Название: Ein Plus für die Demokratie
Автор: Thomas Pfisterer
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежная публицистика
isbn: 9783038053903
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Teil 3: Gemäss Rahmenabkommen steht die dynamische Rechtsübernahme durch die Schweiz im Vordergrund. Der bilaterale Weg soll weitergeführt werden, gestützt auf einen Vertrag der Schweiz mit der EU, der Demokratie ermöglicht. Grundlage ist das Schweizer Zusammenarbeitsmodell; es soll zu einem Rahmenabkommen führen, allerdings beschränkt auf einen engen Kreis von fünf Marktzugangsabkommen sowie allenfalls künftige Abkommen. Die Weiterentwicklung des EU-Rechts soll diese Abkommen mit der Schweiz einschliessen, und zwar grundsätzlich, systematisch und umgesetzt durch eine Rechtsübernahmepflicht. Die Regeln würden in einem Rechtsübernahmeprozess erarbeitet, der von den EU-Verfahren bis zu den Verfahren in der Schweiz zusammenhängt. Diese Regeln ermöglichen Demokratie: durch Teilnahme der Schweiz am EU-Gesetzgebungsverfahren und als Schranke zugunsten der Schweiz, vorab zugunsten der Rechte des Parlaments und dem Volksrecht des Referendums. Damit sind automatische Rechtsübernahmen ausgeschlossen. Meist werden die EU-Rechtsakte problemlos zu übernehmen sein. Ausnahmsweise wird die Schweiz sie ablehnen dürfen, allerdings mit den im Rahmenabkommen vereinbarten Folgen. Dies würde u.U. zum nach Rahmenabkommen obligatorischen, an sich unpolitischen, rechtlichen Streitbeilegungsverfahren führen. Es würde mit Verhandlungen, «um eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden», beginnen sowie u.U. über ein Schiedsgericht, allenfalls ein vertraglich beschränktes Zwischenverfahren vor dem EuGH, (verhältnismässige) Ausgleichsmassnahmen usw. fortgesetzt werden, aber keine (wie bei Schengen) einseitige Vertragsbeendigung durch die EU vorsehen.
Teil 4:Das Parlament kann für Rechtsübernahmen aufgewertet werden, indem es durch Beteiligung an der Gestaltung der Aussenpolitik seinen Einfluss in die Vorbereitung vorverlegt. Das Parlament und der Bundesrat können durch bestmögliches Zusammenwirken für die Schweiz insgesamt gewinnen. Das Parlament kann als Mittler zwischen der Vorbereitung durch den Bundesrat und den Entscheiden des Volks arbeiten. Dazu kann das Parlament gegenüber dem Bundesrat mitwirken. Die interparlamentarische Zusammenarbeit kann ergänzen. Vorbereitend können hauptsächlich die Kommissionen arbeiten, indem sie den Bundesrat in den EU-Gesetzgebungsverfahren begleiten. Sie können dazu beitragen, vertragskonforme und mehrheitsfähige Parlamentsentscheide zu erarbeiten, bei der Vorbereitung der Rechtsübernahmeentscheide durch den Bundesrat betreffend z.B. Landverkehr, Personenfreizügigkeit usw. Wenn das Parlament selbst die Rechtsübernahme ablehnt bzw. einen Staatsvertrag mit der EU nicht genehmigt, ist die Sache insoweit erledigt. Wenn das Parlament der Rechtsübernahme zustimmt, kann ein Referendum ergriffen werden. Im Hinblick darauf sind der Bundesrat und das Parlament mit seinen Kommissionen gefordert, alles zu unternehmen, dass das Volk nicht nur über Ja und Nein entscheiden kann. Die Stimmberechtigten werden an der Urne zwischen Ja oder Nein wählen, wenn sie überzeugt sind oder überzeugt werden können, dass sie über einen dem Rahmenabkommen und ihrem Willen entsprechenden Inhalt zur Rechtsübernahme entscheiden dürfen. Dann ist der Volksentscheid keine inhaltslose Formalität und wird die Demokratie nicht ausgehöhlt.
Anschliessend werden Fragen zur Information des Parlaments, zur Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere zum Verhältnis zwischen Kommissionsvertraulichkeit und EU-Offenheit, ferner zur Organisation der Kommissionen und zu den Ressourcen sowie zur Mitwirkung der Kantone behandelt. Es folgen Überlegungen zur Notwendigkeit von weiteren Abklärungen und einzelnen Gesetzesänderungen.
Teil 5: Zum Schluss werden die Souveränitätsproblematik skizziert und die Rolle von Parlament und Volk zusammengefasst: Das Parlament hätte zur Entscheidvorbereitung stets ein gewichtiges Wort zu sagen und wäre befugt, Rechtsübernahmen abzulehnen. Zur Weiterführung des bilateralen Weges dagegen hätte das Volk das letzte Wort. Es darf die Weiterführung immer ablehnen. Die Schweiz muss dann freilich die Folgen tragen, die sie im Rahmenabkommen mit der EU für solche Fälle vereinbart hat. Der Beitrag des Parlaments hängt stark von seinem politischen Willen und Engagement ab.
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Öffnung des EU-Binnenmarkts zu Drittstaaten mit paralleler Vorbereitung der Rechtsübernahmen in der EU und in den Drittstaaten
Das Rezept heisst, die Binnenmarktbeteiligung mit der Wahrung der Eigenständigkeit von Drittstaaten zu kombinieren, wie dies seit langem im EWR geschieht. Die Brücke zwischen der EU und dem Drittstaat schlägt ein Beschluss des gemischten Ausschusses bzw. ein Staatsvertrag. Dessen Erarbeitung ermöglicht, dass die EU die Rechtsübernahmen mit einem Drittstaat parallel, möglichst zeitgleich vorbereitet. Der Drittstaat soll zur Wahrung seiner Interessen am EU-Gesetzgebungsverfahren (hinten Anhang 1) teilnehmen (mitwirken) dürfen, als Nicht-EU-Mitglied ohne Stimmrecht.
Beteiligung von Drittstaaten am Binnenmarkt
Ausweitung der Binnenmarktteilnahme auf Drittstaaten im Spannungsfeld von Homogenität und Eigenständigkeit
Das Rahmenabkommen soll in diesem Sinne die Binnenmarktbeteiligung mit der Wahrung der Eigenständigkeit der Schweiz kombinieren[1]. Ein Eckpfeiler der europäischen Integration ist der Binnenmarkt der EU[2]. Der Binnenmarkt funktioniert auf Dauer durch Homogenität, gesichert durch einheitliches Recht, durch eine einheitliche Rechtsetzung und Rechtsanwendung[3]. Damit die Binnenmarktbeteiligung allen, auch den Interessen eines Drittstaates, seiner Menschen und Unternehmen dient, muss dieses Recht überall, im ganzen Gebiet der EU und der mit dem Binnenmarkt verbundenen Drittstaaten gleich, diskriminierungsfrei und eben rechtssicher wirken. Da die EU ihr Recht laufend weiterentwickelt, gelingt das auf Dauer nur, wenn die Drittstaaten ihre Abkommen der EU regelmässig anpassen.[4]
Von ihrem ursprünglich einheitlichen Organisationsmodell hat sich die EU längst entfernt. In Reaktion auf die Ansprüche von (neuen) Mitgliedstaaten und die Krisen des letzten Jahrzehnte hat sich die EU zu einer differenzierten Ordnung entwickelt[5]. Sie gewährt ihren Mitgliedern Sonderregelungen. Die EU differenziert noch weiter, indem sie denBinnenmarkt für besondere und privilegierte Beziehungen mit Drittstaaten öffnet und sie daran teilhaben lässt[6]. Dieser Ansatz ist für Staaten gedacht, die zwar für eine EU‑Mitgliedschaft qualifiziert wären, dennoch der EU aber nicht beitreten wollen oder können.
Diese Öffnung des Binnenmarkts für solche Drittstaaten verlangt, Spannungen zwischen mehrfachen Zielen der EU und der Drittstaaten zu überwinden (Delors-Initiative 1988[7]). Das erste Spannungsfeld bezieht sich auf die Weiterentwicklung des Binnenmarktrechts. Die EU muss den Binnenmarkt autonom und ungehindert weiterentwickeln und die Homogenität bewahren dürfen. Deshalb müssen sich die Abkommen mit am Binnenmarkt beteiligten Drittstaaten regelmässig undparallel an das sich weiter entwickelnde EU-Binnenmarktrecht anpassen. Dies liegt im Interesse der EU und der Drittstaaten. So können die gleichen Bedingungen garantiert werden. Wenn der Drittstaat das Recht der EU übernimmt, erspart er seinen Unternehmen Kosten und Risiken. Das zweite Spannungsfeld bezieht sich auf die Eigenständigkeit der Drittstaaten. Sie müssen an der Ausarbeitung der für den EU‑Binnenmarkts massgebenden EU-Rechtsakte im EU-Gesetzgebungsverfahren in gewissem Masse teilnehmen dürfen (hinten Ziffer 3.2; Anhang 1). Nach der Ausarbeitung dieser Regeln müssen die Drittstaaten autonom entscheiden dürfen, ob sie einer Rechtsübernahme zustimmen oder sie ablehnen. Natürlich kann eine Ablehnung vereinbarte Folgen nach sich ziehen (hinten Ziffer 7).