Название: In dir bin ich stark
Автор: Klaus Steinert
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783865065803
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Das Leben nutzen. Wie geht das? Die meisten von uns haben kein wirklich festes Lebensziel vor Augen. Sie hängen sich allenfalls an zweitrangige Dinge: unersättliches Habenwollen, geschäftige Hast in überflüssigen Arbeiten, Hoffnung auf Gewinn, Handel in allen Ländern und auf allen Meeren, Streben nach dem Glück anderer oder die Klage über ihr eigenes Los. Dies zu erreichen, wäre aber nicht im Sinne Gottes für unser Leben. Das wäre ihm nämlich viel zu wenig: Er will ALLES für uns – und nichts für sich, so Luther.
Gott hat nach dem Desaster im Paradies einen Dreistufenplan entwickelt. Alle drei Stufen zusammen bilden eigentlich erst das richtige Leben. Die erste Stufe: Aus einer Mutter werden wir Menschen geboren. Das ist ein Wunder, ein Geschenk. Aber das so geschenkte irdische Leben ist von der Sünde entstellt, es bedarf der Erneuerung und Verwandlung. Die zweite Stufe ist daher ein neues Leben im Geist. In einer Art Wiedergeburt werden wir von einem irdischen Menschen, dem Adam oder der Eva, zu einem Kind Gottes. Das ist das zweite, größere Wunder und ebenfalls ein Geschenk. Dieses Leben, das Leben im Glauben, zielt auf die dritte Stufe, das ewige Leben. In einer Auferstehung mit einem neuen Leib in einer Neuen Welt vollendet sich unser Leben. Alle drei Stufen gehören zusammen. Jede Stufe ist wichtig und kann ohne die andere nicht existieren. Ich will mehr als nur der reichste Mann der Welt sein, will nicht nur ein Drittel des Lebens, sondern alles – und Sie?
Zurück zum Anfang. Was kann ich aktiv tun, um mein Leben auszufüllen? Um Gottes Ziel zu erreichen? Dazu ein Gedanke: Einfach beten! Sie haben richtig gelesen, denn Beten ist Handeln. Ausgerechnet heute, in dieser Zeit. Beten, das sei »abergläubischer Wahn«, wie es Immanuel Kant den Christen vorwarf. Mit der Beterei, so meinte er, würden sie sich vor dem Handeln, vor der Verantwortung drücken, und er warf ihnen damit Feigheit vor der Welt vor. Vielleicht hat er ja viele fromme Drückeberger erlebt. Die soll es ja geben. Aber Beten als Flucht vor der Welt, das zumindest sieht Jesus anders. Wir können es nachlesen: in der Bergpredigt, im Matthäusevangelium.
Beten ist nicht das Gegenteil von Handeln, es ist gewissermaßen seine Rückseite, wie das mal ein Theologe formulierte. Nur ist diese Rückseite für andere erst mal nicht sichtbar. Wenn ich vor Gott mein Herz ausschütte, wenn ich meine Sorgen, meine Ängste auf ihn werfe, sieht es außer ihm erst mal niemand.
Und doch verändert es vieles. Wenn ich keinen Schritt mehr gehen mag – aus lauter Angst –, weil ich nicht weiß, wie es weitergeht, finde ich neue Kraft. Im Gebet finde ich wieder Worte für meine Ängste, können sich Gedanken im Lebensdurcheinander ordnen, denn ich muss ja nun mal wissen, wie ich weitergehen soll. Wer betet, führt kein frommes Selbstgespräch, um sich vor der Welt zu drücken, nein, da spricht ein Mensch mit Gott. Er vertraut darauf, von ihm die Kraft und Stärke zu bekommen, die er so dringend braucht: für die nächsten Schritte, für die nächsten Entscheidungen.
Ja, es stimmt: Beten ist Handeln! Es muss ja nicht gleich lauthals in der Firmenkantine oder in der S-Bahn sein. Und wenn Sie nicht wissen, was, dann empfehle ich Ihnen das beste Gebet, das ich kenne: das Vaterunser.
Wertvolle Erfahrungen
Bibeltext der Woche: Johannes 20, 21 – 23
Es gibt einen Sonntag im Kirchenjahr, der heißt Laetare. Da geht es um Freude, um einen Grund zur Freude. Denn Freude macht glücklich. Und Glück suchen wir, weil es so vieles gibt, was uns unglücklich machen kann.
Im Sprichwort heißt es, das Glück der Erde sei auf dem Rücken der Pferde zu finden. Das Pferd darf, wenn es ein gutes Reitpferd ist, keinen eigenen Willen haben. Es wird besessen, geritten. Reiten im Sinne von selbst bestimmen darf es nicht.
Wie komme ich auf das Reitpferd? Nun, Martin Luther hat uns Menschen mit Reittieren verglichen. Denn wir Menschen seien in unserem Handeln keineswegs so frei, wie wir meinen. Wir seien nicht unsere eigenen Besitzer, sondern würden mal von Gott, mal vom Satan geritten. Der Mensch ist in diesem Bild Luthers jedenfalls nicht Herr seiner Taten, sondern jemand, der nur sehr mit Vorbehalt sagen darf, er lebe, weil er in vielem tatsächlich gelebt wird.
Die Hirnforscher müssen eigentlich die helle Freude an Martin Luthers Metapher für den Menschen haben. Sie sagen heutzutage nämlich immer häufiger, der Mensch sei gar nicht frei in seinen Entscheidungen, sondern weitestgehend festgelegt durch die in seinem Gehirn gespeicherten Erfahrungen, und zwar durch Erfahrungen, die aus frühen Phasen der Menschheitsgeschichte stammen und im Erbgut weitergegeben werden, aber auch durch Erfahrungen, die im eigenen Leben gemacht worden sind. Frei sei er nicht.
Diese Hirnforscher haben etwas Wichtiges erkannt. Wir sind und werden geprägt durch unsere Vor- und Umwelt. Wir haben Geschichte, Mitmenschen, andere Mitgeschöpfe. Keiner von uns lebt als Erster auf der Erde. Und keiner lebt sein Leben lang allein, ohne Berührung mit anderen. Robinson Crusoe ist eine Illusion. Und schon gar kein anzustrebendes Ziel: Ist es nicht ein Segen, dass wir Großeltern und Eltern haben, Lebenspartner und -partnerinnen, Freundinnen und Freunde, mit denen wir uns über unsere Lebenserfahrungen austauschen können? Und dass es Bücher, Romane gibt, andere Welten, die erfunden werden und uns von Möglichkeiten berichten, die wir noch nicht ergriffen haben? Welch ein Glück! Zum Glück sind wir, wenn wir ins Leben hineinwachsen, nicht frei von den Erfahrungen anderer vor uns, neben uns und denen, die wir selbst gemacht haben.
Doch hat das Miteinander auch seine Schattenseiten. Denn wo Menschen zusammenkommen, verletzen sie einander. Das Leben ist eine Gemeinschaft, und wir sind darin sowohl Täter und Opfer. Jeder und jede von uns. Da haben Versuche, in allem gerecht sein zu wollen und niemandem etwas schuldig zu bleiben, keinen Sinn. Da hat nur eines Sinn: Diese Realität menschlichen Lebens anzuerkennen und uns das einzige Gegenmittel zuzuführen, das es gibt: einander in Liebe aushalten. Denn lieben, sagt die deutsche Sprache, die so viel weiß von uns, lieben heißt, jemanden leiden können.
In einer Gesellschaft von Menschen, die einander immer wieder leiden machen, ob sie es wollen oder nicht, brauchen wir Menschen, die uns Leidenmacher leiden können. Denn jemand, der uns leiden kann, nur der heilt auch unsere Leiden. Von Gott kann man vieles sagen, und ist auch unendlich vieles gesagt worden. Wichtig ist davon, dass er uns leiden kann. Wenn irgendetwas an der Jesusgeschichte uns einen Grund zur Freude gibt, dann dies, dass er uns liebt. Er ist nicht der Leidenmacher, sondern er ist der Leidenkönner. Deswegen, weil Gott uns leiden kann, weicht Jesus in seiner Passion dem Leiden nicht aus. Er kann uns wirklich leiden. Dass wir es glauben, dazu gibt es das Evangelium von der Liebe Gottes. Und es muss immer wieder erzählt werden, damit wir es in unser Lebensgedächtnis hineinnehmen: Zu allem Leiden, was wir erinnern, sollen wir gewissermaßen hinzuerinnern, dass Gott uns, also Opfer und Täter, leiden kann. Sie sollen einander vergeben: Der, der dich verletzt hat, von Gott geliebt auch er, der, den du verletzt hast, von Gott geliebt auch er. Das tröstet im Gewissen.
Von Gott geliebt. Hier liegt unser eigentlicher Grund zur Freude. Seine Liebe ist es, die echte Freude in uns hervorruft!
Frieden mit Gott
Bibeltext der Woche: Römer 5, 15
Es ist das Jahr 1545, genauer gesagt, der 10. November. Einige Menschen finden sich zusammen. Die Stimmung ist gut. Martin Luther feiert seinen 62. Geburtstag im Kreise seiner Familie und seiner Freunde. Was er vielleicht nicht weiß, aber wohl doch ahnt, ist, dass es sein letzter Geburtstag sein wird. Der 62., den sie an diesem 10. November 1545 dort miteinander feiern. Martin Luther hat längst schon so manches Zipperlein heimgesucht, nein, sogar so richtige derbe Krankheiten, handfeste Krankheiten plagen ihn seit längerer Zeit. Er hat auch den Tod seiner kleinen Tochter Magdalene vor drei Jahren immer noch nicht verwunden. Er muss mit Verbitterung zur Kenntnis nehmen, dass statt Reformation der einen Kirche Jesu Christi nun endgültig eine Kirchenspaltung droht.
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