Название: Stein mit Hörnern
Автор: Liselotte Welskopf-Henrich
Издательство: Автор
Жанр: Исторические приключения
isbn: 9783938305645
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»Ich verstehe.«
Queenie war erleichtert. Alles, was mit New City und einer ehemaligen Schmugglerkneipe zusammenhing, roch für sie übel. Sie fürchtete sich davor wie vor unheimlichen Geistern.
»Was gibt es sonst Neues?« erkundigte sich Joe.
»Yvonne hat Charles Morning Star, den jüngeren Bruder von Frank Morning Star, geheiratet. Ihre Mutter denkt schon an die nächsten Wahlen und arbeitet für Frank Morning Star gegen die Trinkerpartei.«
»Das kannst du auch tun.«
»Yvonnes Bruder Louis lernt tüchtig auf dem College.«
»Ich fange auch bald wieder an zu lernen. Ich darf schon ein Buch umblättern.«
»Du fühlst dich besser!«
»Sobald es möglich ist, gehe ich heim.«
»In das Hospital auf unserer Reservation?«
»Nein. Zu Roger Sligh gehe ich nicht. Ich gehe heim, zu uns heim, ins Blockhaus. Verhindere mit allen Mitteln, dass sie mich in das Reservationshospital bringen. Verstehst du?«
»Hat Sligh dich nicht gut operiert?«
»Er hat ein wahres Wunder getan, nach den Röntgenbildern zu urteilen. Eivie hätte das nicht vermocht. Eivie ist mit dem Herzen gut, Sligh ist es mit dem Messer. Aber Mr Sligh, M. D., muss auch gewusst haben, warum er mich dann hierher bringen ließ. Verstehst du?«
»Ich verstehe.«
»Die Klinik Dr. Miller ist teuer. Ich habe es erfahren. Fünfzig Dollar den Tag, das ist sogar noch ein Vorzugspreis, weil ich ein interessanter Fall bin. Dazu kommen die Arztrechnungen. Wie hast du es bis jetzt gemacht?«
»Ich habe das Bild von Rotadlermädchen verkauft. Der Gesundheitsdienst gibt einen Zuschuss.«
Inya-he-yukan sah seine Frau forschend an.
»Nun gut. Ich möchte wieder gesund werden. Ein Krüppel ist eine Last und zu nichts nütze. Es wird also noch ein halbes Jahr vergehen – hier. Schaffst du das, Tashina?«
»Ich schaffe es, Inya-he-yukan.«
»Wann fährst du zurück?«
»Ich habe Zeit.«
»Daheim brauchen sie dich.«
Es fiel Tashina schwer, sich zu verabschieden, obgleich sie wusste, dass sie ihren Mann nachmittags und auch am folgenden Morgen noch einmal besuchen durfte. Die erste und beste Stunde war vorüber.
Queenie King fuhr mit ihrem schnellen Wagen zu dem Motel zurück, säugte und versorgte das Kind und fragte sich, was Dr. Miller ihr wohl zu sagen habe. Ehe sie die Klinik verließ, hatte die Stationsschwester ihr mitgeteilt, dass der Chefarzt sie nachmittags um drei Uhr zu sprechen wünsche.
Queenie entschloss sich, das Kind im Motel zu lassen.
Punkt drei Uhr saß sie Dr. Miller am großen Schreibtisch gegenüber. Sie versuchte zu ergründen, was er für ein Mensch sei, aber sie fand nicht mehr als einen Arzt und Klinikdirektor von imposanter Statur, mit der Form der Brille die vorhandene Intelligenz markierend, selbstbewusst, wie die vollen Lippen verrieten.
Die Röntgenbilder lagen alle bereit, die Aufnahme aus Kanada, eine Aufnahme vor der Operation, zwei Aufnahmen nach der Operation, eine nach der Überführung in die Klinik Miller und zwei Bilder während der klinischen Behandlung. Miller erklärte, und Queenie erkannte alle Rückschläge und Fortschritte im Bild.
»Ihr Mann ist ein dankbarer Patient, Mrs King – eiserne Energie, keinerlei ungeduldige Dummheiten. So, wie die Sache jetzt aussieht, möchte ich eine vollständige Heilung – mit wieder eintretender voller Beweglichkeit – fast garantieren. Die stationäre Behandlung darf allerdings nicht unterbrochen werden. Ich rechne, dass wir Ihnen in etwa einem Jahr einen gesunden, leistungsfähigen Menschen wiedergeben –«
»Mein Mann rechnet mit einem halben Jahr.«
»Man wird sehen. – Übrigens, eine Information für Sie, Mrs King: Ein Beauftragter des Gesundheitsdienstes war hier und hat nach Einsichtnahme in die Röntgenbilder erklärt, dass die stationäre Behandlung im Indian Hospital vollständig genüge, auch von Anfang an genügt hätte. Der Gesundheitsdienst werde keine Zuschüsse geben. Eine solche Möglichkeit sei im Etat überhaupt nicht vorgesehen.«
Queenie wechselte die Farbe.
»Das bedeutet natürlich nicht, dass irgendjemand an eine zwangsweise Rücküberführung denkt. Keinesfalls.«
Dr. Miller machte eine Kunstpause. Queenie schaute angstvoll auf ihn; sie wollte seine Augen fassen, aber es spiegelten ihr nur die großen Brillengläser entgegen. Ein Mensch saß hinter Glas; sie hatte plötzlich die verrückte Vorstellung, einen Fisch im Aquarium zu sehen.
Vielleicht würde sie das malen.
»Keinesfalls eine zwangsweise Rückführung, sagte ich. Aber wir werden hier vom Gesundheitsdienst keine Zuschüsse erhalten. Alle Kosten sind rein privat von Ihnen aufzubringen.«
Dr. Miller zog ein Karteiblatt hervor, das bisher von anderen Papieren verdeckt gewesen war. »Ihr Konto – Mrs King. Ich bespreche das mit Ihnen persönlich, ehe Sie ins Büro gehen. Sie sind mit den Zahlungen zwei Monate im Rückstand – dazu kommen die Arztkosten. Also 3 000 Dollar plus 900 Dollar – 3 900 Dollar. Wieviel wollen Sie davon jetzt begleichen – in welchen Raten wollen Sie abzahlen, und wie wollen Sie das mit den neu anfallenden Kosten halten? Sie können es sich überlegen. Wir kommen Ihnen entgegen. Sagen Sie noch vor Ihrer Abreise bitte im Büro Bescheid.«
Die Worte waren Wellen, die rings um Queenie schaukelten, um sie zu ertränken.
»Ja – danke.« Queenie stand auf und ging.
3 900 Dollar – im Rückstand.
Sie hatte einen Scheck bei sich, den Scheck, den sie für das verkaufte Porträt von Rotadlermädchen erhalten hatte. Sie hatte das tote Rotadlermädchen verkauft. So fühlte sie es. 1 300 Dollar. Sie gab den Scheck im Büro ab und vereinbarte, dass sie 2 600 Dollar innerhalb von zwei Monaten in vier Raten abzahlen würde, zusätzlich zu den laufenden Kosten von 50 Dollar pro Tag und den künftig anfallenden Arztrechnungen. Jede zweite Woche waren etwa 3 200 Dollar einzuzahlen.
Wenn sie noch einmal im Rückstand blieb, würde Joe sofort in das Indianerhospital der Reservation zurückverwiesen.
Oder in die benachbarte öffentliche Klinik der Stadt? Nein, das wäre sinnlos, da dort auch keine besseren Heilmittel zur Verfügung standen als im Indian Hospital.
Queenie sagte noch einmal: »Ja – danke. Ich danke für die Auskunft.«
Dann ging sie zu ihrem Mann.
Seit dem Morgen waren Jahre verflossen. Alles hatte sich geändert. Eine Lüge, klein und erleichternd, war groß geworden. Wer sie sah, hatte Angst. Queenie allein aber sah sie. Kein anderer wusste davon.
Es gab keine Ersparnisse СКАЧАТЬ