Название: Berufsbezogenes Marketing
Автор: Gerhard Seidel
Издательство: Автор
Жанр: Маркетинг, PR, реклама
isbn: 9783954887750
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Das war für beide Seiten nicht sehr erfreulich und ich überlegte, wie ich das ändern könnte. Vielleicht hilft es, so dachte ich, dass ich mir einmal ein paar Bewerbungsbücher besorge und mich einlese, um nicht nur mehr Verständnis für die „andere Seite“ zu erlangen, sondern auch konkrete Hilfen anbieten und Vorschläge machen zu können.
Doch das war leichter gesagt als getan, denn zu der Zeit gab es solche Ratgeber nicht (oder sie waren für meine Zwecke nicht brauchbar). Außerdem machten die Autoren den Fehler, dass sie Zustände zugrunde legten, die es auf dem Arbeitsmarkt längst nicht mehr gab.
Fünfzig Jahre keine „normale“ Bewerbung
Mir wurde sehr schnell klar, warum das so war. Im Jahr 1982 war seit über fünfzig Jahren der Arbeitsmarkt so, dass ein „normales“ Bewerberverhalten gar nicht notwendig war. 1930 hatte man die Arbeitslosigkeit einfach mit diversen Maßnahmen (Arbeitsdienst, Wehrmacht usw.) abgeschafft, dann wurden wir mit Kriegen und anderem Schwachsinn beschäftigt und es kam zum Zusammenbruch. Wer bewarb sich da, als es ums Überleben ging, schon schriftlich um einen Arbeitsplatz.
Im Zeichen des Wiederaufbaus war eine Bewerbung bis 1980 ebenfalls kaum notwendig. Wie sagte es ein Teilnehmer treffend: „Wir haben doch nur mit den Fingern geschnipst, da kamen die Herren Unternehmer schon angerannt.“ Ein anderer ergänzte grinsend: „Ohne Flocken war kein Locken!“ Deshalb brauchte man auch keine Ratgeber für richtiges Bewerben.
Auch ich kann mich noch gut an diese Zeiten erinnern. Einmal sprach ich beim Arbeitsamt in Andernach persönlich vor, weil ich unbedingt fünf neue Mitarbeiter in der Produktion brauchte und hoffte, dass durch mein Erscheinen die Chancen, dass man dort welche „rausrückte“, größer seien. Aber leider wurde mir eröffnet: Wir haben zwar noch Arbeitslose, aber die können Sie nicht gebrauchen. Die sind eigentlich arbeitsunfähig oder gehören – damals durfte man das noch sagen – zur Gruppe der „Bodensatzarbeitslosen“. (Diese Situation war ja auch der Grund, warum Italiener in Sizilien überredet wurden, in Deutschland Gastarbeiter zu werden.)
Die dramatische Wende am Arbeitsmarkt
In den Jahren 1982 bis 1985 trat dann auf dem deutschen Arbeitsmarkt eine dramatische Wende ein. Volkswirtschaftlich ausgedrückt wandelte sich der Arbeitsmarkt von einem Verkäufermarkt (der Verkäufer der menschlichen Arbeitskraft bestimmt die Bedingungen) zu einem Käufermarkt (der Käufer von Arbeitnehmerleistungen – die Unternehmen – bestimmt, wie der Markt funktioniert).
Das erkannte auch die Arbeitsverwaltung und sie richtete die bereits erwähnten 41a-Bewerbertrainings für arbeitslose Arbeitnehmer ein.
Diese veränderte Situation am Arbeitsmarkt wurde von den Arbeitslosen falsch eingeschätzt. Ihre Erfahrungen und die in der Vergangenheit durchaus erfolgreichen Bewerbungsstrategien funktionierten nicht mehr. Das gleiche Phänomen erlebte ich übrigens nach der Wende in den neuen Bundesländern. Auch hier hatten wir in den Seminaren des Arbeitsamtes mehr damit zu kämpfen, die sozialistischen Strategien und Erfahrungen aus den Köpfen der Teilnehmer zu verbannen, als ihnen neue methodische Kompetenzen zu vermitteln, die man bei einem Käufermarkt anwenden musste, um erfolgreich zu sein.
3.1.1 Die Entwicklung des berufsbezogenen Marketings
Es gab also nichts Brauchbares, womit ich die Teilnehmer bei ihren Bewerbungsaktivitäten hätte unterstützen können. Damals studierte ich an der Fachhochschule in Köln, unter anderem auch Marketing. Ein volkswirtschaftliches Modell, „Der einfache Wirtschaftskreislauf“, brachte mich dann auf eine Idee.
Der einfache Wirtschaftskreislauf
Das Modell zeigt in vereinfachter Form, wie die Wirtschaft funktioniert. Die Arbeitnehmer (AN) stellen den Unternehmen (U) ihre Arbeitskraft zur Verfügung und erhalten dafür eine Entlohnung. Mit dieser Arbeitskraft können die Unternehmer (U) Produkte und Dienstleistungen herstellen, die sie an die Arbeitnehmerhaushalte (AN) verkaufen.
Dafür erhalten die Unternehmen einen Preis, der sie in die Lage versetzt, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und menschliche Arbeitskraft einzukaufen.
Nun stellten die Unternehmen in den 70er Jahren fest, dass man auf den unteren Teil des Kreislaufes sehr wohl Einfluss nehmen konnte, und sie erfanden das Marketing. Mit den Instrumenten des Marketings (Produkte, Werbung, Preise, Absatzwege) manipulierten sie die Arbeitnehmerhaushalte so, dass diese die Produkte und Dienstleistungen bei ihnen und nicht bei der Konkurrenz kauften.
Mein Gedanke lautete nun (der Grund war auch, dass ich in dieser Zeit als Externer BWL studierte): Vielleicht könnte man im Sinne von Benchmarking die bewährten Instrumente des Marketings auch für den oberen Teil des einfachen Wirtschaftskreislaufes nutzen. Wenn es möglich war, mit gewissen Manipulationsbemühungen „unten“ Erfolge zu haben, warum sollte es nicht auch „oben“ funktionieren?
Damit war die Grundidee des „berufsbezogenen Marketings“ geboren. Ich prüfte, welche Methoden und Strategien des betriebswirtschaftlichen Marketings sich für die Bewerbungsaktivitäten von Arbeitslosen nutzen ließen, damit die Unternehmen den Bewerber und nicht den Konkurrenten einstellten, und was zu tun war, damit sie auch ein angemessenes Gehalt zahlten.
Es gibt nur Goldmedaillen!
Eines wurde mir bei der Arbeit in den Seminaren klar (und das hat sich bis heute nicht geändert): Auf dem Arbeitsmarkt finden wir die reinste Form der Marktwirtschaft. Es werden nur Goldmedaillen verteilt, das Gesetz von Angebot und Nachfrage dominiert ganz eindeutig. Und während sonst Märkte etc. in diversen Gesetzen (BGB, HGB, Akt, AO usw.) geregelt sind, gelten für das Bewerbungsverfahren auf dem Arbeitsmarkt nur wenige und kaum bekannte gesetzliche Auflagen.
Was nichts anderes bedeutet als: Wer als Sieger aus einem Bewerberverfahren herausgehen will, der muss besser sein als seine Konkurrenten. Aber er muss den Kampf um den Arbeitsplatz nicht mit zwanzig Metern Vorsprung gewinnen, es reicht die berühmte Brustbreite. Und diese zu erreichen, das war mein Anspruch und sollte Ziel des berufsbezogenen Marketings sein. Von Anfang an war es aus der Sicht der Trainer konzipiert. Es sollte kein kompliziertes System sein, sondern einleuchtende Erfolgsstrategien beinhalten, die vom Trainer verständlich zu vermitteln und von den Teilnehmern einfach anzuwenden waren.
Ich wollte mehr die Hintergründe und strategischen Aspekte des Bewerbens darstellen, weil sich Fragen nach einem richtigen Anschreiben oder ob man besser einen tabellarischen Lebenslauf schreibt oder was es mit den angeblichen „Geheimcodes“ in Arbeitszeugnissen auf sich hat, in diversen Büchern nachlesen ließen (heute steht so etwas im Internet, im Anhang dieses Buches werde ich einige Websites aufführen).
Weil ich auf diese Unterlagen zurückgreife, sind in diesem Buch auch mehr übergeordnete Überlegungen und Vorschläge für Sie als Trainer zu finden. Die „normalen“ Ratschläge und Probleme, die beim Bewerben zu berücksichtigen sind, überlasse ich anderen Autoren. Einige habe ich unter Angabe der Quellen für Sie als Anregung und als Gedankenstütze СКАЧАТЬ