In dir bin ich stark. Klaus Steinert
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Название: In dir bin ich stark

Автор: Klaus Steinert

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783865065803

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СКАЧАТЬ demütig vor unserem Gott das bestaunen, was meine Sinne täglich wahrnehmen können. Wie etwa die Zugvögel: »Seid mir gegrüßt, befreundte Scharen!«, denke ich, wenn ich sie sehe! Vor allem freue ich mich über die Kraniche. Meine Stadt liegt auf ihrem Weg zu ihren Sommerquartieren hoch im Norden. Sie überfliegen mich mit ihrem typischen Krächzen. Ich höre sie ganz deutlich, blicke dann nach oben und beobachte, wie sie in mehreren großen, offenen Dreiecken am Himmel entlangfliegen.

      Ihre jährliche Wiederkehr ist mir zum Bild geworden: »Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.« Es ist seine Zusage: Ich habe dich erschaffen und ich erhalte dein Leben. Durch alle deine Jahreszeiten hindurch.

      Szenenwechsel. Sie könnte jeden der drei Sessel wählen, doch Emma wählt immer den einen: ihren Sessel. Der nimmt sie auf. Sein Polster hat schon ihre Formen. Langsam hangelt sie sich am Tisch entlang und lässt sich hineinfallen. »Absurd!«, denkt sie. Dass ein so kleiner Weg so lange dauern kann, hätte sie sich früher nicht träumen lassen. Wohin die Leichtigkeit des Frühlings? Ihres Frühlings?

      Ihr Blick fällt auf das Kleinste der vergilbten Bilder vor ihr. Ohne Brille kann sie es kaum erkennen. Doch sie weiß genau, was darauf zu sehen ist. Und sie weiß, was auf der Rückseite steht. Sie weiß es, denn sie hat es geschrieben, damals, bevor sie es eingerahmt hat. »Die ganze Welt könnt‘ ich umarmen«, steht da. Und »Mai 1947«. Auf der Vorderseite, in dem kleinen, grünen Rahmen, ist sie selbst zu sehen. Den Kopf etwas schief. Die blonden Locken fallen auf die Schulter. Der Rock kurz über die Knie. Weiße Bluse. Daneben er. Rosen um sie beide herum. 19 waren sie da und saßen im Stadtpark.

      Eigentlich war er ja nie mein Typ, erinnert sie sich. Und lächelt. Hartnäckig war Johann gewesen, als er um sie geworben hatte. Jeden Tag wieder war er, wie zufällig, an dem Haus ihrer Eltern vorbeigeschlichen. Bis sie irgendwann einlenkte. Weil, wie sie sagte, das ja nicht so weitergehen könne – und sie sich doch insgeheim geschmeichelt fühlte. Und weil sie sich kennenlernten. Eigentlich war er ja nie ihr Typ. Nie der Typ, von dem sie geschwärmt hatte, in ihrer Phantasie. Doch eigentlich, eigentlich war er es dann schon. Weil er sie liebte. Manchmal verstand sie selbst nicht wieso. Sie blickt auf das Bild: Ihre Locken im Gesicht und ein strahlendes Lachen. Um ihre Schulter die Hand ihres Mannes, der sie ansieht. Mit seinen blauen Augen. Die sieht man auf dem Bild nicht. Aber Emma sieht sie. Immer noch. Sie schaut auf den Schnappschuss. Das war unser Sommer, Johann. Was für ein Segen, dass wir uns hatten. All diese Jahre.

      Ein anderes Bild hängt nicht mehr. Emma kann es nicht mehr ansehen. Seit es damals vor dem Sarg stand. »Haben Sie ein Bild von Ihrem Mann?«, hatte der Bestatter gefragt. Und sie hatte es ihm gegeben. Ein schönes Bild. Seinen dunkelblauen Anzug trug er dort. Und er hatte diesen Ausdruck, den er manchmal hatte. Wo nur seine Augen lächelten. Sie liebte dieses Bild. Aber nach der Beerdigung konnte sie es nicht mehr ertragen. Als der Bestatter es ihr hinterher wiedergab, legte sie es zur Seite. »In Ihrem Herzen lebt er weiter«, hatte der Pastor damals gesagt. »Aber noch viel mehr lebt er im Himmel, bei unserem lieben Herrn Gott.«

      Es liegt eine feine Staubschicht auf den Bildern. Früher standen sie in ihrem Schrank. Und die drei Sessel, ihrer und die anderen beiden, und das Sofa, sie standen in ihrer Stube. Nun, ein paar Jahre schon, stehen die Sessel und das Sofa hier, in ihren 18 Quadratmetern im Seniorenheim. Die Bilder und ihre Sessel. Sie mussten mit. Emma steht auf. Langsam. Geht zu den Bildern. Der Finger wird grau vom Staub. Wo sind die ganzen Stunden hin?

      Auf einem Bild kein Staubrand. Das neueste Bild. Auf dem hält sie ihre Urenkelin im Arm. Emma Sophie. Fünf Monate ist sie nun. Sie lachen, beide. Um sie herum hellgrüne Triebe. Auf dem weißen, kleinen Tisch die Taufkerze. Es war der erste warme Tag in diesem Jahr. Emma Sophies Tauftag. Sie konnten im Garten sitzen. Frühling.

      Bunt blitzt es da in ihr auf, die Erinnerung an Gottes Versprechen: Ich habe Dich erschaffen und ich erhalte Dein Leben. Durch alle Deine Jahreszeiten hindurch. »Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.«

       Bibeltext der Woche: Philipper 2,12

      Der Zauber eines neuen Anfangs, der von der biblischen Botschaft ausgeht, lässt die Menschen nicht los. Er schafft Hoffnungsbilder, die den Alltag mit seinen vielen Zerrbildern weit übersteigen. Wer erst einmal mit diesen Bildern in der Seele lebt, mit Bildern von Blinden, die sehen, Lahmen, die gehen, von Armen, denen Gerechtigkeit widerfährt, mit Bildern von geheiltem, heilem Leben, der wacht auf! Wer glaubt, dass der Bräutigam kommt, wie es im Choral von Philipp Nicolai lautet, der findet sich nicht ab mit einer Welt, in der vieles noch so ganz anders ist. Der wird sich gerne vom Weckruf des Evangeliums aufrütteln lassen.

      Wachet auf! Manche von uns verbindet sicher die Sehnsucht nach einer wachen Kirche, nach Menschen, die aus ihrem Glauben heraus kritisch und aufmerksam das Geschehen drinnen und draußen begleiten. Am 31. Oktober begehen evangelische Christen den Reformationstag – Erneuerung der Kirche durch den Weckruf Martin Luthers, seinen Thesenanschlag 1517. Ein Ruf zu einer wachen Kirche, die sich ihres Fundamentes bewusst ist. Martin Luther hat durch seine Rückbesinnung auf die Heilige Schrift bleibende Wahrheiten erkannt und neu in den Mittelpunkt gestellt. Diese Wahrheiten wecken bis heute auf zu wacher, verantwortlicher Zeitgenossenschaft.

      Auch der Apostel Paulus hat persönlich und durch seine Briefe die frühen Gemeinden durch die Verkündigung des menschgewordenen Gottes trösten, aber auch zu angemessenem Verhalten bewegen wollen: »Schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern. Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.« Das aber klingt doch zunächst sehr unevangelisch! Die reformatorische Erkenntnis Martin Luthers war es doch, die von diesem Druck befreit hat! »Mit unsrer Macht ist nichts getan.« Gott rückt uns ins rechte Licht, ohne unsere Anstrengung. Unser Glaube ist ein Geschenk. Niemals kann eigenes Schaffen zur Voraussetzung, zur Bedingung der eigenen Seligkeit werden. Ich kann nur Ja sagen zu dem Angebot, dass Gott mich trägt und ich bei ihm geborgen bin.

      Doch bin ich durch die Worte des Paulus angesprochen, auch als Mensch mit Verantwortung für mein eigenes Leben und das meiner Mitwelt zu handeln. »Schaffet!« Jeder von uns hat die Möglichkeit, sein Leben aktiv zu gestalten. Was es alles zu schaffen gibt, kann ich in der Bergpredigt nachlesen: Frieden stiften, Barmherzigkeit üben, mich für Gerechtigkeit einsetzen. Eine Welt, in der Krieg immer noch, und in den letzten Jahren wieder verstärkt, als erlaubtes Mittel der Politik angesehen wird, braucht Friedensstifter. Unsere Gesellschaft, in der die Schere zwischen arm und reich weiter auseinandergeht, braucht dringend solche, die sich für Gerechtigkeit einsetzen. Und eine Welt, in der der Lebensbeginn und das Lebensende immer mehr in die menschliche Verfügungsgewalt gestellt wird, braucht Menschen, die dagegen aufstehen. Es ist gut, finde ich, dass beide große Kirchen in Deutschland hier klar Stellung bezogen haben und ihrer Wächterfunktion gerecht werden.

      Wacht auf – immer wieder spüre ich, wie wichtig, wie notwendig es ist, nicht zu dämmern, nicht zu verschlafen. Manchmal ist das in der Tat unbequem, sich aufrütteln zu lassen, es ist anstrengend, Augen und Ohren zu öffnen und Verantwortung zu übernehmen. Aber wenn wir das tun, merken wir, wie Neues beginnt.

       Bibeltext der Woche: Matthäus 6, 9 – 13

      Manchmal beneide ich einen der reichsten Männer der Welt, zu dessen Wohlstand ich immer wieder beitrage, weil ich mit dem Computer umgehe und dabei oft auf seine Programme zurückgreife. Die Rede ist von Bill Gates, dem milliardenschweren Gründer von Microsoft. Er hat sich eine wunderbare Villa bauen lassen mit allem Drum und Dran. Zwar kenne ich seine Gedanken nicht, aber vielleicht denkt er, dass das mit seinem wachsenden Reichtum immer so weitergehen wird, während er in seinem Pool badet und abwartet. Auf so СКАЧАТЬ