, er müsse noch bis spät in die Nacht arbeiten, da in ihrer Firma eingebrochen wurde und die Paletten wegen der polizeilichen Ermittlung erst am Nachmittag verladen werden konnten. Also hab ich mich dazu bereit erklärt, die Ware noch schnell in die Halle zu ziehen.“
„Wie ging es dann weiter?“ Dieses Mal ist es Lara, die Jost zum Weitersprechen ermutigt.
„Nichts weiter. Es war schon kurz nach fünf und da ich auch ins Wochenende wollte, hab ich schnell die Alarmanlage aktiviert und fluchtartig das Gelände verlassen.“
Ich muss noch mal nachbohren: „Welche Spedition lieferte die Ware? Und von wo kam sie?“
Jost meint dazu, das sollte ja auf den Frachtpapieren vermerkt sein, die hinten im Lager liegen. „Wenn Sie es wünschen, kann ich sie schnell holen.“
Auf mein Bitten hin läuft Jost gleich los, was mir einen Moment zum Reden mit meinen Mitarbeitern gibt: „Was meint ihr?“
Lara sagt gleich, dass ihr alles absolut glaubwürdig vorkomme und auch in Timos Augen gibt es keinen Anhaltspunkt, der ihn zweifeln lässt. Somit waren wir also alle drei einer Meinung.
Herr Jost kommt mit ein paar losen Blättern zur Tür herein. „Laut Papieren hat uns die Spedition Bock aus Godramstein beliefert und laut Papieren sind die Paletten die letzten Tage in ihrem Lager gewesen.“
Das waren jetzt aber Informationen, die uns auf eine heiße Spur bringen könnten. Schnell bedanke ich mich bei Jost und informiere ihn, dass ich ihn Montagfrüh gerne zur Protokollaufnahme in meinem Büro begrüßen würde. Somit kann er nun auch nach Hause fahren.
Jetzt, wo wir unter uns sind, kann ich meine Mitarbeiter instruieren. Lara beauftrage ich damit, mir schnellstmöglich einen Termin bei der Spedition zu verschaffen, und mit Timo gehe ich in Richtung Lager, um mir selbst ein Bild vom Fundort zu machen.
„Auf, Gusti, machen wir mal ne Betriebsbesichtigung“, fordere ich ihn auf mitzukommen, da er immer noch kaffeefrei auf dem Sofa sitzt.
Wortlos trottet er uns hinterher. Auf unserem Weg kommen wir an weiteren Büros vorbei, die mit Warensteuerung, Buchhaltung und dergleichen beschriftet sind. Nachdem wir durch die große stählerne Brandschutztür gegangen sind, komme ich mir vor, als wäre ich in eine andere Welt getaucht. Nach den angenehm freundlichen Verwaltungsräumen stehen wir nun in einer Riesenhalle mit Hochregalen, die gefühlt bis zum Himmel reichen. Überall Schuhe, Schuhe und noch mal Schuhe. Zielstrebig führt uns Timo quer durch die Halle zu einem Tor, vor dem zwölf Paletten stehen. Elf davon sind noch in Folie eingepackt. Bei der zwölften jedoch ist die Folie zerrissen und um sie stehen lose Schuhkartons.
„Ich denke, dass ich dir den Bereich bis Montagfrüh wieder freigeben kann, damit dein Betriebsablauf nicht weiter gestört wird“, informiere ich den Inhaber.
„Kannst du mir wenigstens sagen, wie ich zu der Leiche gekommen bin, Dieter?“
„Tja, СКАЧАТЬ