Seewölfe - Piraten der Weltmeere 161. Roy Palmer
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Название: Seewölfe - Piraten der Weltmeere 161

Автор: Roy Palmer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere

isbn: 9783954394852

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СКАЧАТЬ Wassersuppe ergoß sich auf die Planken. Die Kranken schrien nicht mehr, sie heulten gegen das Sturmtosen an und ließen ihrer Verzweiflung freien Lauf. Der Verlust der Nahrung trieb sie an den Rand des Wahnsinns. Fluchend lief der Feldscher zu einem wild gestikulierenden Mann hinüber und versuchte, ihn zu besänftigen, während Sampedro, der Koch, sich voll Mitleid über Juan Flores beugte.

      „Mir ist schlecht“, keuchte Juan. „Aber das geht gleich vorbei.“

      „Du hast ja Fieber“, stellte der Koch entsetzt fest.

      „Ich habe kein Fieber …“

      „Ich werde dir etwas zu trinken geben, das hilft dir. Ich habe nur noch ein paar Tropfen davon, aber sie stärken deinen inneren Widerstand, glaub es mir“, sagte Sampedro.

      Widerstand? Männliche Kühnheit nach einer Schlacht wie dieser, die die Armada zerrieben, fast ganz vernichtet hatte? Plötzlich erschien es Juan absurd, noch länger den Hartgesottenen zu markieren. Es hatte ja doch alles keinen Zweck mehr.

      Die Gefechte – eine Reihe von furchtbaren, erniedrigenden Kämpfen, eine Niederlage nach der anderen. Das Ende der glorreichen, „unüberwindlichen“ Armada, der Untergang einer Idee …

      Juans Vertrauen in die Macht seines Landes war mit jedem Schiff, das unter dem Beschuß der Engländer zerfetzt worden war, stärker erschüttert worden. Die Brander, ein Meer von Flammen, Panik – und dann die Flucht, dieser schier endlos erscheinende Weg durch die Nordsee nach Norden hinauf, um Schottland herum, an den Hebriden vorbei, an Irlands Westküste entlang – aber Spanien, Bilbao, das geliebte Baskenland lagen immer noch in unerreichbarer Ferne.

      Blessuren. Skorbut. Darmerkrankungen wie Typhus und Diarrhöe. Kein ausreichender Proviant mehr an Bord, und in den Fässern unter Deck faulte das Trinkwasser dahin.

      Jetzt, im Sturm, wuchs die Verzweiflung ins Grenzenlose.

      „Ich will sterben“, flüsterte Juan Flores. „Es ist das Beste, wenn wir alle sterben.“

      Der Feldscher konnte die jammernden Kranken nicht beruhigen, er brüllte sie jetzt an, um sie einzuschüchtern. Die ‚Gran Grin“ hob ihren Bug auf einem heranrollenden Brecher, wieder geriet das Logis in wilde Bewegung. Die Kupferkessel kollerten nach achtern und krachten gegen die Wand.

      Miguel fiel aus seiner Koje. Seine ausgemergelte Gestalt rutschte über die Planken. Juan hatte es gesehen, er richtete sich auf, streckte die Arme aus und fing den Freund auf. Er hielt Miguel fest und redete auf ihn ein, aber dann erstarrte er, denn er hatte festgestellt, daß er einen Toten in den Armen hielt.

      Mit einem Aufschrei ließ Juan ihn los. Er sprang auf und verließ torkelnd das Logis, fand durch den finsteren Gang den Weg zum Niedergang, stolperte die Stufen hoch, stürzte durchs Schott auf die Kuhl und ans Schanzkleid.

      Der Sturmwind heulte, ein neuer Brecher ergoß sich rauschend und gischtend über das Schiff. Juan Flores wehrte sich nicht dagegen, daß die Naturgewalt ihn packte, um ihn außenbords zu heben.

      Aber Hände, so stark wie Eisenklammern, hielten den 18jährigen plötzlich an den Schultern fest. Francisco Sampedro war Juan nachgeeilt und verhinderte es, daß der junge Mann seinem Leben selbst ein Ende bereitete. Er ließ Juan nicht mehr los, auch nicht, als der sich vornüberbeugte und spuckend und würgend der See opferte. Er zerrte ihn schließlich vom Schanzkleid fort, in die Kombüse, wo er ihm einen bitteren Trank aus einer kleinen Flasche einflößte.

      „Eins unserer letzten Medikamente“, sagte Sampedro. „Es ist nicht mehr viel, aber es wird dir helfen, dein Fieber zu überstehen – und deine Verzweiflung.“

      Juan hatte die Hände vors Gesicht geschlagen. Ein trockenes Schluchzen schüttelte seinen Körper. Plötzlich aber riß er sich von Sampedro los, sprang auf und wollte wieder auf die Kuhl hinaus.

      Sampedro war schneller als er. In dem schwankenden Raum verstellte er ihm den Weg und rammte ihm die Faust unters Kinn. Juan prallte zurück, fiel auf den Rücken und blieb vor dem erloschenen Holzkohlenfeuer liegen, über dem ein mächtiger Kupferkessel an einer dicken Eisenkette hin- und herschwang.

      „Du wirst wieder auf die Beine kommen!“ brüllte Sampedro ihn an. „Du bist es deiner Familie schuldig, die zu Hause auf dich wartet! Du wirst keine Dummheiten mehr anstellen – das ist ein Befehl!“

      Juan Flores richtete sich halb auf und schüttelte seine Benommenheit ein wenig ab. Er fühlte sich trotzdem noch elend, spürte Tränen in seinen Augen brennen, aber der Drang zur Selbstvernichtung war vorbei.

      „Ein Befehl“, antwortete er. „Si, Senor. Ich werde wieder gesund. Ich werde zu Hause allen erzählen, daß Miguel ein Held war, auf den jeder Baske stolz sein muß …“

      Der schwere Sturm aus Südwest fegte an der irischen Westküste entlang. Der Wind orgelte und pfiff durch die Clew Bay, die sich südöstlich von Achill Head, dem westlichsten Küstenzipfel vom Mayo-County, erstreckte. Er leckte zornig über die dreimastige Galeone, die zweimastige Karacke und die kleineren Einmaster weg, die geschützt und gut vertäut im Hafen von Westport lagen. Er rüttelte an der Tür und an den Fenstern der Häuser, als verlange er, eingelassen zu werden, aber niemand war so töricht, auch nur einen Schritt ins Freie zu tun – einschließlich des beleibten Mannes, der im größten Gebäude von Westport hinter einem abgewetzten Eichenholzpult saß und seine beiden Besucher abschätzend musterte.

      Einer dieser Besucher war sehr groß, breitschultrig und schwarzhaarig. Das Auffallende in seinem Gesicht waren die eisblauen Augen, die Verwegenheit und Intelligenz ausdrückten, und die Narbe, die von der Stirn aus über seine eine Gesichtshälfte verlief.

      Der andere Mann war von schlanker, geschmeidiger Gestalt, dunkelhaarig und dunkeläugig, und dem Akzent nach, mit dem er englisch sprach, weder ein waschechter Engländer noch ein Schotte noch ein Ire.

      „Philip Hasard Killigrew“, wiederholte der dicke Mann hinter dem Pult den Namen des schwarzhaarigen Riesen. Er heftete seinen Blick auf den anderen. „Und wie ist Ihr Name?“

      „Jean Ribault“, erwiderte der Franzose mit dem Anflug eines Lächelns. „Um gleich auf weitere mögliche Fragen einzugehen, werter, Sir Richard Bingham – die Karacke, die Sie dort draußen sicher vertäut liegen sehen, heißt ‚Le Vengeur‘, und ich bin mit Karl von Hutten zusammen ihr Eigner. Ich habe wie Mister Killigrew ein paar Mann als Deckswache an Bord zurückgelassen, der Rest der Crew hat die offenbar einzige Kneipe dieses idyllischen Städtchens aufgesucht, während wir Ihnen unsere Ehrerbietung erweisen, indem wir Sie sogleich besuchen – Sie, den Gouverneur von Westport.“

      Hasard konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen. Jean war für seine salbungsvollen Reden bekannt. Keiner außer ihm konnte jemandem so großartig Honig um den Bart schmieren und ihn gleichzeitig auf den Arm nehmen.

      Daß Bingham nicht zu dem Schlag Menschen gehörte, mit denen man spontan Freundschaft schließen konnte, hatten Hasard und Jean auf den ersten Blick festgestellt.

      Bingham kratzte sich am Kopf. „‚Le Vengeur‘, Ribault, von Hutten – mit diesen Namen kann ich nicht viel anfangen. Ich höre sie zum erstenmal, um ehrlich zu sein.“

      „Ehrlichkeit ist eine Tugend“, erwiderte Jean, wobei er den dicken Mann für alles andere als eine aufrichtige Natur hielt.

      „Etwas anderes ist es bei Ihnen, mein lieber Killigrew“, sagte Bingham. „Sie, Ihre Crew und die ‚Isabella VIII.‘ – mir ist da so allerlei zu Ohren gekommen. Man hat Sie doch den Seewolf getauft, СКАЧАТЬ